Nicht mehr vorhanden. Vom Kirchengebäude steht nur noch die Ruine
Bei der Kirche Szillen (russischКирха ЖилленаKircha Schillena, der Ort hieß zwischen 1936 und 1946: Schillen) handelt es sich um einen verputzten Backsteinbau, der – nach Einsturz des Gebäudes bis auf den Chorraum 1818 – im Jahre 1819 (der Turm: 1827) wieder aufgebaut wurde. Sie war bis 1945 evangelisches Gotteshaus für die Bewohner des einst ostpreußischenKirchspiels des heute Schilino genannten Ortes in der russischenOblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)).
Das heutige Schilino liegt 15 Kilometer südlich der Kreisstadt Neman(Ragnit) und ist Bahnstation an der derzeit nicht betriebenen Bahnstrecke Tschernjachowsk–Sowetsk(Insterburg–Tilsit). Das Dorf ist Kreuzungspunkt fünf verschiedener Straßen, die es direkt mit Neman (Ragnit),Lunino(Lengwethen, 1938 bis 1946 Hohensalzburg),Nowokolchosnoje(Sandlauken, 1938 bis 1946 Sandfelde),Obrutschewo(Groß Wingsnupönen, 1938 bis 1946 Großwingen),Bolschakowo(Groß Skaisgirren, 1938 bis 1946 Kreuzingen) und Uljanowo(Kraupischken, 1938 bis 1946 Breitenstein) verbinden.
Die Kirchenruine steht innerorts nördlich der Straße 27K-186 nach Luinino.
Kirchengebäude
Eine erste Kirche wurde in Szillen zur Gründung des Kirchspiels im Jahre 1629 errichtet.[1][2] Bei ihr handelte es sich um einen Bau aus Fachwerk, der jedoch 1698 zusammenbrach.
Im Jahre 1701 wurde eine neue Kirche gebaut,[3] aus Feldsteinen und Ziegeln mit einem 44 Meter hohen Turm. Das Gotteshaus hatte einen polygonalen Chorabschluss. Zur Einweihung erschien auch der soeben in Königsberggekrönte preußische König Friedrich I. Davon berichtete eine Inschrift[2] an der Kirche:
„Gott erhalt den ersten König und dies neue Gottes Haus.
Bring er bis zum letzten Tage uns nur Gnad und Segen aus.
Preußens König Friedrich I. hat dies Gotteshaus gebauet.
Dieses ist sein erstes Haus, als man ihn den Ersten schauet.“
Diese Kirche allerdings wurde 1818 durch einen Orkan bis auf den Altarraum zerstört. Ein Jahr später hatte man das Kirchenschiff bereits wieder aufgebaut, der Turm wurde 1827 vollendet.
Die Decke des Innenraumes der Kirche war in der Mitte gewölbt, an den Seiten über den Emporen war sie flach. Altar und Kanzel stammten aus der Zeit um 1720 und wurden 1820 zum Kanzelaltar vereinigt. Beide waren reich verziert. Aus demselben Jahr und derselben Schule stammte der Beichtstuhl. Im Jahre 1832 erhielt die Kirche eine Orgel, die 1910 grundlegend erneuert wurde. Das Geläut bestand aus zwei Glocken.
Die Weltkriege überstand die Kirche unversehrt.[2] Nach 1945 jedoch diente sie als Lagerhalle für Getreide. Den Turmhelm trug man 1965 ab. Aufgrund mangelnder Gebäudepflege setzte ein starker Verfall ein, so dass man das einstige Gotteshaus 1983 bereits nicht mehr als Getreidespeicher nutzen konnte. In demselben Jahr noch brannte das Gebäude aus und das Dach stürzte ein. Heute steht nur noch eine Ruine mit Mauerteilen vom Turm, Schiff und Chor.[4]
Kirchengemeinde
Das Kirchspiel Szillen wurde im Jahre 1629 gegründet[5] und war nach Tilsit und Kraupischken (1938 bis 1946 Breitenstein genannt) das drittälteste Kirchspiel im bis 1945 bestehenden Kirchenkreis Tilsit-Ragnit. Dieser war Teil der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Eigene Pfarrer amtierten an der Kirche Szillen von Anfang an. Das Kirchenpatronat war königlich bzw. staatlich. Im Jahre 1925 gehörten 7.500 Gemeindeglieder zur Pfarrei, die in über 50 Orten, Ortschaften und Wohnplätzen lebten.
Aufgrund von Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung sowie der restriktiven Kirchenpolitik der Sowjetunion kam das kirchliche Leben nach 1945 in Schilino zum Erliegen.
Darüber hinaus werden folgende Kirchenbücher im Staatsarchiv Allenstein aufbewahrt[10]:
Tauf-Register: 1883–1902
Toten-Register: 1800–1893
In der litauischen Akademie-Bibliothek in Wilna befindet sich folgendes Kirchenbuch[11]:
Verzeichnis der Geburten 1850–1935
Literatur
Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777, S. 133–134.
Kühnast: Nachrichten über Grundbesitz, Viehstand, Bevölkerung und öffentliche Abgaben der Ortschaften in Littauen nach amtlichen Quellen. Band 2, Gumbinnen 1863, S. 419–437.
Einzelnachweise
↑Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777, S. 133–134.
↑Friedwald Moeller: Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, Seite 131.
↑Christa Stache: Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil I: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Berlin, 1992³, S. 110.
↑Erwin Spehr: Kirchenbücher und andere Personenstandsunterlagen aus Ost- und Westpreussen in ausserdeutschen Archiven. In: Altpreußische Geschlechterkunde Neue Folge. Band 34 (2004), Seite 308.
↑Lutz F. W. Wenau: Ostpreußische Archivalien in der litauischen Akademie-Bibliothek in Vilnius. In: Quellen, Materialien und Sammlungen zur altpreußischen Familienforschung (QMS) Nr. 10, Hamburg 2004, Selbstverlag des Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen VFFOW