Hexenprozesse von LindheimDie Hexenprozesse von Lindheim waren insbesondere drei derartige Verfahren, die unter dem Oberschultheißen (Amtmann) Georg Ludwig Geis Anfang der 1660er Jahre stattfanden. QuellenlageDie Quellenlage zu diesen drei Hexenprozessen ist vielschichtig, aber vor allem dank der Arbeit des Historikers Karl Ernst Demandt relativ gut erforscht. Hinsichtlich der Quellen sind aber einige Einschränkungen zu beachten:
VorgeschichteDie Ganerbschaft Lindheim bestand ausschließlich aus dem Dorf Lindheim, heute ein Ortsteil der Gemeinde Altenstadt im Wetteraukreis in Hessen. Deren Besitzer, die Ganerben[Anm. 2], lebten weitab und die einzige Obrigkeit vor Ort war der „Oberschultheiß“ genannte Amtmann. Bereits 1598 hatte es in Lindheim einen Hexenprozess gegeben, bei dem die Angeklagte vermutlich – es gibt dazu nur indirekte Anhaltspunkte – hingerichtet wurde. Anschließend gibt es über sechs Jahrzehnte keinen Hinweis auf weitere derartige Verfahren in Lindheim.[4] Der Ort befand sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in einem desolaten Zustand, die Bevölkerung war drastisch dezimiert und demoralisiert, die Infrastruktur zerstört und die Anteilseigner der Ganerbschaft verlangten hohe Abgaben. Der Amtmann, Augustin Huber, scheiterte 1661 an dem herrschenden Chaos. Schon 1657 hatten die Ganerben eine Polizeiordnung für Lindheim erlassen, deren zweites Kapitel „Teufelsbeschwörung, Zauberei, Teufelsbeschwören und Wahrsagen“ behandelt.[5] Prozesse1661 fand eine Hexenverfolgung gegen einige Kinder statt, die für diese allerdings glimpflich ausging.[6] Das Phänomen war also virulent. In dieser Situation trat Georg Ludwig Geis im Frühjahr 1663 – er war zuvor im Amt Ortenberg Amtmann gewesen – die Stelle des Oberschultheißen in Lindheim an. Bereits im August 1663 berichtete er an die Ganerben, dass er mit gutem Erfolg gegen sechs Personen einen Hexenprozess eingeleitet habe. Insgesamt sollten es drei Prozesse werden:
Da in den Verfahren auch auf die Vermögen der Betroffenen und der Familien zugegriffen wurde, bereicherten sich Georg Ludwig Geis, seine Helfer und die Ganerben in diesen Prozessen.[11] 1200 Taler Bargeld wurden den Beschuldigten und ihren Familien abgenommen, darüber hinaus Sachwerte in großem Umfang.[12] Georg Ludwig Geis leitete die Folter der Beschuldigten – zumindest zum Teil – persönlich und ging mit großer Brutalität und Vehemenz vor.[13] Die Opfer sind namentlich bekannt.[14] Die Verfolgungswelle führte dazu, dass ein Teil der Dorfbevölkerung floh. „Lindheim war wirtschaftlich und moralisch ruiniert“[15], was selbstverständlich den Wert der Ganerbschaft für deren Besitzer erheblich minderte. Außerdem drohte die Prozesswelle ins benachbarte „Ausland“, insbesondere die Burggrafschaft Friedberg überzuschwappen. Es soll in ganz Lindheim zum Schluss nur noch vier Personen gegeben haben, die nicht der Hexerei bezichtigt wurden. Letztendlich setzte sich sowohl der von der Ganerbschaft entsandte Vertreter, Georg Moritz von Grünroth, als auch der Burggraf von Friedberg, Wolfgang Adolf von Carben, bei den Ganerben dafür ein, Georg Ludwig Geis seines Amtes zu entheben. Angesichts der hoffnungslosen Lage in Lindheim geschah das auch.[16] Zwei besonders betroffene Familien strengten Entschädigungs-Prozesse gegen die Ganerbschaft vor dem Reichskammergericht an, was jedoch im Sande verlief.[17] GedenkenIn Lindheim steht als einer der Reste der Ganerben-Burg der sogenannte „Hexenturm“, der während der Prozesse als Gefängnis und Folterstätte diente.[18] Eine Plakette am Turm erinnert an die Opfer.[19] Literatur
Anmerkungen
Einzelnachweise
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