Wassily besuchte bis zum Abitur das Hermann-Taft Gymnasium in Husum. Nach dem Vorbild des Großvaters mütterlicherseits studierte er Medizin in Kiel und Berlin. Durch seine positiven Erfahrungen mit der Homöopathie, die er 1892 während eines sechswöchigen freiwilligen Einsatzes bei der Choleraepidemie in Hamburg gesammelt hatte, und durch die Heilung seines langwierigen Magenleidens durch einen Homöopathen, verschrieb er sich schon vor der Jahrhundertwende der Homöopathie. Die Veröffentlichung seiner positiven Erfahrungen mit der homöopathischen Therapie bewirkte eine Ablehnung der ärztlichen Abschlussprüfung vor der Medizinischen Fakultät in Kiel. Daher legte er das Staatsexamen in Leipzig ab. Promoviert wurde Wassily 1893 in Jena. Nach einer einjährigen Tätigkeit als Schiffsarzt, die er 1894 als Wehrdienstpflichter absolvierte, und einer 1895 begonnenen Assistentenzeit bei dem bekannten, Homöopathie praktizierenden Arzt Carl Kunkel übernahm er 1897 nach dessen Tod die Praxis und das Haus Kehdenstraße 6 in Kiel. Dieses Haus hatte im 16. und 17. Jahrhundert dem Geschlecht der Grafen Rantzau als Stadtwohnung gedient.
Außerhalb seiner ärztlichen Tätigkeit galt seine Leidenschaft der Musik und der Malerei. Er war ein engagierter Kunstsammler und wurde Freund und Mäzen zahlreicher Künstler, darunter u. a. Ernst Eitner, welcher ihn häufiger besuchte und porträtierte[1]. In seinem Musiksaal hingen unter vielen anderen auch etwa siebzig Bilder des Berliner Malers Hermann Hendrich. Durch Hendrich bekam er Zugang zu dem Friedrichshagener Dichterkreis und zu dem engeren Bayreuther Kreis. Sein Haus war Begegnungsstätte zahlreicher Künstler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
Wassily wirkte auch selbst als Maler, unterstützt von Hendrich und Friedrich Ahlers-Hestermann, deren Schüler er war.[2] Er richtete ein Atelier in der Kehdenstraße ein, in dem er zusammen mit befreundeten Malern an der Staffelei arbeitete. Zudem unternahm er häufig mit ihnen Ausflüge und suchte sich landschaftliche Motive, insbesondere in seiner nordfriesischen Heimat. So malte er unter anderem das Ausflugslokal „Erholung“ am Husumer Deich.[3] Häufig griff Wassily auch Themen auf, die andere Künstler in seiner Kunstsammlung bereits bearbeitet hatten, manchmal verwendete er sogar denselben Titel. Mitunter dienten ihm die Sammlungsobjekte als Vorlage, in anderen Fällen arbeitete er mit den Künstlern gemeinsam vor demselben Objekt. Beispielsweise malte er 20 Jahre nach Erwerb des Gemäldes Grunewaldsee von Walter Leistikow eine gleichnamige Variante dieses Motivs.[4]
Wassily führte eine ärztliche Praxis in Plön und später in Eutin. 1948 ging er in den Ruhestand und kehrte nach Kiel zurück, wo er in der Rathausstraße 2 eine Etagenwohnung hatte. An seinem 80. Geburtstag vermachte Wassily den größten Teil seiner nach der Ausbombung 1941 noch verbliebenen Kunstsammlung der Kunsthalle zu Kiel.
Werke (Auswahl)
Landschaft aus Dänemark, 1913, 49 × 64 cm, Öl auf Pappe, Kunsthalle zu Kiel
Herbst im Riesengebirge, 1915, 52 × 64 cm, Öl auf Pappe, Kunsthalle zu Kiel
Grunewaldsee, 1917, 50 × 60 cm, Öl auf Pappe, Kunsthalle zu Kiel
Blühender Kaktus, 1923, 64,5 × 39 cm, Öl auf Leinwand, bezeichnet unten rechts: „PW“ und rückseitig: „Dr. Wassily Kiel“, Kunsthalle zu Kiel
Weiden, 1924, 46,5 × 57,5 cm, Öl auf Pappe, Kunsthalle zu Kiel
Renate Jürgens: Der Kieler Arzt Dr. Paul Wassily (1868–1951) und seine Kunstsammlung. Zeugnisse deutscher Kulturgeschichte von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 69 (1984), Heft 3/4, S. 57–100.
Andreas Mettenleiter: Selbstzeugnisse, Erinnerungen, Tagebücher und Briefe deutschsprachiger Ärzte. Nachträge und Ergänzungen III (I–Z). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 22 (2003), S. 269–305, hier: S. 299.
Ulrich Schulte-Wülwer: Paul Wassily. In: derselbe: Kieler Künstler. Band 3: In der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus 1918–1945. Boyens, Heide 2019 (Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte; 88), ISBN 978-3-8042-1493-4, S. 409–427.
Ulrike Wolff-Thomsen (Hrsg.): „Ich muß ja… sammeln.“ Die Kunstsammlung des Malerfreundes, Wagnerianers und Arztes Dr. Paul Wassily (1868–1951) in Kiel. Ludwig, Kiel 2006, ISBN 3-937719-41-5.
Ulrike Wolff-Thomsen: Die Kieler Sammlung von Dr. Paul Wassily (1869–1951). Ein Nachtrag. In: Nordelbingen. Beiträge zur Kunst und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins. Bd. 77 (2008), S. 207–214.
↑Grunewaldsee. In: museen-sh.de. Abgerufen am 12. Mai 2024.
↑Hans-G. Hilscher, Dietrich Bleihöfer: Wassilystraße. In: Kieler Straßenlexikon. Fortgeführt seit 2005 durch das Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation der Landeshauptstadt Kiel, Stand: Februar 2017 (kiel.de).