Herbsttage BlindenmarktDie Herbsttage Blindenmarkt wurden 1990 von Intendant Michael Garschall gegründet und sind ein Operettenfestival im Mostviertel in Niederösterreich. Das Festival findet jährlich im Herbst statt und verzeichnet bisher insgesamt 30 Operetten-Eigenproduktionen (Strauss, Offenbach, Lehár …) sowie Operetten- und Opernrevuen, Schauspiel-Eigenproduktionen („Familienstücke“), Konzerte wie Sonntagsmatineen und das „Konzert für alle“ am österreichischen Nationalfeiertag bei freiem Eintritt sowie die Mini-Herbsttage für das jüngste Publikum. In den letzten 35 Jahren wurden über 320.000 Besucher verzeichnet. Operetten-AufführungenDen Hauptteil des Programms macht die jährliche Operettenproduktion aus. In den ersten zwei Jahren wurden jedoch „Gala-Abende“ veranstaltet. Bei diesen waren Nummern von Opern und Operetten zu hören. Seit dem Jahr 1992 zeigen die "Herbsttage" in der zum Theaterraum umfunktionierten Turnhalle der Mittelschule Blindenmarkt eine ganze Operette. War die erste Produktion Lehárs "Lustiger Witwe" gewidmet, reicht der Bogen inzwischen von Strauss’ "Wiener Blut", über Zellers "Vogelhändler" und Ziehrers „Die Landstreicher“ bis zu Benatzkys „Im weißen Rößl“, der erfolgreichen Jubiläums-Produktion zum 25-jährigen Bestehen im Jahr 2014, sowie Franz von Suppés „Boccaccio“ anlässlich der Eröffnung der neuen Spielstätte „Ybbsfeldhalle“ im Oktober 2016. Zum 30-jährigen Jubiläum wurde 2019 Strauss` „Fledermaus“ neu aufgenommen, und 2024 wurde zum 35-jährigen Bestehen des Festivals Fred Raymonds „Maske in Blau“ auf die Bühne gebracht.
Neuinterpretation als ErfolgsrezeptBei den „Herbsttage Blindenmarkt“ wird moderne Operetten-Ästhetik, aber ohne Verfremdung des Genres, mit arrivierten Künstlern und Nachwuchssängern und -Musikern umgesetzt. Operettenfachmann und Dirigent Kurt Dlouhy sorgte von Beginn an für die musikalische Leitung sowie die Orchester- und Choreinstudierung. Zu seinem 75. Geburtstag übernahm er 2024 zum letzten Mal die musikalische Leitung und das Dirigat bei Raymonds „Maske in Blau“. Sein Nachfolger, Dirigent und Chorleiter Thomas Böttcher, hatte bisher das Co-Dirigat und die Studioleitung inne. Kurt Dlouhy wird weiterhin für die Choreinstudierung verantwortlich sein.[1] Der Wechsel unterschiedlicher Regisseure verhindert einen künstlerischen Stillstand und sorgt jedes Jahr für neue Impulse. Isabella Gregor und Gernot Kranner trugen wesentlich zu den Erfolgen bei. KS Daniela Fally 2021[2] und Tenor Andreas Sauerzapf 2023[3] feierten ihr Regiedebüt bei den Herbsttagen. Die Solistenrollen werden von professionell ausgebildeten Sängern gesungen und gespielt. Auf der Bühne unterstützt werden diese von der Tänzer, dem Herbsttage-Studio, dem Herbsttage-Chor und dem Kammerorchester Ybbsfeld. Operetten-Symposium zum 15erZum 15-jährigen Bestehen der „Herbsttage“ fand ein prominent besetztes Symposium zum Thema "Operette heute" statt, das internationales Echo hatte. An der Tagung nahmen Experten wie Manfred Wagner (Uni Wien), Mathias Spohr (Zürich), Robert Herzl, Uwe Theimer, KS Adele Haas sowie Anton Mayer und Michael Blees (ORF-Kultur) teil. Sprungbrett für junge KünstlerDarüber hinaus haben sich die Herbsttage Blindenmarkt zu einem Sprungbrett für Nachwuchstalente entwickelt. So sang die Schauspielerin Ursula Strauss hier einst im Festspielchor, die heute gefragten Wagner-Interpreten Norbert Ernst und Andreas Schagerl standen in verschiedenen Produktionen auf der Bühne, Patricia Nolz feierte ihr Rollendebüt als „Prinz Orlofsky“ in Strauss‘ „Fledermaus“ 2019, bevor sie dem Ensemble der Wiener Staatsoper beitrat[4]. Weitere namenhafte Künstler, für die die Herbsttage ein Sprungbrett für ihre weitere Karriere waren: Anja Mittermüller, Clemens Unterreiner, Thomas Weinhappel. 2022 wurde von Intendant Michael Garschall das Operettenstudio initiiert, um jungen Theaterinteressierte zwischen 15 und 20 Jahren im Zuge eines Stipendiums die Möglichkeit zu geben, Theaterluft zu schnuppern und Erfahrungen im Bereich Gesang, Schauspiel und Tanz zu sammeln.