Justizanstalt Graz-KarlauDie Justizanstalt Graz-Karlau ist eine österreichische Strafvollzugsanstalt im 5. Grazer Stadtbezirk Gries. Sie ist eine von zwei Justizanstalten im Gemeindegebiet der Stadt Graz in der Steiermark. Mit einer Kapazität von 522 Haftplätzen ist die Justizanstalt die drittgrößte Strafvollzugseinrichtung in Österreich. 2022 begann ein Umbau, dessen erste Phase im März 2023 und dessen 3. und letzte Phase 2025 abgeschlossen soll. Die Zellen werden durch Umbau kleiner, sollen dann nur mehr einfach (statt bisher drei- bis vierfach belegt sein). Die Häftlingszahl war vor dem Umbau 560, für die Arbeiten am Zellentrakt A wurden 93 davon verlagert. Die Kapazität soll um 30 Plätze sinken.[1] KonzeptionGenerell kann die Justizanstalt als Strafvollzugsanstalt Häftlinge mit Freiheitsstrafen von über 18 Monaten Gesamtdauer aufnehmen. Das österreichische Strafvollzugssystem sieht allerdings für die Haftanstalt den Vollzug von mittel- bis langstrafigen Freiheitsstrafen vor. So werden in der ca. 67.500 m² großen, im Volksmund schlicht „Karlau“ genannten Justizanstalt männliche Häftlinge untergebracht, die Haftstrafen von über drei Jahren bis Lebenslang zu verbüßen haben. Weiters werden in dem Gefängnis seit 1987 Inhaftierte des Maßnahmenvollzugs gegen zurechnungsfähige, geistig abnorme Rechtsbrecher (§ 21 Abs. 2 StGB) untergebracht. Derzeit werden 67 männliche Untergebrachte in drei Maßnahmenabteilungen angehalten. Zum Stichtag 1. September 2008 waren in der Justizanstalt Graz-Karlau 533 Häftlinge inhaftiert (davon 456 Strafgefangene). Dies entsprach einer durchschnittlichen Auslastung von 102,11 %. Die Justizanstalt war damit eine der am stärksten ausgelasteten Hafteinrichtungen Österreichs.[2] Den Inhaftierten stand zum 30. August 2007 ein Gesamtstand von 189 Justizwachebeamten gegenüber, was die drittgrößte Anzahl an Wachebeamten in einer Justizanstalt darstellte.[3] SicherungseinrichtungenIn vielen Bereichen verfügt die Justizanstalt Graz-Karlau über restriktivere Sicherheitsstandards als andere österreichische Hafteinrichtungen. Dies ist zum einen auf den Aspekt der Langstrafigkeit zurückzuführen, mit dem die Häftlinge in Graz-Karlau in der Regel konfrontiert sind, zum anderen aber auch auf die besondere Gefährlichkeit, die von diesen Insassen ausgeht. Die nach außenhin sichtbarste Sicherungseinrichtung der Justizanstalt stellt die etwa 1000 Meter lange, stacheldrahtbewehrte und videoüberwachte Außenmauer dar. Innerhalb des Gefängnisses wird die Sicherheit mithilfe von 128 Überwachungskameras, Bewegungsmeldern und einem elektronischen Überwachungssystem gewährleistet. Die Gänge der Justizanstalt, in denen sich auch die Gefangenen während ihrer Freizeit teilweise frei bewegen können, sind in regelmäßigen Abständen durch Gitter abgetrennt. In den Einzelzellen, in welchen die Gefangenen untergebracht sind, sind teilweise Audiomonitoring-Systeme installiert, über die Justizwachebeamte per Ruf den Alarm auslösen können. Zusätzlich gibt es auch doppelt gesperrte Hafträume zur Unterbringung von besonders gefährlichen Insassen.[4] AnstaltsmauerDurch verschiedentlich gestaltete künstlerische Bemalung der hohen aus Betonelementen zwischen Führungssäulen aufgebauten Begrenzungsmauer tritt die Anstalt zumindest seit 2008 ästhetisch in Erscheinung. Während bisher einzelne bis viele der etwa sieben Meter breiten Felder Einzelbilder trugen, wurde am 12. Dezember 2013 eine nur aus schwarzen Punkten aufgebaute durchgehende Bemalung der weiß gefärbelten Nord- und Westfassade eröffnet. Der Grazer Künstler Viktor Kröll erarbeitete Opus Magnum 13 beidhändig und wurde von Helfern sowie Insassen und Leitung der Anstalt unterstützt. Das mit gut 300 m Länge „wahrscheinlich längste Wandbild Österreichs“, so das Institut für Kunst im Öffentlichen Raum, wirkt vor allem auf die zahlreichen Menschen, die hier die Triester Straße passieren.[5] GeschichteErzherzog Karl II. ließ in den Murauen ein Jagdschloss als Sommerresidenz im Renaissancestil erbauen. Das Schloss wurde zuerst „Schloss Dobel“ genannt, jedoch wegen der Namensähnlichkeit mit dem in Tobel befindlichen Jagdschloss „Tobel“, in „Karl-Au“ umbenannt. Unter Kaiser Joseph II. wurde es 1794 zur Unterbringung französischer Kriegsgefangener eingesetzt. 1803 wurde das Schloss Karlau Provinzialstrafhaus für Häftlinge mit Strafen von bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug. Im Jahre 1805 wurde die Stadt Graz von den Franzosen besetzt. Die bis dahin in der Zitadelle und in den Kasematten des Schlossberges verwahrten Schwerverbrecher wurden in das Strafhaus Karlau verlegt. 1820 wurde erstmals ein Zubau in westlicher Richtung an das Schloss angefügt. 