Muavenet-i Milliye
Die Muavenet-i Milliye war ein Zerstörer der osmanischen Marine[1], der für die Kaiserliche Marine ursprünglich als Torpedoboot S 165 gebaut wurde und 1910 an die osmanische Marine verkauft wurde. Während der Schlacht um Gallipoli versenkte sie 1915 das britische Linienschiff Goliath. Erwerbsgeschichte„Muavenet“ bedeutet Unterstützung in Türkisch und der vollständige Name dieses Schiffes „Muavenet-i Milliye“ bedeutet nationale Unterstützung. Sie erhielt den Namen zu Ehren einer freiwilligen Organisation, die öffentliche Mittel für den Ausbau der Streitkräfte sammelte. Die im Juli 1909 gegründete Organisation „Donanma-i Osmani Muavenet-i Milliye Cemiyeti“ (Gesellschaft für die nationale Unterstützung der Osmanischen Marine) wurde von 28 bekannten türkischen Geschäftsleuten in Istanbul gegründet und fand Unterstützung in der Gesellschaft als „Donanma Cemiyeti“ (Marine Verband). Muavenet-i Milliye war das erste Schiff, dessen Beschaffung in Deutschland, durch die Bemühungen des Verbandes und zum Teil durch seine beschafften Mittel ermöglicht wurde. Die Sammlung von Mitteln für den Ausbau der Flotte wurde eine nationale Aufgabe, die zu Spenden aus allen Bereichen der Gesellschaft führte.[2] Die Bemühungen des Marineverbandes führten zu Milli Piyango, der türkischen Staatslotterie, die darauf weitere Mittel für den Flottenausbau beschaffte. Muavenet-i Milliye wurde zusammen mit ihren drei Schwesterschiffen 1910 von der deutschen kaiserlichen Marine beschafft. Es handelte sich um die vier Schichau-Boote S 165 bis S 168, die den modernsten Typ des deutschen Hochseetorpedobootes darstellten. Sie waren gerade fertiggestellt worden. In der kaiserlichen Marine wurden sie durch Boote mit gleichen Nummern ersetzt, die als letzte der Bauserie 1911 in den Dienst kamen. Sie gehörten zum Typ Großes Torpedoboot 1906, von denen die Hochseeflotte von 1907 bis 1911 60 Boote erhielt, die auf drei Werften (Schichau, Vulcan und Germaniawerft) gebaut wurden. Sie unterschieden sich in Größe und Bewaffnung und wuchsen in der Bauzeit etwa um ein Drittel. Nur die ersten 21 Boote hatten noch Expansionsmaschinen, der Rest wurde von Turbinen angetrieben.[3] Boote dieser Größe wurden in anderen Marinen als Zerstörer bezeichnet. EinsatzgeschichteDie Boote wurden 1910 zusammen mit den vom Osmanischen Reich angekauften deutschen Linienschiffen Kurfürst Friedrich Wilhelm und Weißenburg ausgeliefert. BalkankriegeDie vier neuen Torpedoboote / Zerstörer gehörten während der Balkankriege zur osmanischen Flotte, die den Ausbruch aus den Dardanellen in zwei Gefechten mit der griechischen Flotte nicht schaffte. Muavenet-i Milliye erhielt 1912 Ahmed Saffet als Kommandanten, einen Leutnant, der zur neuen Generation türkischer Offiziere gehörte, die darauf trainiert waren, moderne Waffen einzusetzen. Offensive im Schwarzen MeerAm 27. Oktober 1914 versammelte der neue osmanische Flottenchef, Vizeadmiral Wilhelm Souchon, den Schlachtkreuzer Yavuz Sultan Selim, die Kreuzer Midilli und Hamidiye, die Torpedokanonenboote Berk-i Satvet und Peyk-i Şevket, die Zerstörer Gayret-i Vataniye, Muavenet-i Milliye, Taşoz und Samsun sowie die Minenleger Nilufer und Samsun bei Kilyos, an der Küste nördlich von Istanbul, um die Offensive im Schwarzen Meer zu beginnen. Erstmals seit fast 40 Jahren wollte die osmanische Marine eine große Operation im Schwarzen Meer ausführen. Getarnt als Übung, erfuhren die Kommandanten erst auf See bei einer Besprechung auf der Yavuz die Pläne Souchons, der eine Vielzahl russischer Häfen angreifen wollte. Nach der Absprache mit