[5] Mariella Hofbauer ergriff die Initiative und zwei Jahre später stand sie bereits in der Hauptrolle „Juliska“ in Raymonds „Maske in Blau“ auf der Bühne.[6] Mitwirkung der ProminenzZu den prominenten Künstlern, die bei den „Herbsttagen“ mitwirkten, zählen Klaus Maria Brandauer, Dana Gillespie, Michael Heltau, Heinz Zuber, Peter Rapp, Heilwig Pfanzelter, Isabel Weicken, Daniela Fally, Gabriele Schuchter, Susanna Hirschler, Stefano Bernardin, Dany Sigel und Elisabeth Engstler. Orchester und FestspielchorDas Orchester der Herbsttage Blindenmarkt setzt sich immer aus verschiedenen Musikern zusammen. Bis 2010 spielte das „Orchester der Herbsttage Blindenmarkt“, danach das „Operettenorchester der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz“ bis 2011. Von 2012 bis 2015 spielte das „Kammerorchester der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz“ und seit 2016 das „Kammerorchester Ybbsfeld“. Der Chor der Herbsttage Blindenmarkt besteht aus Personen aus Blindenmarkt und der Umgebung. Die Einbeziehung und das Mitwirken der Bevölkerung machen den Erfolg der Herbsttage aus. Einige kleinere Solistenrollen werden auch von Laiendarstellern gespielt. Ein Beispiel hierfür wäre Willi Narowetz, er ist ein Gründungsmitglied der „Herbsttage“, Obmann des „Vereins zur Durchführung der Herbsttage Blindenmarkt“, Publikumsliebling und mittlerweile zu einem Profi avanciert. Publikum, Auslastung70 Prozent der Besucher kommen aus der Region, 30 Prozent aus den benachbarten Bundesländern Wien und Oberösterreich. Die Auslastung des Festivals liegt bei 100 Prozent. Die Herbsttage Blindenmarkt verzeichnen rund 13.000 bis 14.000 Besucher pro Saison.[7] Neue Spielstätte ab 2016Die Festspiele fanden bis zur Saison 2016 in der Turnhalle der Musikmittelschule Blindenmarkt statt. Diese wurde jedes Jahr zum Theaterraum umfunktioniert und fasste ca. 400 Personen. Mit der Eröffnung der neuen Ybbsfeldhalle im Oktober 2016 wurde ein vielseitiger Bau mit zeitgemäßen Anforderungen und komfortablen Voraussetzungen für den Gast fertiggestellt. Die Baukosten betrugen 4,8 Mio. Euro, davon wurden 500.000 Euro (außerhalb des Produktionsbudgets) durch Sponsoren und Förderer der Herbsttage Blindenmarkt gedeckt. Der multifunktionale Sportsaal der Musikmittelschule Blindenmarkt kann nun in einen Zuschauerraum verwandelt werden. Dieser besteht aus Parkett, Tribüne und Galerie. Dadurch hat sich die Sitzplatz-Kapazität von 400 auf 550 Sitze erhöht. Das angebaute Bühnenhaus dient der Musikmittelschule als Konzert- und Probenraum. Außerdem verfügt der Zuschauerraum über eine neue Bestuhlung, die den Sitzkomfort für die Besucher erheblich erhöht. Weiters wurde ein Orchestergraben gebaut, der dem Publikum ein neues Hörerlebnis bietet. Diente bisher als Empfangs- und Pausenraum ein Zelt, wird dieses nun durch ein zugebautes Foyer ersetzt.[8] VermittlungsprogrammeNeben der jährlichen Operettenproduktion gehören bei den Herbsttagen Blindenmarkt seit einigen Jahren auch verschiedene Vermittlungsprojekte zum Programm. FamilienproduktionenDas größte dieser Vermittlungsprojekte ist die zur Operette laufende Familienproduktion (ab 5 Jahren und Erwachsene) – von Musicalproduktionen, über Familienfassungen von den zeitgleichen Operettenproduktionen, zu Theaterstücken mit Musik. Ab 2019 fanden die Eigenproduktionen unter Regisseur Christoph Sommersguter auch außerhalb Blindenmarkts großen Anklang. „Pippi Langstrumpf“ 2019/2020 und „Emil und die Detektive“ spielten im Anschluss an die Aufführungen in Blindenmarkt auch als Gastspiel an anderen österreichischen Spielstätten, wie dem Wiener Theater Akzent[9][10] und dem burgenländischen Kulturzentrum Mattersburg.[11] Bei den 35. Herbsttagen 2024 war Shlomit Butbul in der Hauptrolle der „Frau Holle“ zu sehen. Die Produktion wird im Jänner 2025 im Theater Akzent gespielt.[12] Nicht nur über den Veranstaltungsraum stehen die Herbsttage in Verbindung mit der Musikmittelschule Blindenmarkt. Bei zahlreichen Familienproduktionen gab es Kooperationen mit der Musikmittelschule, wo Schüler mit den Profis auf der Bühne standen.
