OblomowOblomow oder Oblomov (russisch Обломов) ist ein 1859 erschienener Roman von Iwan Gontscharow (1812–1891). Die drei im Abstand von jeweils einem Jahrzehnt erschienenen Romane Gontscharows – Obyknowennaja istorija (Eine alltägliche Geschichte, 1847), Oblomow (1859) und Obryw (Die Schlucht, 1869) – bilden eine thematische Einheit. Sie alle sind dem Typus des begabten, gebildeten, Idealen verpflichteten, aber durch Herkunft und Standesgewohnheiten zu ausgiebiger Faulheit und gänzlicher Passivität designierten russischen Adligen gewidmet, dem unmittelbaren Nachfahren des Lischnij tschelowek (Überflüssiger Mensch) der russischen Literatur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Puschkin, Lermontow). InhaltIn Gontscharows bedeutendstem Roman wird der Typus des faulen russischen Adligen durch den Titelhelden Ilja Iljitsch Oblomow verkörpert. Durch die materielle Sicherheit seines Standes in die Lage versetzt, seine Introvertiertheit und Untätigkeit zu pflegen, findet Oblomow keinen Ausweg aus der erstickenden Ruhe, Trägheit und Schläfrigkeit, welche die Darstellung seines Lebens leitmotivisch durchziehen. Er verliert sich in den Traum eines geborgenen, sicheren, von aller Verantwortung freien Lebens, in dem der Mittagsschlaf Zentrum und Schwerpunkt der täglichen Verrichtungen ist. Pläne, das väterliche Gut Oblomowka zu pflegen, werden von einem auf den nächsten Tag verschoben, weshalb es mehr und mehr in Verfall gerät. Eine Wende scheint sich anzudeuten, als Oblomow von seinem Freund Stolz, einem Deutschrussen, der in jeder Hinsicht den Gegenpol zu Oblomow darstellt, mit der jungen Olga bekannt gemacht wird. Der Umgang mit der intelligenten und anziehenden Frau scheint geeignet, die Passivität Oblomows aufzubrechen. Doch letztendlich gelingt es auch ihr nicht, Oblomows Lethargie zu besiegen. Die Beziehung scheitert. Von seinem Bekannten Tarantjew betrogen, muss Oblomow mit seinem treuen Diener Sachar in eine von Tarantjew beschaffte Wohnung ziehen – die insbesondere von Stolz eifrig betriebene Auslandsreise kommt nicht zustande. Seinem Charakter gemäß sträubt Oblomow sich nicht gegen die widrigen Umstände, verbringt seine Tage wieder mit Nichtstun und genießt die gute Küche der Hausherrin Agafja Matwejewna. Stolz unternimmt einen letzten Versuch, Oblomows Leben in geregelte Bahnen zu lenken, und nimmt die Verwaltung von Oblomows Gut selbst in die Hand. Dieser verspricht, so bald wie möglich Stolz nachzureisen und die Führung von Oblomowka persönlich zu übernehmen. Doch dazu kommt es nicht. Stolz, der in der Zwischenzeit Olga geheiratet hat, kann zwar die Pläne Tarantjews und seines Spießgesellen Iwan Matwejewitsch, des Bruders von Oblomows Haushälterin, Oblomow zu ruinieren, durchkreuzen, doch Oblomow versinkt endgültig in Lethargie. Als Stolz Jahre später erfährt, dass Oblomow die zwar gutherzige, aber einfältige Agafja geheiratet hat, gibt er ihn endgültig verloren, verspricht aber, ihren Sohn vom Weg des Vaters fernzuhalten. Oblomow, durch Teilnahmslosigkeit krank geworden und von einem Schlaganfall getroffen, stirbt, ohne nochmals versucht zu haben, sein Leben zu gestalten. Nach seinem Tod wächst der nach Stolz benannte Sohn Andrej bei ebendiesem auf, während die verwitwete Agafja wieder als Haushälterin bei ihrem Bruder arbeitet. Der Diener Sachar, der seinem Herrn immer noch nachtrauert, wird, alt und blind geworden, als Bettler davongejagt. Die Tragik und Sinnlosigkeit von Oblomows Leben bringt Stolz, der im letzten Kapitel beginnt, Oblomows Geschichte zu erzählen, bedauernd auf den Punkt: „Er ist um nichts zugrunde gegangen.“ WirkungsgeschichteDie Entlarvung des „Oblomowtums“ (russisch обломовщина / Oblomowschtschina – in anderen Übersetzungen auch „Oblomowerei“, ein von Stolz häufig verwendeter Begriff) als engagierte Anklage gegen die herrschende Gesellschaft der Gutsbesitzer, des Land- und des Dienstadels erkannt und hervorgehoben zu haben, ist das Verdienst der umfangreichen Arbeit Dobroljubows Schto takoje oblomowschtschina (Was ist dieses Oblomowtum) von 1859, die wesentlich zur Verbreitung und Wirkung des Romans beigetragen hat. Dobroljubow führt die „Krankheit“ Oblomows vor allem auf die Leibeigenschaft zurück. Der Name des Titelhelden „Oblomow“ wurde auch in die Psychiatrie eingeführt und sollte die Persönlichkeitsstruktur eines willensschwachen Neurotikers beschreiben, der sich durch Apathie, Faulheit und Parasitismus auszeichne. Dieser Typus lasse andere für sich sorgen, während er sonst in intellektueller, mentaler und moralischer Hinsicht nicht versage. Seine Muße sei weder produktiv noch vermöge er sie zu genießen. Hermann Beland beschreibt den Reiz des Romans in dem Schicksal der projektiven Identifikation der Hauptfiguren, mit Oblomow im Zentrum der Handlungen.[1] Ausgaben
Deutsche Übersetzungen
Theater-Adaptionen
Hörspielbearbeitungen
RezeptionOblomow wurde in die ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher aufgenommen. Verfilmung
TriviaIn Kiel trägt eine Studentenkneipe den Namen Oblomow.[2] In Stuttgart trägt eine weitere (Kult-)Kneipe den Namen Oblomow. Kneipen/Cafés mit diesem Namen gibt es auch in Eckernförde und in Bad Segeberg.[3] Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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