dem osmanischen Kriegsminister Enver Pascha sollte er sich auf den Kampf mit der russischen Flotte konzentrieren. Nach dem Plan sollte jetzt die Yavuz mit den Zerstörern Taşoz, Samsun und einem Minenleger Sewastopol angreifen; Midilli und Berk-i Satvet sollte gegen Noworossijsk vorgehen und Minen in der Straße von Kertsch legen; die Hamidiye sollte Feodossija beschießen; die Gayret-i Vataniye unter Ayasofyali Ahmet und die Muavenet-i Milliye sollten mit einem Minenleger Odessa angreifen und Minen bei Ochakiv legen; die Peyk-i Şevket hatte den Auftrag, das Unterwasserkabel zwischen Warna und Sewastopol zu zerstören. Die Muavenet-i Milliye war mit der Gayret-i Vataniye unter Ayasofyali Ahmet als erste Gruppe am Ziel. Die beiden Torpedoboote liefen am 29. Oktober um 3:00 Uhr morgens in den Hafen von Odessa und überraschten die Russen vollständig. Das Kanonenboot Donez wurde durch einen Torpedo der Gayret-i Vataniye versenkt, das Kanonenboot Kubanez durch Geschützfeuer beschädigt, der Minenleger Beshtau in Brand gesetzt und vier Handelsschiffe beschädigt. Die beiden türkischen Torpedoboote beschossen den Hafen fast eine Stunde lang, zerstörten das Elektrizitätswerk und beschädigten ein Öllager. Während dieser Zeit legte der Minenleger Samsun 28 Minen zwischen Odessa und Sewastopol. Dann marschierten die drei bei Odessa eingesetzten Schiffe unbehelligt zurück nach Konstantinopel. So erfolgreich der Angriff war, warnte er aber auch die Russen, die in Sewastopol zwei Stunden später auf das Eintreffen der Hauptmacht vorbereitet waren. Am 3. April 1915 wurden die Leichten Kreuzer Hamidiye und Mecidiye mit den vier Zerstörern Muavenet-i Milliye, Yadigar-i Millet, Taşoz und Samsun gegen Odessa eingesetzt. Die Mecidiye lief kurz vor dem Ziel auf eine Mine und sank in flachem Wasser, wobei 26 Männer den Tod fanden. Die Hamidiye rettete die Besatzung der Mecidiye, während der begleitende Zerstörer Yadigar mit einem Torpedo versuchte, die Mecidiye völlig zu zerstören, was nicht gelang. Versenkung der GoliathAm 25. April 1915 erfolgte die Landung am Kap Helles im Rahmen des alliierten Versuchs, die Halbinsel Gallipoli zu erobern und den Durchbruch durch die Dardanellen zu erzwingen. Die alliierte Flotte gab den gelandeten Truppen Artillerieunterstützung. Die Franzosen hatten in ihren Abschnitt bei Kap Helles um Hilfe gegen türkische Gegenangriffe gebeten, die Kerevizdere zurückerobern wollten. Deshalb beschossen jede Nacht zwei Linienschiffe die türkischen Stellungen. Die Türken wollten durch einen Angriff auf die Linienschiffe diese Unterstützung unterbinden. Die Aufgabe wurde der Muavenet-i-Milliye übertragen. Während des Tages hatte der deutsche Kapitänleutnant Rudolph Firle mit zwei weiteren Offizieren die Umgebung der Morto Bay erkundet, bevor sie auf der Muavenet-i Milliye einstiegen, um den Torpedoangriff durchzuführen. Sie war am 10. Mai mittags an den Dardanellen eingetroffen und hatte sich auf den Einsatz vorbereitet. Am 12. Mai begann gegen 18:40 Uhr der Angriff der Muavenet-i-Milliye. Zwischen 19:00 und 19:30 Uhr passierte sie die Minensperren und ankerte um 19:40 Uhr bei Soganlidere, um bis Mitternacht zu warten. In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai 1915 war die Goliath mit der Cornwallis im Schutz von fünf Zerstören in der Morto Bay bei Kap Helles. Die Scheinwerfer der Linienschiffe wurden gegen 23:30 Uhr gelöscht. Die Muavenet-i-Milliye ging um 00:30 Uhr ankerauf und fuhr auf die europäische Seite der Dardanellen. Die alliierten Zerstörer bemerkten diese Bewegung nicht. Gegen 01:00 Uhr hatte die