1057 wurde der Ort Larahobedun, in loco qui vocatur, erwähnt; nicht der spätere Fluss Lohr, sondern der spätere Ort Lohrhaupten. Bei den ersten urkundlichen Erwähnungen der Orte Lohr und Hafenlohr wurde Lohr Lare genannt, und Hafenlohr Nieder Lare. Bei Lara wurde schon des Längeren ein festlandkeltischer Gewässername *Lār vermutet, der namengebend für die Stadt Lohr am Main und für Hafenlohr war. Dieser Ansatz hat sich als richtig erwiesen. Während man aber bisher *Lār[8] als festlandkeltisches Äquivalent zum Adjektiv lār in Altirisch mit der Bedeutung ‚breit, flach, eben‘ vermutet hat,[9][10][11] geht man jetzt von einem gleichlautenden, aber gewässerspezifischeren Adjektiv *lāro- in Urkeltisch mit der Bedeutung „fließend“, sinngemäß „der, die Fließende“ aus.[12] Der Vorschlag von Albrecht Greule von 2014, den Flussnamen aus dem indogermanischen Verbstamm *leh(2) -,tönen‘, sinngemäß ‚der, die Tönende‘ oder ‚Plätschernde‘ herzuleiten,[13] hat das Manko, dass sich aus diesem Vorschlag weder über die urgermanische Sprache noch über Urkeltisch, die sich beide aus der gemeinsamen Muttersprache Urindogermanisch entwickelt haben, das ersturkundliche Lara herleiten lässt.[14] Gegen die lange vorherrschende Ansicht von Joseph Schnetz, dass der Fluss keinen eigenen Namen gehabt habe, sondern über das germanische Wort -aha für 'Fluss, Bach' nur dem Ortsnamen Lohr/Lar(-aha) angehängt worden und dieses -aha dann im Laufe der Zeit weggefallen sei,[15] spricht allein schon der Ortsname Lohrhaupten im Sinne von Lohrquelle. Dessen Grundwort ‚Haupt` im Sinne von ‚Quelle` bezieht sich eindeutig auf einen Flussnamen, hier die Lohr, die in Lohrhaupten entspringt und an deren Mündung in den Main die Stadt Lohr liegt.[16]
Der Lohrbach entspringt in Lohrhaupten aus der Lohrquelle. Er verlässt diesen Ort in südlicher Richtung. Mit etwa 4,5 km Länge ist er der kürzere, aber wasserreichere Quellbach. Er wird auch als Oberlauf der Lohr angesehen.
Der etwa 6 km lange Flörsbach entspringt im gleichnamigen Ort Flörsbach neben einem kleinen See aus mehreren Quellen. Hinter dem Flörsbachtaler Ortsteil Kempfenbrunn fließt der Flörsbach von rechts mit dem von Norden kommenden Lohrbach zusammen und bildet die Lohr.
Verlauf
Kurz nach ihrer Entstehung überquert die Lohr, begleitet von der Bundesstraße 276, die Landesgrenze von Hessen nach Bayern und erreicht das Gebiet der Marktgemeinde Frammersbach. Dort mündet ihr der Laubersbach zu, der mindestens bis ins 16. Jahrhundert noch Frammersbach hieß. Er wird auch, besonders in Frammersbacher Quellen, oft Lauberbach genannt.[17] Nach dem Ort fließt die Lohr in das Naturschutzgebiet Spessartwiesen ein und überquert die Grenze nach Partenstein.
In der Ortsmitte unterquert die Lohr das Viadukt der Main-Spessart-Bahn und die Staatsstraße 2317. Unmittelbar danach wird sie unterhalb der Burg Bartenstein von ihrem größten Nebenfluss, dem rechten Aubach, verstärkt. Hinter dem Ort erreicht der Fluss nun das Stadtgebiet von Lohr am Main.
Vorbei an der Farbmühle fließt die Lohr ins Gebiet der Kernstadt ein. Dort teilt sie sich auf, unterquert die ehemalige Ostspessartbahn sowie die Bundesstraße 26 und mündet dann auf einer Höhe von 147 m ü. NHN von links in den Main.
Einzugsgebiet
Die Lohr entwässert die zentralen Teile des Spessarts über Main und Rhein zur Nordsee. Das 236 km² große Einzugsgebiet liegt zu 78 % in Bayern und zu 22 % in Hessen. Der Nördlichste Punkt des Einzugsgebietes liegt an der Waldspitze (524 m) bei Lohrhaupten, der südlichste ist der Gipfel des Lohrer Berges (463 m) jenseits der Bundesstraße 26 bei Rothenbuch. Im Westen reicht es bis zum Bildstock „Am Kurzen Heiligen“ an der Steigkoppe (502 m) am Höhenzug der Eselshöhe. Der östlichste Punkt ist die Lohrmündung. Die höchste Erhebung ist die Hermannskoppe mit 567 m ü. NHN im Nordosten des Einzugsgebiets.
↑ Mit * (einem sog. Asterisk) gekennzeichneten Worte sind nicht schriftlich belegt, sondern nur sprachwissenschaftlich aus verwandten Sprachen rekonstruiert. Zum Vergleich: das folgende keltische Adjektiv lār ist durch schriftliche Quellen belegt, wird daher nicht mit einem * markiert.
↑Albrecht Greule: [Rezension zu Bauer 1988]. In: Wolf-Armin von Reitzenstein (Hrsg.) Blätter für oberdeutsche Namenforschung Bd. 26, 1989. Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e. V. München 1989, S. 46.
↑Julius Pokorny, Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, 1. Band, München 1959, S. 806.
↑Harald Bichlmeier/Wolfgang Vorwerk: Zum Gewässer- und Ortsnamen Lohr – bisherige Forschungen und neue Ideen (Bayerisch-österreichische Orts- und Gewässernamen aus indogermanistischer Sicht, Teil 5). In: Wolf-Armin von Reitzenstein (Hrsg.) Blätter für oberdeutsche Namenforschung Bd. 51, 2014. Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e. V. München 2015, S. 15–85.
↑Harald Bichlmeier/Wolfgang Vorwerk, wie oben, S. 29–32.
↑Joseph Schnetz, Das Lar-Problem mit besonderer Berücksichtigung der unterfränkischen Lohrorte am Main, Programm des kgl. Humanistischen Gymnasiums Lohr a. M. für das Schuljahr 1912/13, Würzburg 1913, S. 38–39.
↑Harald Bichlmeier/Wolfgang Vorwerk, wie oben, S. 23–27.