Sie ist als Denkmalorgel ein bedeutendes Beispiel deutscher spätromantischer Orgelbaukunst. Nach Registeranzahl ist sie vor der Eule-Orgel der Kathedrale St. Sebastian in Magdeburg die größte Orgel des römisch-katholischen Bistums Magdeburg und vor der Schuke-Orgel der Marktkirche Unser Lieben Frauen die größte Orgel der Stadt Halle.
Da dieser Umbau missglückt war, regte Adolf Wieber, Organist der Moritzkirche, in den 1920er Jahren einen Orgelneubau in der Moritzkirche an; daraufhin kam es 1925 zu Verhandlungen mit Wilhelm Rühlmann (Zörbig) und Wilhelm Sauer (Frankfurt (Oder)). Die Firma Sauer erhielt den Auftrag zum Bau der neuen Orgel. Der endgültige Kostenanschlag, der am 17. Juni 1925 zur Auftragserteilung führte, lautete über 32.200,- Reichsmark. Die Firma Sauer nahm Teile der alten Orgel in Zahlung, verwendete diese aber nicht für den Bau der neuen Orgel.
In vielen anderen wichtigen Kirchen der Stadt standen Orgeln der Firma Rühlmann, beispielsweise in der Marktkirche Unser Lieben Frauen, in der Ulrichskirche (heutige Konzerthalle) und in weiteren Kirchen. Diese Orgeln waren noch von der damals üblichen industriellen Fertigung geprägt; Sauer hingegen war davon bereits wieder abgekommen.
Am 13. September 1925 fand die Einweihung der Orgel durch den ThomaskantorGünther Ramin statt; das Abnahmegutachten erstellte Oscar Rebling, damals Organist an der Marktkirche Unser Lieben Frauen. Die Orgel verfügte zunächst über 53 Register. Sowohl im Spieltisch als auch im Orgelinneren ließ man Raum für spätere Erweiterungen, die in den Jahren 1926 und 1927 erfolgten. Danach hatte die Orgel ihren heutigen Bestand von 63 Registern erreicht. Die Orgel war durchaus auch als Konzertinstrument vorgesehen, wie der Ausbau der Manualklaviaturen auf fünf ganze Oktaven und die Ausstattung mit Spielhilfen zeigen. Somit wurde die Orgel neben dem Gebrauch in den Gottesdiensten auch zu Konzerten genutzt. Sie hatte folgende Disposition:
I Manual C–c4
Bourdun
16′
Bratsche
16′
Principal
08′
Doppelflöte
08′
Gemshorn
08′
Gambe
08′
Dulciana
08′
Quinte
51⁄3′
Oktav
04′
Rohrflöte
04′
Prästant
02′
Cornett III–VIII
Hintersatz III–V0
Cymbel IV
Trompete
08′
Tuba
08′
Krumbhorn
08′
II Schwellwerk C–c4
Nachthorn
16′
Flötenprincipal
08′
Grobgedackt
08′
Konzertflöte
08′
Quintatön
08′
Viola
08′
Querflöte
04′
Gambetta
04′
Piccolo
02′
Schwiegel
01′
Sesquialtera II
Progressiv III–IV0
Scharff VI
Fagott
16′
Oboe
08′
Geigendregal
04′
Tremulant
III Schwellwerk C–c4(–c5)*
Liebl. Gedackt
16′
Geigenprincipal
08′
Gedackt
08′
Traversflöte
08′
Salicional
08′
Aeoline
08′
Vox celestis (ab c0)0
08′
Flauto dolce
04′
Fugara
04′
Zartquinte*
22⁄3′
Flageolett*
02′
Terz*
13⁄5′
Mixtur III–IV
Horn
08′
Vox humana
08′
Tremulant
Pedal C–1
Principalbass
16′
Kontrabass
16′
Subbass
16′
Zartbass (aus III)0
16′
Violon (aus I)
16′
Octavbass
08′
Bassflöte (aus II)
08′
Cello (aus I)
08′
Flötbass
04′
Rauschpfeife IV
Rankett
32′
Posaune
16′
Tromba
08′
Clairon
04′
Singend Cornett
02′
Im Schwellwerk sind alle Register bis auf die mit * gekennzeichneten bis zum c5 ausgebaut
Einschneidende Veränderungen an der Orgel gab es im Jahre 1945, als Kantor Heinz Wunderlich an der Moritzkirche als Organist tätig war: Ein Orgelbauer aus Crimmitschau (Michel) veränderte acht Register im Sinne der Orgelbewegung. Sie hatte danach folgende Disposition:
Bis 1969 war Helmut Gleim Kantor an der Moritzkirche. Er führte die Gepflogenheiten seiner Vorgänger Wieber und Wunderlich weiter.