Muavenet-i-Milliye den Sicherungsring der Zerstörer passiert und die Goliath direkt vor sich. Die Goliath fragte nach dem Erkennungssignal, die Muavenet-i-Milliye schoss die beiden ersten Torpedos. Der erste traf auf Höhe der Brücke, der zweite nahe dem Schornstein. Zur Sicherheit schoss die Muavenet auch noch den dritten Torpedo auf die Goliath, die kenternd nochmals ins Heck getroffen wurde. Das Linienschiff sank sehr schnell, 570 Mann der 700-köpfigen Besatzung verloren ihr Leben. Der Untergang der Goliath führte zu Wechseln in der Führung der Royal Navy. Zwei Tage später trat der Erste Seelord, Admiral Fisher, im Streit mit dem Ersten Lord der Admiralität, Winston Churchill, zurück, der am 17. Mai auch zurücktrat. Es wurde offenbar, dass die bisherigen Planungen die Lage falsch eingeschätzt hatten. Die folgenden Verluste der Triumph bei Anzac Cove und der Majestic bei Cape Helles, die beide von U 21 torpediert wurden, bestätigten dies. Obwohl die Muavenet-i Milliye sofort nach dem ersten Torpedotreffer entdeckt, unter Feuer genommen und von den Zerstörern Wolverine und Pincher verfolgt wurde, konnte sie entkommen. Der Kommandant der Muavenet-i-Milliye, Leutnant Ahmet Saffet Bey, der deutsche Kapitänleutnant Rudolph Firle, seine beiden Hilfskräfte und die 90 Mann starke türkische Besatzung wurden bei ihrer Rückkehr nach İstanbul als Helden gefeiert, alle Lichter entlang des Bosporus waren zu ihren Ehren erleuchtet, sie wurden befördert und ausgezeichnet. Für die Versenkung der Goliath wurde Ahmet Saffet Bey zum Major befördert. Rudolph Firle erhielt neben verschiedenen österreich-ungarischen und türkischen Auszeichnungen das Eiserne Kreuz I. Klasse. Für beide war dieser Versenkungserfolg vermutlich auch förderlich für ihre Nachkriegskarrieren. Ahmet Saffet Bey war kurz türkischer Marineminister und in der Politik tätig. Rudolph Firle wurde während des Nationalsozialismus 1933 Vorstandsvorsitzender des Norddeutschen Lloyd. Weitere EinsätzeNach dem Abzug der Alliierten von Gallipoli wurde die Muavenet-i Milliye vor allem zur Sicherung der Kohlefrachter an der Schwarzmeerküste eingesetzt, deren Fracht für die Einsatzbereitschaft der osmanischen Flotte lebenswichtig war. Am 5. September 1915 begleitete sie drei Kohlefrachter von Zonguldak nach Istanbul zusammen mit ihrem Schwesterschiff Numune-i Hamiyet und der Hamidiye als die russischen Zerstörer Bystry und Pronzitelni angriffen. Da die 15-cm-Geschütze des Kreuzers ausfielen, konnten die osmanischen Schiffe die Transporter nicht verteidigen, die sich auf den Strand setzten, um nicht in russische Hände zu fallen. Die Yavuz Sultan Selim traf zu spät ein, um die Kohlenfrachter zu retten. VerbleibIm Jahr 1918 wurde das Schiff stillgelegt und abgerüstet. In der Folge wurde es auf der Taşkızak-Werft in Istanbul als Lagerschiff benutzt und schließlich 1953 abgebrochen.[4] Weitere NamensträgerDrei Schiffe der türkischen Marine trugen den Namen Muavenet zum Gedenken an das Torpedoboot, das den größten Einzelerfolg eines Schiffs der osmanischen Marine erzielte.
Auch eines der ersten Flugzeuge der türkischen Streitkräfte, ein Blériot-XI-Eindecker, führte den Namen Muavenet-i Milliye. Schicksal der SchwesterbooteDie Kiellegung aller vier Boote erfolgte 1908 bei der Schichau-Werft in Elbing für die Kaiserliche Marine, für die sie auch noch vom Stapel liefen; abgeliefert wurden die Boote im September 1910 an die Türkei.
Literatur
WeblinksCommons: Muavenet-i Milliye (ship, 1909) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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