Katharina Gaenssler arbeitet vorwiegend im Medium der Fotografie und verwendet für ihre Werke meist die Techniken der Collage und Montage. In unzähligen Detailaufnahmen fotografiert sie Räume durch eines geschautes Raster unter Verwendung eines Stativs, ein Vorgehen, das Gaenssler als „System räumlicher Abwicklung“[2] bezeichnet. Die Einzelbilder werden dem Raster folgend in einem digitalen Entwurf montiert. Es folgt die Montage der tausenden Einzelbilder im Ausstellungsraum zu multiperspektivischen Fotoinstallationen. Mit dem Abriss temporärer Wandbilder entstehen „Décollagen“[3], die als Fragment verbleiben und oftmals zum Ausgangspunkt einer neuen Arbeit werden. Parallel entwickelt Katharina Gaenssler chronologisch gesetzte Buchobjekte, die als Bildarchive fungieren; die Archivierung selbst bildet einen wichtigen formalen Aspekt in ihrer Arbeit.
„[Ihre] komplexen Kompositionen […] setzen sich über traditionelle Wahrnehmungsmuster hinweg, indem sie über die Wand des Ausstellungsraumes und die Seite des Buches zwei verschiedene und sich ergänzende Formen hervorbringen, die jeweils auf besondere Weise den Raum begreifen. […] Oftmals wiederholt das Wandbild den Ort, an dem es ausgestellt ist und bietet somit eine Simultansicht, in situ, umfassend und monumental; es wirkt physisch auf den Betrachter und zwingt ihn, den Ausstellungsort selbst zu reflektieren.“[4]
Erstmals 2012 ließ sie ihre Einzelfotos nicht auf Papier drucken, um sie später zusammenzuleimen, sondern verwandte sie als Vorlage für einen Wandteppich. Bei ihrem Werk Sixtina 2012 (Gobelin) in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden handelt es sich um eine Tapisserie in den Maßen 680 × 925 cm, der im belgischen Flandern in einer Gobelin-Manufaktur in traditioneller Technik aus Wolle, Baumwolle, Seide und synthetischem Garn gewebt wurde. Er ersetzte für drei Monate die Sixtinische Madonna, bildet aber nicht nur das Gemälde, sondern auch die angrenzenden Bilder und Raumfluchten ab. Die Vorlage für den Gobelin entstand aus über 5750 Fotos von Gaenssler.[5][6]
Mit Sixtina2012 deutete sich bereits eine neue Herangehensweise an, die bestimmend für Gaensslers Werke seit ca. 2018 ist. Das Medium bleibt zwar die Fotografie, das Einzelwerk aber kann neben den montierten Wandbildern nun auch Tapete, Textil, Kleid, Gewebe, Teppich, Vorhang, Wandbespannung oder Siebdruck auf Metall sein. Das Material der Fotografie hängt ganz entscheidend von dem zugrunde gelegten Konzept einer Arbeit ab. Das heißt, der jeweilige Kontext verlangt nach dem angemessenen Material. Weiter werden die komplexen Bildmontagen aus dafür eigens angelegten Bildkonvoluten durch die Verwendung im eigenen Archiv bereits vorhandener und auch fremder Fotografien abgelöst. Oftmals ist auch nur ein einzelnes Bild ausreichend, um eine wandflächenfüllende Montage (z. B. im Rapport) zu entwickeln, so zum Beispiel in den Arbeiten 2205 LL oder 2210 VILLA. Der Arbeitsprozess ist geprägt durch den Dialog. Ein Werk entsteht in Zusammenarbeit mit einer Institution, in Auseinandersetzung mit den spezifischen Produktionsbedingungen und den jeweiligen Kurator oder Auftraggeber. In der Herstellung geht es um Austausch, Kooperation und Verständigung mit Spezialisten und Handwerkern.