1869 bis 1872 wurde ein dreiflügeliges Zellengefängnis errichtet. Die drei Flügel des Zellenhauses laufen in einem Achsenkreuz zusammen, in dessen Schnittpunkt sich ein Zentralturm befindet. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Anstalt zweimal bombardiert, wobei 14 Wachbeamte und 107 Gefangene ums Leben kamen. Im Jahr 1946 unterrichtete der britische chief executioner Albert Pierrepoint in der Strafanstalt Karlau einen österreichischen Henker sowie zwei Gehilfen in der Hinrichtung durch den „langen Fall“ beim Galgen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Hinrichtungen in Österreich durch den „kurzen Fall“ durchgeführt worden, was oft zum qualvollen Erstickungstod der Delinquenten führte. Nach der Unterweisung durch Pierrepoint gestattete das österreichische Justizministerium den Exekutionsbeamten auf Anfrage hin, zukünftig alle Exekutionen mittels des „langen Falles“ durchzuführen. Diese Methode wurde für Hinrichtungen unter britischem Besatzungsrecht verwendet, während bis zur Abschaffung der Todesstrafe in Österreich am 30. Juni 1950 die Todesurteile österreichischer Gerichte weiterhin am Würgegalgen vollzogen wurden. Am 18. November 1991 wurde in der Strafvollzugsanstalt Graz die erste Außenstelle der Österreichischen Justizwachschule eingerichtet. Am 1. November 1993 wurde die ehemals als Strafvollzugsanstalt Graz bezeichnete Anstalt in Justizanstalt Graz-Karlau umgetauft. Sie beherbergte oder beherbergt unter anderem den Serienmörder Jack Unterweger, den Brief- und Rohrbombenattentäter Franz Fuchs, den sechsfachen Mörder Udo Proksch, den mutmaßlichen Serienmörder Wolfgang Ott oder den am Terroranschlag am Flughafen Wien-Schwechat beteiligten Tawfik Ben Ahmed Chaovali. Ende des Jahres 2020 kündigte das Justizministerium an, dass die Haftanstalt in den darauffolgenden Jahren generalsaniert werde. Die geplanten Sanierungskosten von 25,98 Millionen Euro sollten in eine Generalsanierung von Räumlichkeiten und Einrichtungen sowie die technische Modernisierung von Elektro-, Heizungs-, Belüftungs- und Sanitärinstallationen sowie Brandschutzeinrichtungen und Sicherheitstechnik fließen.[6] Besondere Ereignisse
OrganisationAußenstelle Maria LankowitzZur Durchführung des gelockerten Strafvollzugs steht der Justizanstalt Graz-Karlau eine Außenstelle in Maria Lankowitz (40 km westlich) mit insgesamt 52 Haftplätzen in Wohngruppen zur Verfügung. Ziel dieses Vollzugs ist die Erhaltung der bereits vorhandenen Fähigkeiten zur Bewältigung des Lebensalltags bzw. das Erlernen dieser. In der Anstaltsgärtnerei wird Saisongemüse für den Eigenbedarf produziert. Eine der ältesten Biogasanlagen Österreichs versorgt Lankowitz mit Methangas, mit welchem ein Großteil des thermischen Energiebedarfs der Außenstelle gedeckt wird. Justizminister Dieter Böhmdorfer plante 2003 einige Außenstellen der Justizanstalten zu schließen, darunter auch Maria Lankowitz[15], die Pläne wurden aber nicht umgesetzt.[16] FreigängerhausIn Hinblick auf den gelockerten Strafvollzug steht der JA Graz-Karlau ein der Anstalt vorgelagertes Freigängerhaus mit einer Belagsfähigkeit für 20 Insassen zur Verfügung. Auf insgesamt drei Etagen sind Wohneinheiten vorhanden; so gibt es sechs Einzelzimmer, sieben Zweibettzimmer und drei große Aufenthaltsräume. Alle im Freigängerhaus einquartierten Gefangenen arbeiten bei Privatfirmen außerhalb der Anstalt. Formen der HaftIn den Unterkünften, bestehend aus 260 Einzel- und Gemeinschaftshafträumen, können 470 Insassen untergebracht werden. Die Arten der Vollzugsformen reichen vom Normalvollzug mit Sicherheitsabstufungen, über den Maßnahmenvollzug an geistig abnormen Rechtsbrechern, an Strafgefangenen, die sich wegen psychischer Besonderheiten nicht für den allgemeinen Strafvollzug eignen, den Erstvollzug, den gelockerten Strafvollzug bis letztlich den Entlassungsvollzug. Bildungs- und ArbeitsmöglichkeitenDie Justizanstalt Graz-Karlau führt eine eigene Berufsschule mit zehn Lehrern. Insassen können in neun Lehrberufen ausgebildet werden: Kfz-Mechaniker, Metallbearbeitungstechniker, Tischler, Schuhmacher, Elektriker, Installateur, Koch/Restaurantfachmann, Maurer und Maler/Anstreicher. Rund 85 % der Häftlinge haben die Möglichkeit zur Arbeit in den anstaltseigenen Betrieben wie Anstalts- oder Beamtenküche, Bäckerei, Baubetrieb, Bibliothek, EDV-Betrieb, Buchbinderei, Elektro- oder Kfz-Werkstätte, Fleischerei, Gärtnerei, Kunst- oder Installationsbetrieb, Malerei, Schlosserei, Schuhmacherei, Wäscherei oder in einer der vier Unternehmerbetriebe. WeblinksCommons: Justizanstalt Graz-Karlau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Koordinaten: 47° 3′ 15,5″ N, 15° 25′ 46,8″ O |