Der Verfall der Orgel begann in den 70er Jahren, nachdem die Nutzung der Moritzkirche durch die damalige evangelische Gemeinde eingestellt wurde und die Orgel in Vergessenheit geriet. Bei der umfassenden Restaurierung des Gebäudes nach der Übergabe des Nutzungsrechts an die neu gegründete katholische Gemeinde von Halle-Neustadt war die Orgel schutzlos den Widrigkeiten während der Bauarbeiten ausgeliefert; letztlich wurde sie dadurch unspielbar. Es wurde von Sauer eine einmanualige Orgel mit acht Registern angeschafft, die 2002 an die Heilig-Geist-Kirche in Görzig verkauft wurde.[4]
Reparatur ab 1998
Als 1979 Ernestine Frost als Kirchenmusikerin tätig wurde, gab es Bemühungen, die Orgel wieder spielbar zu machen. Die von der Firma Sauer veranschlagte Wartezeit betrug 15 Jahre. 1998/1999 wurde in einer ersten Phase durch Sauer die Orgel wieder spielbar gemacht.
1999 erklang die Orgel zum ersten Mal wieder nach zwanzig Jahren. Elf der 63 Register waren spielbar. Ein weiterer Bauabschnitt folgte in den Jahren 2000/2001: 13 weitere Register kamen hinzu, 2002 ein weiteres, womit 25 der insgesamt 63 Register und 2 der 3 Manuale spielbar waren.
Disposition ab 2001 bis zur Restaurierung
I Manual C–c4
01.
Quintade
16′
02.
Bratsche
16′
03.
Principal
08′
s
04.
Doppelflöte
08′
s
05.
Gemshorn
08′
s
06.
Dulciana
08′
07.
Oktav
04′
s
08.
Rohrflöte
04′
09.
Quinte
22⁄3′
10.
Prästant
02′
11.
Quinte
11⁄3′
s
12.
Cornett III–VIII
13.
Hintersatz III–V0
14.
Cymbel IV
15.
Trompete
08′
s
16.
Tuba
08′
17.
Krumbhorn
08′
II Schwellwerk C–c4
18.
Nachthorn
16′
s
19.
Flötenprincipal
08′
s
20.
Grobgedackt
08′
s
21.
Konzertflöte
08′
s
22.
Quintatön
08′
s
23.
Octave
04′
s
24.
Querflöte
04′
s
25.
Octave
02′
s
26.
Piccolo
02′
s
27.
Schwiegel
01′
s
28.
Sesquialtera II
s
29.
Progressiv III–IV0
s
30.
Zimbel VI
31.
Fagott
16′
s
32.
Geigendregal
04′
s
Tremulant
III Schwellwerk C–c4(–c5)*
33.
Liebl. Gedackt
16′
34.
Geigenprincipal
08′
35.
Gedackt
08′
36.
Traversflöte
08′
37.
Aeoline
08′
38.
Vox celestis (ab c0)0
08′
39.
Octave
04′
40.
Flauto dolce
04′
41.
Zartquinte
22⁄3′
42.
Flageolett*
02′
43.
Terz*
13⁄5′
44.
Quinte*
11⁄3′
45.
Mixtur III–IV
46.
Horn
08′
47.