2015 Ciné-Bal, permanente Fotoinstallation, Munich Re Art Collection, München[7]
2014 HD (Halle), Fotoinstallation, Ausstellung Prix Découverte, Les Rencontres Arles Photographie, Frankreich[9]
2014 Große Kniende, Fotoinstallation, Ausstellung (Mis)Understanding Photography. Werke und Manifeste, Museum Folkwang, Essen[10]
2014 Katharina Gaenssler: Bücher, Barbara Gross Galerie, München[11]
2014 Raum im Raum, permanente Fotoinstallation, Quivid, Kunst-am-Bau-Programm der Stadt München, Gymnasium Trudering, München
2013 Torso 1 (Herakles – Hm 093), Torso 2 (Rodin – ZV 1737), zwei Fotoinstallationen, Ausstellung de sculptura – Blicke in die Dresdner Skulpturensammlung, Ausstellungskooperation des Salzburg Museum und der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
2012 Fluchträume, Fotoinstallation und Bühne für ein performatives Theaterstück, Maximiliansforum, München
2012 HD (Pferd), Fotoinstallation, Galerie Katharina Bittel, Hamburg
2012 Sixtina 2012 (Guckkasten), Rauminstallation, Ausstellung Déjà-vu? Die Kunst der Wiederholung von Dürer bis YouTube[12], Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
2012 Sixtina 2012 (Gobelin), Fotoinstallation, Sixtina 2012 (Buch), Buchobjekt, Intervention anlässlich der Ausstellung Die Sixtinische Madonna. Raffaels Kultbild wird 500, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden[13][14]
2012 HD (Turm), Fotoinstallation, HD 12.12.2011 – 24.12.2011, Buchobjekt, Ausstellung Rasterfahndung – Das Raster in der Kunst nach 1945, Kunstmuseum Stuttgart
2011/12 reenacting the reenactment, zwei Fotoinstallationen und Bühne für ein performatives Theaterstück, Maximiliansforum, München und Theaterhaus Jena
2003 Projektstipendium der Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung
2003 Aenne-Biermann-Preis für Deutsche Gegenwartsfotografie, Museum für Angewandte Kunst, Gera
2003 Stipendium des Bayerischen Staatsministeriums
2001 Erasmus-/Sokrates-Stipendium, Auslandsaufenthalt in Genua, Italien
Publikationen
Katharina Gaenssler – TXT IMG, Künstlerbuch anlässlich der Ausstellung Ocean of Images – New Photography 2015, Museum of Modern Art, Spector Books, Leipzig 2015, ISBN 978-3-95905-065-4.
Katharina Gaenssler Sixtina MMXII. Michael Hering, Bernhard Maaz (Hrsg.), Edition Minerva, Neu-Isenburg 2012, ISBN 978-3-943964-00-4.
Points of view = Orte der Fotografie. Mit Thomas Lange, Torsten Scheid (Hrsg.), Verlag Kehrer, Heidelberg, Berlin 2012, ISBN 978-3-86828-351-8.
Katharina Gaenssler – Bestandsaufnahme. Jutta Mannes (Hrsg.), Neue Galerie Dachau, Dachau 2010, ISBN 978-3-930941-67-4.
Ephemer. Mit Hans-Michael Koetzle, Markus Stempl, Wolfgang Jean Stock, Salon Verlag, Köln 2010, ISBN 978-3-89770-378-0.
Katharina Gaenssler – Geschichtet. Junge Kunst im Diözesanmuseum Freising, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7954-2404-6.
Katharina Gaenssler – Archiv. Salon Verlag, Köln 2007, ISBN 3-89770-284-3.
↑Katharina Gaenssler: Bestandsaufnahme. Ausst.-Kat. Neue Galerie Dachau, 2010.
↑Quentin Bajac: Introduction. In: Katharina Gaenssler. TXT IMG. Künstlerbuch anlässlich der Ausstellung Ocean of Images – New Photography 2015. Museum of Modern Art, New York, Spector Books, Leipzig 2015, S. 6. (Übersetzung durch Benutzer:JCSNM)
↑Mensger, Ariane, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.: . Kerber, Bielefeld, Germany 2012, ISBN 978-3-86678-676-9.
↑Sarah Bautz: Wir müssen intervenieren!, In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Verlagsbeilage. 27. Mai 2012
↑Bernhard Maaz: Spiel mit dem Sicht- und Unsichtbaren – Katharina Gaenssler Galerie-Gobelin in der Sixtina-Ausstellung verbindet Präsenz und Abwesenheit. In: Dresdener Neueste Nachrichten. 8. August 2012, Kultur, S. 12.
↑Brita Sachs: Gegenwartskunst: Manische Rundumcollage: Die Fotografin Katharina Gaenssler bei Barbara Gross in München. In: FAZ. 13. Mai 2006 (faz.net [abgerufen am 4. Januar 2024]).