Konzert für alleEin neues Konzertprogramm, dass es seit 2019 gibt, ist das „Konzert für alle“– Klassik-Hits zum Nulltarif für Groß und Klein. Das Konzert findet jährlich am österreichischen Staatsfeiertag, dem 26. Oktober statt (mit Ausnahme von 2020). Das Publikum wird von einem Moderator durch das Konzert geführt, die strengen Regeln eines klassischen Kulturbetriebs sind dabei außer Kraft gesetzt. Es gibt keine Kleidervorschriften, Mitsingen und Mitklatschen ist erwünscht. Das Konzert wurde von Intendant Michael Garschall initiiert, um Menschen zu unterstützen, denen es finanziell nicht möglich ist, oder die noch Hemmschwellen haben, solche Musikstätten zu besuchen. Das Publikum soll die Musik auf eine neue Weise in einem unkomplizierten und zwanglosen Setting erleben. Das Programm umfasst die bekanntesten Werke des klassischen Repertoires und Neues von zeitgenössischen Komponisten. Das Konzert ist durch die Mithilfe der Sponsoren Creditreform und Umdasch Group unter freiem Eintritt zu besuchen.
MatineeDie alljährliche Matinee findet am zweiten Sonntag während des Festivals statt – vom Kabarett bis zum Wiener Lied, ob zum Geburtstag oder zum Jubiläum.
Initiative "Helfen mit Kunst"Seit 2007 besteht die Initiative „Helfen mit Kunst“, die von Hilde Umdasch und Intendant Michael Garschall ins Leben gerufen wurde. Sie ermöglicht benachteiligten Menschen und einkommensschwachen Familien einen kostenlosen Besuch einer verkürzten Version der Operette. Das Publikum setzt sich aus verschiedenen Einladungen an Einrichtungen wie der Caritas, dem Niederösterreichischen Hilfswerk, Pflege- und Pensionistenheimen etc. zusammen. Die Anreise, die Karten und eine Verpflegung werden den Besuchern zur Verfügung gestellt. Das Projekt wird durch die Hilfe von verschiedenen Sponsoren ermöglicht. Diese treten als Gastgeber auf und betreuen, gemeinsam mit dem Ensemble, die Gäste am Tag der Vorstellung. Diese Initiative wurde bereits mit zwei Maecenas ausgezeichnet.[13][14] Mini-HerbsttageDas anfängliche Experiment der Mini-Herbsttage besteht nun seit 2022.[15] Die Mitmachkonzerte richten sich an Kinder von 1 bis 4 Jahren. Irene Narnhofer als „Hexe Fanny“ macht sich mit ihren Musikerkollegen und dem jüngstem Publikum auf eine musikalische Reise.
KonzerteDas Konzertprogramm ist sehr breit gefasst und hat in den letzten Jahren viel Unterschiedliches geboten.
