1883 ließ Maximilian von Heyl von dem in Worms tätigen Buchhändler Julius Stern die Luther-Sammlung in kurzer Zeit zusammentragen. Er soll dafür 32.000 Mark bezahlt haben.[1] Woher Julius Stern die Drucke bezog, lässt sich nur noch teilweise nachvollziehen.[2] Ein Teil stammte wohl aus dem Antiquariat von Theodor Oswald Weigel (1812–1881) in Leipzig.[3]Julius Stern verfasste einen Katalog darüber, der 489 Katalognummern enthielt. Anschließend stiftete Maximilian von Heyl anlässlich des 400. Jahrestages von Luthers Geburtstag die Sammlung der Stadt Worms[4], die sie zunächst in den Konventsgebäuden des ehemaligen Paulusstifts ausstellte. Dazu wurde hier eine „Lutherstube“ eingerichtet, die im Auftrag von Maximilian von Heyl durch den Münchner Ausstattungs-Künstler Lorenz Gedon gestaltet wurde.[5] Später gab es weitere Spenden an die Sammlung, etwa durch den Mainzer Domkapitular, Kunstexperten und Büchersammler Friedrich Schneider.[6] Heute wird die Sammlung in der Stadtbibliothek aufbewahrt.
Sammlungsinhalt
Die Sammlung beinhaltet Druckschriften Martin Luthers – die jüngsten stammen von 1548[7] –, drei eigenhändige Briefe von ihm, die einzigen Manuskripte der Sammlung[8], und zeitgenössische Druckschriften zur Reformation.[9] Unter den Druckschriften sind auch die, die ihm 1521 auf dem Reichstag zu Worms vorgelegt wurden, um sie zu widerrufen. Die Sammlung enthält unter anderem Martin Luthers Schriften[10]:
An die Radherren aller stedte deutsches lands: das sie Christliche schulen auffrichten und hallten sollen. Lucas Cranach und Christian Döring, Wittenberg 1524. Diese sogenannte Ratsherrenschrift ist seit Oktober 2015 Teil des Weltdokumentenerbes („Memory of the world“) „Frühe Schriften der Reformationsbewegung“ der UNESCO[11] und
Den lieben berüffenen unnd glaübien kindern gottes, allen Christen zů Wormbs meinen lieben herren freündenund brůdern Jnn Christo. Jakob Schmidt, Speyer 1523.[12]
Die vollständige deutschsprachige Bibel-Ausgabe von 1536 in der Übersetzung von Martin Luther, verlegt bei Hans Lufft.
Weitere in der Luther-Bibliothek bewahrte Schriften sind:
Etwa 250 historische Werke aus der Stadtbibliothek Worms sind im Volltext im Internet zugänglich, darunter 61 von Martin Luther.[18]
Literatur
Busso Diekamp: Der Buchhändler Julius Stern (1843–1891). Aus den Anfängen der Kräuter’schen Buchhandlung in Worms. In: Michael Tilly und Lothar Triebel (Hg.): Notwendige Begegnungen. Judentum und Christentum von der Antike bis zur Gegenwart. Beiträge aus Wissenschaft, Synagoge und Kirche. Textbuch zum 25jährigen Jubiläum der Erweiterung des Grundartikels der Kirchenordnung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau. Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Darmstadt 2016, ISBN 978-3-931849-46-7, S. 180–191.
Busso Diekamp: Illustrierte Bibeln des 15. bis 19. Jahrhunderts aus dem Besitz der Stadtbibliothek Worms. Worms 1996
Busso Diekamp: Luther-Bibliothek. Stadt Worms, Worms 2018. [Broschüre]
Detlev Johannes: Luther-Bibliothek der Stadt Worms. Gesamtkatalog = Der Wormsgau, Beiheft 28 [= 3. Auflage des Kataloges[19]] (1983).
↑ Diese Ausgabe ist eine Zusammenstellung damals bereits vorliegender Teilübersetzungen aus Wittenberg und Zürich.
↑ Martin Luthers Wittenberger deutsche Messe erschien erst 1526. Diese Form und Ordenung der Evangelischen deutzschen Messen, wie sie zu Worms gehalten wirt ist zwei Jahre älter und zudem das einzige weltweit nachgewiesene Exemplar (Diekamp: Luther-Bibliothek, S. 10).
↑Auff dem Reichstag Anno domini MCCCCCXXI zu Worms gehalten seind in eygener personen gewesen. Matthes Maler, Erfurt 1521. Wormser Edikt vom 8. Mai 1521 [Plakatdruck], gedruckt bei Hans Grüninger in Straßburg.