Lorenz Möller, auch latinisiert Laurentius Molitor (* in Dorpat; † vermutlich 1571 in Reval) war ein deutschbaltischer evangelisch-lutherischer Theologe und Pädagoge.
Leben
Über Möllers Herkunft und Jugend ist so gut wie nichts bekannt. Er immatrikulierte sich im Juni 1541 an der Universität Rostock[1] und ging im Juni 1545 an die Universität Wittenberg.[2] Hier graduierte er als Magister.
1557 ernannte ihn der Lübecker Rat als Nachfolger von Petrus Vincentius zum Rektor des Katharineums. Am 20. November 1559 schrieb er einen erhaltenen Empfehlungsbrief an Philipp Melanchthon für Nicolaus Balhorn, vermutlich Sohn von Johann Balhorn dem Älteren, der zum Studium nach Wittenberg ging.[3] Aus dem Jahr 1560 ist ein Brief von ihm an den Ordensmeister Gotthard Kettler erhalten.[4] Darin berichtet er von astrologischen Berechnungen und legt für einen Verwandten, der auf verbotener Schifffahrt nach Russland Schaden erlitten hatte, Fürsprache ein.
1559 gab er aus dem Nachlass von Hermann Bonnus das lateinische Chorbuch Hymni et Sequentiae heraus, das 77 lateinische Hymnen und Sequenzen für den Schulgebrauch enthält, teilweise von Bonnus im Sinne der Reformation bearbeitet.[5] Die Schüler des Katharineums waren seit der Gründung 1531 zum liturgischen Chorgesang in den Hauptkirchen der Stadt verpflichtet.
Möller trat nach einigen Jahren zurück, vermutlich im Zusammenhang mit den theologischen Auseinandersetzungen um die Lübecker Konsensusformel 1560/61, in der die Theologie der Gnesiolutheraner dominierte und in deren Folge er als Schüler Melanchthons der Gefahr ausgesetzt war, als Philippist und Kryptocalvinist angegriffen zu werden.[6] Schon in seinem Brief an Melanchthon vom November 1559 „ist er über die Zwietracht der Lutheraner erschüttert“ und berichtet von törichten Angriffen.[7] Wahrscheinlich hatte Möller mit dafür gesorgt, dass Melanchthons an Friedrich III. (Pfalz) gerichtetes letztes Gutachten Iudicium de controversia Coenae Domini gleich nach Erscheinen 1560 auch in Lübeck, und zwar bei Balhorn, gedruckt wurde.[8]
Sein weiterer Lebensweg ist unklar. Leonid Arbusow[9] meinte, er sei Sekretär von Gotthard Kettler und fürstlich kurländischer Rat geworden. Dies beruht jedoch auf einer Verwechslung mit dem Chronisten Lorenz Müller (* um 1540 in Lünen; † 1598 in Burtneck).[10][11]
Wahrscheinlicher ist, dass er der Lorenz Möller ist, der ab 1564 als Pastor am Dom zu Reval bezeugt und vor dem November 1571 verstorben ist.[12]
Der spätere Lübecker Ratsherr und Bürgermeister Lorenz Möller war sein Sohn.
Literatur
- Johann Henrich von Seelen: Athenae Lubecenses. Band 4, Lübeck: Petrus Boeckmann 1722 (Digitalisat), S. 80–87
- Jacob von Melle: Gründliche Nachricht von der Kaiserl. freyen und des H. R. Reichs Stadt Lübeck, 1787, S. 356
- Moller (Laurent.), in: Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexicon, worin die Schriftsteller aller Stände nach ihren vornehmsten Lebensumständen und Schriften beschrieben werden. Band 4, Bremen: 1813, Sp. 1949
- Hugo Richard Paucker: Ehstlands Geistlichkeit in geordneter Zeit- und Reihefolge. Lindfors Erben, Reval 1849 (Digitalisat), S. 55
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag im Rostocker Matrikelportal
- ↑ Album Academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDCII. Leipzig 1841 S. 225
- ↑ Laurentius Möller [aus Dorpat] an M. [in Wittenberg]. - Lübeck, 20. November 1559. In: Melanchthons Briefwechsel – Regesten online. Abgerufen am 16. Mai 2023. ; Heinz Scheible und Walter Thüringer (Bearb.): Melanchthons Briefwechsel: kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Regesten, Band 8, Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 1995, ISBN 978-3-7728-1603-1, Nr. 9138
- ↑ Carl Schirren: Quellen zur Geschichte des Untergangs livländischer Selbständigkeit: Aus dem schwedischen Reichsarchive zu Stockholm. Reval: Kluge 1864, S. 164 Nr. 485
- ↑ Digitalisat, Königliche Bibliothek Stockholm; Inhaltsangaben bei von Seelen (Lit.) und bei Petra Sawidis: Hermann Bonnus. Superintendent von Lübeck (1504–1548). Sein kirchenpolitisch-organisatorisches Wirken und sein praktisch-theologisches Schrifttum (= Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck. Reihe B, Bd. 20). Schmidt-Römhild, Lübeck 1992, ISBN 3-7950-0458-6, S. 383f.
- ↑ Siehe dazu Wolf-Dieter Hauschild: Kirchengeschichte Lübecks. Christentum und Bürgertum in neun Jahrhunderten. Lübeck: Schmidt-Römhild 1981, ISBN 3-7950-2500-1, S. 254f.
- ↑ Laurentius Möller [aus Dorpat] an M. [in Wittenberg]. - Lübeck, 20. November 1559. In: Melanchthons Briefwechsel – Regesten online. Abgerufen am 16. Mai 2023.
- ↑ Erik A. de Boer: Philipp Melanchthon's Iudicium de controversia Coenae Domini (1559) to the Palatine Elector Frederick III. In: Reformation & Renaissance Review 17 (2015), S. 244–265 doi:10.1080/14622459.2015.1119441, hier S. 253 Anm. 36
- ↑ Leonid Arbusow: Livlands Geistlichkeit vom Ende des 12. bis ins 16. Jahrhundert. Dritter Nachtrag. In: Jahrbuch für Genealogie, Heraldik und Sphragistik 1911–1913 (Digitalisat), S. 1–432, hier S. 143
- ↑ Oskar Stavenhagen, Theodor Distel: Müller, Laurentius. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 22, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 648–650.
- ↑ Müller (Möller), Lorenz (Laurentius von), in: Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Berlin: de Gruyter 2007, ISBN 978-3-11-091213-5, S. 934
- ↑ Leonis Arbusow: Livlands Geistlichkeit vom Ende des 12. bis ins 16. Jahrhundert. Dritter Nachtrag. In: Jahrbuch für Genealogie, Heraldik und Sphragistik 1911–1913 (Digitalisat), S. 1–432, hier S. 143