Radio NÖ-FrühschoppenDer ORF Radio NÖ Frühschoppen war zum ersten Mal 2016 im Zuge der Herbsttage Blindenmarkt im Anfang Oktober aus Blindenmarkt zu hören. Programmpunkte von Ensembles der Musikmittelschule und Musikschule Ybbsfeld sowie Sängern der Herbsttage Blindenmarkt füllten die Sendung. Weitere Frühschoppen folgten 2019, 2022 und 2024:
Live-StreamVon einigen Produktionen wurden Live-Streams erstellt. So auch von der Operettenproduktion 2021 „Wiener Blut“, dem Konzert für alle III 2022, der Operettenproduktion 2023 „Eine Nacht in Venedig“ und des Familienstückes „Frau Holle“ 2024. Einige Live-Streams lassen sich auf dem Youtube-Kanal der Herbsttage Blindenmarkt nachsehen. Kulturarbeit in der RegionDie Herbsttage Blindenmarkt sind ein längst anerkannter, etablierter Bestandteil der Kultur-Szene Niederösterreichs. Der Erfolg des Operettenfestivals beruht nicht zuletzt auf dem Anspruch, dem Publikum in einer ländlichen Region hohe künstlerische Qualität zu bieten, gepaart mit dem nötigen Gespür für eine adäquate Umsetzung. Unabdingbares Element seit der Gründung der Herbsttage Blindenmarkt im Jahr 1990 ist die Einbeziehung und der große Rückhalt der Bevölkerung. Hier ist das Kunststück geglückt, ein Ensemble aus Profis und Amateuren aus Blindenmarkt und der Region zu vereinen, dessen Zusammenspiel von großer Homogenität gekennzeichnet ist und höchst professionelle Produktionen ermöglicht. Die Herbsttage Blindenmarkt sind schon lange ein Teil des öffentlichen Lebens, mit dem sich die Menschen der Region identifizieren, worauf sie stolz sind und mit begeistert und mit großem Engagement aus dem Ort und den umliegenden Ortschaften mitarbeiten: auf, hinter und vor der Bühne, im Büro, im Foyer, in der Saaladaption, in der Kostümwerkstatt bis zur Mitwirkung im Chor und Orchester. So ist es auch kein Zufall, dass die Marktgemeinde von Beginn an Veranstalter ist. „Gründungsbürgermeister“ Franz Haberfellner, Altbürgermeister Franz Wurzer und Bürgermeister Albert Brandstetter sehen das Festival als Aushängeschild des Ortes. Die Anerkennung des Ortes für die „Herbsttage Blindenmarkt“ erkennt man auch daran, dass die Büros der Festspiele in einem eigenen Stock im neu gebauten Rathaus der Marktgemeinde untergebracht sind. Das Motto und die Zielsetzung der Festspiele ist Theaterschwellenängste abzubauen, und Interesse für Kultur und Sinn für Qualität, auch über die Grenzen des Mostviertels hinaus, zu wecken. Die Herbsttage Blindenmarkt spielten auch während der Pandemie 2020–2022. Das COV-Sicherheitskonzept mit reduzierter Sitzplatzanzahl bewährte sich in den Jahren. OrganisationDie Festspiele sind seit 2007 in einem Verein organisiert, dem „Verein zur Durchführung der Herbsttage Blindenmarkt“, Veranstalter ist die Marktgemeinde Blindenmarkt. Der Intendant ist seit der Gründung der Festspiele Michael Garschall. Der Obmann des gemeinnützigen Vereins ist zurzeit Willi Narowetz, Michael Garschall ist der Obmann-Stellvertreter, Christiana Bruckner ist die Kassierin und Dr. Christian Oprießnig ist Schriftführer. Die Herbsttage finanzieren sich ca. 60% über den Kartenverkauf. Der Hauptsubventionsgeber ist das Land Niederösterreich. Sponsoren wie die Umdasch Group und Creditreform sind große Unterstützer. Verein der Freundinnen und Freunde der Herbsttage BlindenmarktDer "Verein der Freunde der Herbsttage Blindenmarkt" vereinigt unterstützende Mitglieder, Förderer und Gönner. Seit 2006 fungiert KR Hilde Umdasch als Präsidentin, KS Adele Haas ist die Ehrenpräsidentin. Hilde Umdasch begründet ihr Engagement für die Herbsttage Blindenmarkt vor allem mit den innovativen Ideen, die Intendant Garschall in Blindenmarkt verwirklicht. Die Herbsttage schafften es, Profis und Amateure zu einem Ensemble zu verschmelzen. Weiters verweist die erfolgreiche Unternehmerin auf ihr persönliches Anliegen, Musik in der Region zu fördern. LiteraturStefan Altenriederer: Kultursponsoring in der Praxis – „Oper Klosterneuburg“ und „Herbsttage Blindenmarkt“, Masterarbeit Universität Wien 2021. Christoph Sommersguter: Rechtsformen, Organisationsstrukturen und Finanzierungsmodelle niederösterreichischer Festspielbetriebe am Beispiel der Schlossfestspiele Langenlois, der Operklosterneuburg und der Herbsttage Blindenmarkt, Masterarbeit Universität für Musik und darstellende Kunst Wien 2008. „Herbsttage Blindenmarkt“, in: Operabase, https://www.operabase.com/herbsttage-blindenmarkt-o187/de, abgerufen am 20. November 2024. „Gastbeitrag: Michael Garschall – Die Erfolgsgeschichte der Herbsttage“, in: Tips Amstetten, 01.07.2021, https://www.tips.at/nachrichten/amstetten/land-leute/538412-gastbeitrag-michael-garschall-die-erfolgsgeschichte-der-herbsttage, abgerufen am 20. November 2024. Weblinks
Einzelnachweise
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