Vox humana
08′
Tremulant
Pedal C–g1
48.
Principalbass
16′
49.
Kontrabass
16′
50.
Subbass
16′
s
51.
Zartbass (= Nr. 33)0
16′
52.
Violon (= Nr. 2)
16′
53.
Octavbass
08′
s
54.
Bassflöte (= Nr. 21)
08′
55.
Flötbass
04′
s
56.
Octave (= Nr. 25)
02′
57.
Rauschpfeife IV
58.
Rankett
32′
59.
Posaune
16′
60.
Tromba
08′
61.
Clairon
04′
s
62.
Singend Cornett
02′
s = seit 2001 wieder spielbar
Im Schwellwerk sind alle Register bis auf die mit * gekennzeichneten bis zum c5 ausgebaut
Ein Förderverein setzte sich gemeinsam mit Florian Kleidorfer, der seit dem Jahre 2005 als Kirchenmusiker an der Moritzkirche Halle und der Propsteikirche Halle beschäftigt war, für die Fortsetzung einer denkmalgerechten und originalgetreuen Wiederherstellung der Sauer-Orgel ein.
Am 13. September 2005 und damit zum 80. Jahrestag der Orgelweihe, wurde der Orgel-Förderverein gegründet. Dieser dient der Förderung der Restaurierung der Orgel und bezweckt die ideelle und finanzielle Förderung aller unmittelbar und mittelbar daraufhin zielender Maßnahmen. Er ist als besonders förderungswürdig und gemeinnützig anerkannt. Es werden unter anderem Benefizkonzerte veranstaltet und dabei Spenden für die Orgel gesammelt.
Zusammen mit der Moritzgemeinde in der heutigen katholischen Pfarrei Halle-Mitte wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, um die nötigen finanziellen Mittel aufzubringen und die Orgel im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu erhalten. Als Erfolg dieser Anstrengungen begann im Dezember 2009 die vollständige Restaurierung der Orgel mit Wiederherstellung des Originalzustandes.
Die Orgelrestaurierung wurde von der Orgelbaufirma Reinhard Hüfken aus Halberstadt ausgeführt. Im Rahmen der Feierlichkeiten 600 Jahre Moritzkirche weihte Bischof Gerhard Feige die vollständig restaurierte Orgel am 18. September 2011 wieder ein. Seit dieser originalgetreuen Rückführung besitzt das Instrument wieder seine ursprüngliche Disposition von 1925/27.
Gemäß der fachlichen Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt vom 16. August 2005 ist die historische Sauer-Orgel der Moritzkirche als fester Bestandteil der Ausstattung dieser Kirche Teil eines Kulturdenkmals. Auch unabhängig von diesem Zusammenhang sei das Instrument als Denkmalorgel von hervorragendem orgelbaugeschichtlichem und musikalischem Wert einzuschätzen und nach den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes zu behandeln.
Katrin Barnick: Orgel schweigt nicht mehr : erstes Konzert seit 30 Jahren. In: Mitteldeutsche Zeitung. Band11, 2000, S.14.
Holger Brülls: Die Sauer-Orgel von 1925 in der Moritzkirche zu Halle, ein bedeutendes Orgeldenkmal des 20. Jahrhunderts. In: Sachsen-Anhalt: Journal für Natur- und Heimatfreunde. Band16, 2006, ISSN0940-7960, S.26–28.
Karl Friedrich Senff: Predigt bey der Einweihung der neuerbauten Orgel in der St. Moritz-Kirche zu Halle: am 22. Sonntage nach Trinitat. 1784 gehalten; Nebst einer kurzen Nachricht von der Erbauung dieser Orgel. Gebauer, Halle 1784.
↑Disposition siehe: Hans Klotz: Über die Orgelkunst der Gotik, der Renaissance und des Barock. Bärenreiter Verlag, Kassel 1986, S. 214
↑Disposition siehe: Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Anhang Seidel. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 247).
↑Disposition siehe: Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Anhang Seidel. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 247).