Jesse Ramsden wurde als erstes Kind von Thomas Ramsden und seiner Frau Abigail, geb. Flather, am 6. Oktober[2] 1735 in Salterhebble geboren, heute einem Stadtteil von Halifax. Auf Drängen seines Vaters machte er zunächst eine Lehre als Tuchmacher. 1755 ging er nach London und arbeitete dort zunächst im erlernten Beruf, folgte aber schon bald seiner Neigung und begann eine Kupferstecherlehre bei Mr. Burton, einem angesehenen Hersteller mathematischer Instrumente. Schon 1763 machte er sich selbständig mit einem Geschäft am Strand in Westminster, wo die Instrumentenbauer nicht den rigiden Zunftregeln der City of London unterlagen. 1766 heiratete er Sarah Dollond, die jüngste Tochter des renommierten Optikers John Dollond, der ihm als Mitgift einen hälftigen Anteil an seinem Patent für achromatischeTeleskope gegeben haben soll. Bald danach zogen die Familie und das Geschäft zum Haymarket, wo die Kinder[3] geboren wurden, die anscheinend früh verstorben sind. Nur der Sohn John wurde später Kapitän der East India Company.
1773 verlegte Ramsden sein Geschäft und die Wohnung in größere Räume in Piccadilly neben St James’s Church, wo er bis zu seinem Tod mit bis zu 60 Mitarbeitern tätig war. Sarah zog vor 1786 wieder in das Haus ihres Vaters in Haymarket.
Ramsden starb am 5. November 1800 in Brighton, wo er seine nachlassende Gesundheit kurieren wollte.
Instrumentenbau
In seinen Anfangsjahren war Ramsden wohl auch als Subunternehmer für seinen Schwiegervater John Dollond und die Werkstätten der Instrumentenbauer Jonathan Sisson, George Adams senior, John Bird und Edward Nairne tätig. Bei der Reparatur von Hadley-Sextanten, die in der Navy verbreitet waren, entwickelte er einen guten Blick für die Schwächen und Mängel von Instrumenten, insbesondere aber für Verbesserungsmöglichkeiten.[4] Er war stets bemüht, das beste und genaueste Gerät zu bauen, auch wenn dies bedeutete, halbfertige Teile zu verwerfen und gemäß seinen letzten Ideen neu zu fertigen. Die damit verbundenen ständigen Terminüberschreitungen wurden von seinen Kunden hingenommen, die sich zwar beklagten, aber keine Alternative sahen.
Er erkannte schnell, dass die Qualität der Instrumente vor allem von der Präzision abhängt, mit der die Teilstriche der Skalen auf den Teilkreisen angebracht werden. Er entwickelte daher eine präzise Kreisteilungsmaschine, die er mehrfach verbesserte.[5] Für die zweite, 1774 gebaute Version erhielt er einen Preis vom Board of Longitude. Seine Beschreibung Description of an engine for dividing mathematical instruments (London 1777) wurde in ganz Europa gelesen. Eine von ihm gebaute Längsteilungsmaschine war die logische Ergänzung. Seine Description of an engine for dividing straight lines on mathematical instruments wurde 1779 vom Board of Longitude veröffentlicht.
Ramsden baute zwischen 1760 und 1800 rund 1450 Sextanten, neben zahlreichen anderen Instrumenten wie Winkelmesser,[6] zur Höhenmessung eingesetzte Barometer, Fernrohre,[7]Manometer zur Bestimmung des Luftdrucks, Entfernungsmesser, Präzisionswaagen, Libellen, Micrometer, von ihm als Pyrometer bezeichnete Geräte zur mikroskopischen Bestimmung der temperaturbedingten Ausdehnung von Gegenständen wie Messstangen und verschiedene elektrische Geräte. Sein Ramsden-Okular vereinigt weitgehende Farbreinheit mit der Eignung für ein Fadenkreuzokular.
Giuseppe Piazzi: XLV. Account of the Life and Labours of the late Mr. Ramsden, in a Letter from Professor Piazzi, of Palermo, to M. De Lalande. In: Alexander Tilloch (Hrsg.): Philosophical Magazine. Band16. London 1803, S.253–262 (Volltext in der Google-Buchsuche).[11]
Anita McConnell: Jesse Ramsden (1735–1800). Londons leading scientific instrument maker. 2. Aufl., Routledge, Milton Park/New York 2016, ISBN 978-1-351-92536-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
Ralf Kern: Wissenschaftliche Instrumente in ihrer Zeit. Walther König, Köln 2010, ISBN 978-3-86560-772-0.
Kai Budde: Astronomische Präzisionsinstrumente von Jesse Ramsden in der astronomischen Sammlung des TECHNOSEUM Mannheim. In: KULTEC – Magazin für Technik, Kultur und Museumsarbeit (2021), Heft 1, S. 22–45.
↑Die Zahl der Kinder wird zwischen vier und sieben angegeben
↑Ramsden publizierte 1775: Description and Method of adjusting the Improved Hadley's Sextant, made and sold by J. Ramsden, Mathematical, Optical and Philosophical Instrument Maker, next St James's Church, in Piccadilly, London.
↑Das geringfügig geänderte französische Original des Schreibens von Giuseppe Piazzi erschien in Journal des sçavans, Nov. 1788, S. 744–752 (Digitalisat auf Gallica)