Hermann Gesing wurde als Sohn des Bergmanns Hermann Gesing (1880–1956) und seiner Frau Elisabeth Böning († 1968) in Herne geboren[1] und am 13. April 1913 in der Herz-Jesu-Kirche (Herne-Süd) getauft.[2] Von 1919 bis 1927 besuchte er die Volksschule Herne. Von 1931 bis 1932 war er arbeitslos, bis er 1932 bei der Herner Firma Goos eine Lehre zum Anstreicher und Maler begann. Die Gesellenprüfung schloss er im Juli 1935 mit dem Ergebnis „Gut“ ab.[3] Von 1932 (nach anderer Quelle 1935[3]) bis 1936 besuchte er die Dortmunder Werkkunstschule und studierte Zeichnen und Malerei bei Walter Herricht, unternahm im Sommer 1937 eine einmonatige Studienreise in die Schweiz,[3] um anschließend bis 1940 an der Folkwang-Schule[4] bei Josef Urbach in Malerei und Joseph Enseling in Bildhauerei seine Ausbildung zum Bühnenbildner zu vollenden. Bis Kriegsbeginn war Gesing Theatermaler an den Essener Bühnen.[1]
Von 1937 bis 1938 war Gesing Mitglied im nationalsozialistischen Studentenbund (NSDSTB) und drei Jahre bei der DAF. Der NSDAP gehörte er nicht an.[3][5] 1939 wurde er zum Kanonier ausgebildet und durchlief von 1940 bis 1945 mehrere Dienstgrade in seiner Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg.[1] Zum Kriegsende 1945 war er als Leutnant, FührerreserveOKH OST in Itzehoe und wurde von April bis Juli 1945 im Offiziersgefangenenlager in Büsum interniert. Mitte Juni 1949 wurde seine Entnazifizierung nach Kategorie 5 festgestellt.[3]
Nach Kriegsende führten Hermann Gesing zahlreiche Studienfahrten nach Italien und Frankreich. Ende der 1940er Jahre etablierte er sich als freier Maler, zusammen mit seinem jüngeren Bruder Jupp Gesing. Die dabei entstanden Bildnisse in verschiedensten Ausführungen, Materialien und Techniken zeigen ein Bild der Stadt Herne als der „Goldenen Stadt im Westen“. Er hielt Herne und seine Umgebung in Landschaftsbildern und Stadtansichten fest. 1946 wurde er zusammen mit seinem Bruder Jupp Gründungsmitglied der 1. Herner Künstlergruppe. Zugleich betrieb er in der ersten Hälfte der 1950er Jahre ein offenes Atelier zur Weiterbildung junger Herner Künstler, das so genannten „Herner-Mal-Studio“, das bis 1954 bestand.[6] Hier entstanden auch Arbeiten im Terrazzo und Mosaik für öffentliche Auftraggeber.[1]
Ab 1959 arbeitete Gesing vor allem als Bildhauer, zunächst mit Reliefs, später mit Skulpturen im freien Raum. Dabei spielte die erst in den 1955/58 Jahren für die Kunst entdeckte Arbeit mit kalt härtbarem Kunstharz (Polyester) eine bedeutende Rolle.[7] Als erster hiesiger Künstler experimentierte er mit dem neuen Werkstoff, veränderte mit Unterstützung eines Chemikers die Härte, Farbe und Oberflächenbeschaffenheit.[8] Im Laufe seines Schaffens löste er sich zunehmend vom Gegenständlichen hin zu abstrahierten und abstrakten Objekten.[9] Bis zu seinem Tode war er als freischaffender Künstler tätig.
Daneben war er von 1969 bis 1980 als Kunsterzieher am Bochumer Lessing-Gymnasium angestellt.[1] Hermann Gesing war mit Johanne Gertrud Dünwald (1920–2018) verheiratet. Das Paar hatte zwei Töchter.
Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl)
Von Gesings zahlreichen Arbeiten für die Gestaltung von Kirchen und Kunst am Bau im öffentlichen Raum sind viele nicht mehr auffindbar oder durch den Abriss von Gebäuden zerstört worden. Zu den noch erhaltenen zählen unter anderem:
1954: Zehn Stadtwappensteine aus Kunststein, von denen zwei Exemplare erhalten sind[10][11]
1960: Die Sonne und Fröhliche Kinder, 2 Glasmosaike, Haranni-Gymnasium Herne
1960/61: Vier Glasfenster, St. Nikolaus, Geeste-Groß Hesepe
1961: Mosaikgruppe Kreuzigung im neuen Choranbau, St. Nikolaus, Geeste-Groß Hesepe
1964: Halbrelief Heilige Elisabeth, aus Polyester an der kath. Kirche St. Elisabeth Brunnenstraße, Herne
1963: Kreuzweg, 14 Stationsbildnisse, St. Joseph, Herne-Horsthausen
1966: Relief Schutzmantel-Madonna, ursprünglich an der Fassade, später im oberen Bereich eines Treppenturmes neben dem Eingang der Klinik montiert, Marienhospital Herne[16]
1967: Rad des Lebens, Vierzehnheiligen Kirche, Bochum-Weitmar, 2014 abgerissen[15]
Ausstellungen (Auswahl)
1949: Herbstausstellung der Gruppe Herner Künstler im Wirtschaftsamt (Altes Amtsgericht)[17]
1950–1954: Herbstausstellung, Studio Gesing, Herne
1955: Stadtarchiv Herne
1965: Heimathaus am Schloss Strünkede (heute: Städtische Galerie im Schlosspark Strünkede)
Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Texte von Heide Amthor-Zeppenfeld, Manfred Bourée, Vera von Dalwigk, Alexander von Knorre, Franz Große-Perdekamp. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998, Ausstellungskatalog, 68 Seiten, ohne Seitenzahlen
↑ abStadt Herne (Hrsg.): Zeichnungen und Arbeiten auf Papier: Bestandskatalog 2. 1995–2003. Das Emschertal-Museum, Bd. 77, S. 35
↑Fragebogen des Military Government of Germany, Bestand 317 Entnazifizierung A9.7(G), Signatur 4/317-A9.71, Stadtarchiv Herne
↑Alexander von Knorre: Künstlergruppen in Herne und Wanne-Eickel. In: Gesellschaft für Heimatkunde Wanne-Eickel e.V. (Hrsg.): Sammler, Künstler und Autoren – Kulturgeschichtliche Streifzüge durch Wanne-Eickel und Herne. Der Emscherbrücher 2003/2004, Band 12, Herne 2003, ISBN 3-936452-08-3, S. 49ff.
↑Alexander von Knorre: Zur Kunst von Hermann Gesing. In: Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998
↑Heide Amthor-Zeppenfeld: Hermann Gesing feiert seinen 70. Geburtstag mit einer „Retrospektive“. In: Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998. Erstveröffentlicht in WAZ vom 18. April 1983
↑Manfred Bourée: Hermann Gesing. In: Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998. Erstveröffentlicht in Großer Kultur- und Freizeitführer Ruhrgebiet. Band 9, 1985, S. 27
↑Wolfgang Bruch: 100 Jahre Katholische Kirchengemeinde Herz Jesu. Schürmann + Klagges Verlag, Bochum 2006, S. 43–52. In: Herne von damals bis heute. Digitales Geschichtsbuch für Herne und Wanne-Eickel: Herz-Jesu-Gemeinde Herne 1949 bis 1969. Abgerufen am 13. Oktober 2022
↑halloherne.de: Hundert Objekte vom 27. April 2014. Abgerufen am 13. Oktober 2022
↑100 Objekte Herne: Ein Kunst- und Kulturhistorischer Führer durch die Stadt. Texte von Alexander von Knorre, Bilder von Wolfgang Quickels; JournalistenBüro Herne 2009, ISBN 978-3-9813266-0-4, S. 75.
↑ abWandbilder, Skulpturen und Mosaike im öffentlichen Raum. In: Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998
↑100 Objekte Herne: Ein Kunst- und Kulturhistorischer Führer durch die Stadt. Texte von Alexander von Knorre, Bilder von Wolfgang Quickels; JournalistenBüro Herne 2009, ISBN 978-3-9813266-0-4, S. 71.
↑Gerhard Graulich: Die Entwicklung des städtischen Kunstbesitzes von Herne und Wanne-Eickel nach 1945. In: Stadt Herne (Hrsg.): 60 Jahre Emschertal-Museum. 1926 bis 1986.
↑1995. Erinnerungsausstellung. In: Chronik des Herner Künstlerbundes 90 e.V. Abgerufen am 14. Oktober 2022
↑ abAusstellungen. In: Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998
↑Wolfgang Becker: Grußwort. In: Hermann Gesing – Malerei und Plastik 1913–1997. Stadt Herne, Emschertal-Museum Herne (Hrsg.), 1998
↑Herne in der Kunst – Kunst in Herne. Stadt Herne (Hrsg.), Das Emschertal-Museum Band 60, S. 24, 30, 37, 39, 51