Josef Esser (Rechtswissenschaftler)

Josef Esser (* 12. März 1910 in Schwanheim am Main, heute Teil von Frankfurt am Main; † 21. Juli 1999 in Tübingen) war ein deutscher Rechtswissenschaftler.

Leben

Josef Esser legte 1928 das Abitur in Frankfurt ab und studierte Rechtswissenschaften in Lausanne, Paris und Frankfurt am Main.[1] Nach dem Staatsexamen war Esser von 1936 bis 1940 als Stadtsyndikus in Mönchengladbach tätig. 1935 wurde er mit einer Arbeit über Zivilrecht (Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen. Kritisches zur Technik der Gesetzgebung und zur bisherigen Dogmatik des Privatrechts) promoviert, Gutachter war Ernst von Hippel. Esser habilitierte sich 1940 über Grundlagen und Entwicklung der Gefährdungshaftung,[2] ebenfalls bei Hippel.

Esser lehrte an den Universitäten Greifswald (1941 bis 1943),[3] Innsbruck (1943 bis 1949) und Mainz (1949 bis 1961) und wirkte als Leiter der Rechtsabteilung der Internationalen Atomenergiebehörde, bevor er 1961 einen Ruf an die Universität Tübingen annahm. Hier lehrte er bis zu seiner im Jahr 1977 erfolgten Emeritierung, Rufe nach Wien, Bonn, Freiburg und Konstanz lehnte er ab. 1973 wurde er als ordentliches Mitglied in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften aufgenommen.[4] Die Universitäten Gent (1969) und Löwen (1976) haben ihm die Ehrendoktorwürde verliehen.[5]

Sein bekanntestes Werk ist ein Lehrbuch des Schuldrechts, das etliche Auflagen erlebte und von seinen Schülern fortgeführt wurde. Essers Forschungsschwerpunkte waren das Allgemeine Schuldrecht, die Methodenlehre und die Rechtsvergleichung. Seine Bedeutung wurde durch seine methodischen und rechtstheoretischen Arbeiten begründet, wie Grundsatz und Norm in der richterlichen Rechtsfortbildung (1956) und Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung (1970), die auch international Beachtung fanden.[6]

Esser war ab 1933 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer: 2.398.843).[7]

Literatur

  • Hans-Peter Haferkamp: Lebensbezüge in der Zivilrechtsdogmatik des 19. und 20. Jahrhunderts, in: Spomenica Valtazara Bogišića (Gedächtnisschrift für Valtazar Bogišića), Band 1, Belgrad 2011, S. 301–313 (311 ff.).
  • Johannes Köndgen: Josef Esser – Grenzgänger zwischen Dogmatik und Methodologie. In: Stefan Grundmann, Karl Riesenhuber (Hrsg.): Deutschsprachige Zivilrechtslehrer des 20. Jahrhunderts in Berichten ihrer Schüler (2007). Band 1, de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 9783899494563, S. 103ff Google Bücher
  • Johannes Köndgen: Josef Esser: Methodologe zwischen Theorie und Praxis. In: JuristenZeitung 2001, S. 807–813.
  • Hans-Jürgen Meyer: Hermeneutik und Rechtswissenschaft: Hans-Georg Gadamer und Josef Esser. In: Rechtsphilosophie – Zeitschrift für Grundlagen des Rechts (RphZ) 2020, S. 59–71.
  • Eduard Picker: Josef Esser (1910–1999). In: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für 1999, Heidelberg 2000, S. 171f.
  • Stefan Vogel: Josef Esser – Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis. wvb, Wiss. Verl., Berlin 2009, ISBN 978-3-86573-485-3, zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2008.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Münzberg: Seine Bücher gelten noch. In: Schwäbisches Tagblatt, 12. März 1990.
  2. So Wolfgang Münzberg: Seine Bücher gelten noch. In: Schwäbisches Tagblatt, 12. März 1990, und Wolfgang Zöllner, Nachruf (siehe unter Weblinks). Nach Johannes Köndgen (Grenzgänger, siehe unter Literatur, S. 104, Fn. 3) ist jedoch in den Akten der Universität Frankfurt die überarbeitete Promotionsschrift als Habilitationsschrift verzeichnet.
  3. Erich Molitor: Die Greifswalder Juristenfakultät. In: Festschrift zur 500-Jahrfeier der Universität Greifswald. Band 2. Greifswald 1956, S. 17.
  4. Mitglieder der HAdW seit ihrer Gründung 1909. Josef Esser. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 12. Juli 2016.
  5. Gutenberg Biographics: Josef Esser
  6. Ausgaben in spanischer und italienischer Sprache: Principio y norma en la elaboración jurisprudencial del Derecho privado (Bosch, 1961), Precomprensione e scelta del metodo nel processo di individuazione del diritto (Edizioni Scientifiche Italiane, 1983).
  7. Verzeichnis der Professorinnen und Professoren der Universität Mainz 1477-1973. In: Universität Mainz. Universität Mainz, abgerufen am 20. September 2024.