Von Seelen stammte aus einer Familie, die im 16. Jahrhundert aus den Niederlanden nach Norddeutschland gezogen war. Sein Vater Erich Zacharias von Seelen war Pastor in Assel, starb aber schon 1698. Johann Henrich besuchte das Gymnasium Athenaeum in Stade. Zu seinem Abgang erschien 1711 sein erstes Werk: Stada litterata, ein Stader Gelehrtenlexikon.
Im gleichen Jahr wurde er an der Universität Wittenberg immatrikuliert, wo er Theologie, Philosophie und orientalische Sprachen studierte. Schon 1713 wurde er als Konrektor an das Gymnasium in Flensburg berufen und zwei Jahre später als Rektor an seine Heimatschule, das Gymnasium in Stade.
In Flensburg hatte er Ursula Koch geheiratet, die 1742 in Lübeck verstarb. Anschließend heiratete er 1746 Margaretha Dorothea zum Felde († 11. Mai 1771 in Lübeck). Aus der ersten Ehe gingen 5 Söhne und eine Tochter hervor. Einer der Söhne, Erich Simon Henrich von Seelen (* 4. Oktober 1717 in Stade) wurde 1754 zum Subrektor des Katharineums gewählt, verstarb aber noch vor seinem Amtsantritt († 11. Februar 1755 in Leipzig).[3]
Johann Henrich von Seelen wurde in der Lübecker Katharinenkirche beigesetzt, wo seine Familie ihm ein beeindruckendes Epitaph im südlichen Seitenschiff setzte.[4]
Werk
Von Seelen war als Schriftsteller ungemein produktiv. Ein Schriftenverzeichnis nennt 419 gedruckte Schriften, die sich sowohl mit theologischen und orientalistischen als auch mit pädagogischen, lokalgeschichtlichen, biographischen, numismatischen und sogar alchemistischen Themen befassen.[5]
Als Pädagoge reformierte er das Unterrichtswesen im Katharineum und brachte die Schule zu neuem Ansehen. Als erster beschrieb er die Geschichte der Schule.
Aus den theologischen Streitereien seiner Zeit hielt er sich heraus. Er sei daran nur unpassioniert als ein Historiker interessiert, schrieb er 1722 in einem Brief an Valentin Ernst Löscher.
Gemeinsam mit Samuel Gerhard von Melle und Heinrich Scharbau gab er eine wissenschaftliche Zeitschrift Bibliotheca Lubecensis heraus, die 1725–1732 in zwölf Bänden erschien, und war auch an der Nachfolgerin Nova Bibliotheca Lubecensis (acht Bände 1753–1757) beteiligt.
Nachricht von dem Ursprung und Fortgang der Buchdruckerey in ... Lübeck, Jonas Schmidt, Lübeck 1740 (Digitalisat)
Stromata Lutheranea. Lübeck 1741
Bibliotheca Breitenaviana, sive Operum, librorum, scriptorum, ad omne literarum genus spectantium, editorum et ineditorum, quae … Christophorus Gensch a Breitenau … magno comparavit digessitque studio, catalogus. Praemissa est Memoria Breitenaviana.Green, Lübeck 1747 (Katalog der Bibliothek Christoph Gensch von Breitenau)
Nachricht von einer sehr raren zu Augspurg auf Pergament gedruckten und 1535 vollendeten Lutherischen Bibel: In einem Send-Schreiben an den Besitzer derselben, ... Jürgen Stolle ... ertheilet... Lübeck 1747
Librorum eximiorum, scholarum titulo insignitorum, descriptorum collaudatorumque et ad rem scholasticam breviter accomodatorum ogdoas. Green, Lübeck 1755
Weiterhin erschien 1726 von ihm eine Vorrede zu Christian von Schöneichs: Merkwürdiges Ehren-Gedächtniß von dem Christlöblichen Leben und Tode des weyland klugen und gelehrten Lübeckischen Kindes, Christian Henrich Heineken ... / ... von der Wahrheit beflissenen Feder, seines weyland gewesenen treuen Lehrers und Beförderers, unpartheyisch entworfen. Nebst einer Vorrede Herrn Johann Henrich von Seelen. Kißner, Hamburg 1726.[6]
Literatur
Elias Friedrich Schmersahl: Leben und Schriften des sel. Johann Heinrich von Seelen, Licentiaten der Gottesgelahrtheit und Rectors des Gymnasii zu Lübeck. in: Nova acta historico-ecclesiastica 39 (1765), S. 961–1000 (Digitalisat)
Heinrich Döring: Die gelehrten Theologen Deutschlands im 18. und 19. Jahrhundert. Verlag Johann Karl Gottfried Wagner, Neustadt an der Orla 1835, Bd. 4, S. 147–167 (GoogleBooks)
Johann Georg Meusel: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. Gerhard Fleischer d. J., Leipzig 1813, Bd. 13, S. 10 (GoogleBooks)
Theodor Wotschke: Fünf Briefe von Seelens an Löscher. In: MLGA 15 (1929), S. 1–18
Hans-Bernd Spies: Seelen, Johann Henrich von. In: Alken Bruns (Hrsg.): Lübecker Lebensläufe. Karl Wachholtz, Neumünster 1993, ISBN 3-529-02729-4, S. 366–368.
↑Vollständiger Text der Inschrift mit Erläuterung und Übersetzung bei: Adolf Clasen: Verkannte Schätze – Lübecks lateinische Inschriften im Original und auf Deutsch. Lübeck 2002, S. 46 ff. ISBN 3-7950-0475-6
↑Nova acta historico-ecclesiastica 39 (1765), S. 961–998 (Digitalisat)