Nach dem Abitur machte Gérard Schmidt ein Praktikum am Schauspiel Köln. Anschließend studierte er Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte zunächst in Berlin, später in Freiburg, wo er zudem am dortigen Stadttheater als Regieassistent und Inspizient tätig war. Von 1969 bis 1977 studierte er in Zürich, legte sich den französisierten Vornamen Gérard zu und promovierte 1971 zum Thema Zum Formgesetz des Doktor Faustus von Thomas Mann. Mehrere Jahre lang war er Lokalredakteur beim Kölner Stadt-Anzeiger.[1]
Von 1983 bis 1988 hatte Schmidt die Spielleitung des Hänneschen-Theaters inne. Angeblich wurde er dazu ernannt, weil der damalige Kulturdezernent Peter Nestler damit den schärfsten Kritiker des Theaters – „um es zu retten“ – zu dessen Leiter ernannte.[2] Er legte Wert auf den Austausch mit anderen Bühnen und forcierte die Gründung des „Fördervereins der Freunde des Hänneschen-Theaters“, auch engagierte er sich für die TV-Übertragung der „Hänneschen“-Puppensitzung im WDR.[3] „Seine innovativen Ambitionen […] erweiterten die Strukturen der tradierten Puppenbühne, überforderten sie aber auch zuweilen“, so der Kölner Autor Wolfgang Oelsner.[4] Der Versuch, „zwischen Tradition und Moderne zu balancieren“ (Beispiel: Knolli Horror Schäl Schau mit einem Schäl, der in Strapsen zu Rockmusik tanzt), führte aber letztlich dazu, dass sein Vertrag nach fünf Jahren nicht verlängert wurde.[5]
Schmidt war vielfältig aktiv: Von 1985 bis zur Verschmelzung mit der UNIMA 1992 war er Präsident des Deutschen Bundes für Puppenspiel. Er war dramaturgischer Berater und Biograf von Trude Herr und verfasste zahlreiche Stücke für die Volksbühne, das Hänneschen sowie zwei Divertissementchen. Zudem schrieb er Essays, Bücher, ab 1990 sieben Comics auf Kölsch (Beispiel: De Franzuse kumme! Cologne 1794) sowie zur Kölner Volkskunst und kommentierte den Kölner Rosenmontagszug im Fernsehen. 1982 wurde er für seine Verdienste um die Kölner Brauchtumspflege in den vom Architekten Jupp Engels gegründeten Orden als Ritter vom Kallendresser aufgenommen.
Gérard Schmidt starb 1995 nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 49 Jahren. Der Kölner Stadt-Anzeiger schrieb im Nachruf: „Er war ein begeisterter Kölner, ein Mensch voller Phantasie, begeistert vom Spiel mit Worten und dessen optischer Umsetzung, liebenswürdig und humorvoll.“[6] Er wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt (Feld 64).[7]
Taschenbuch zur Geschichte, Architektur und Ausstattung des Kölner Doms : aus Anlaß des Jubiläums der Vollendung des Kölner Doms vor hundert Jahren 1880. Greven, Köln 1980.
Mit Wilhelm Blassen: Der Schabau vun der Tant – Das Kyōgen „Oba ga sake“. In: Universität Hamburg (Hrsg.): Oriens Extremus. Kultur, Geschichte, Reflexion in Ostasien. Band32, 1989 (oriens-extremus.org [PDF]).
Neues in und aus Knollendorf. Das Kölner „Hänneschen“-Theater zwischen Tradition und Erneuerung. In: Manfred Wegner (Hrsg.): Spiele der Puppe. Beiträge zur Kunst- und Sozialgeschichte des Figurentheaters im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Puppentheatermuseums im Münchner Stadtmuseum. Prometh, Köln 1989, ISBN 3-922009-92-1.
Mit Martin Muster: Cöln Comic. 1–7. Hrsg.: Kölner Bank. Köln 1990.
Gérard Schmidt. Der neue Mann, der beim kölschen Hänneschen-Theater die Stöcke in der Hand hält. In: Winfried Weber, Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.): Neues Rheinland. Das Magazin für die Region. Band26, Nr.11. Rheinland-Verlag, Köln 1983, S.24–25.
Gérard Schmidt. In: Everhard Kleinertz (Hrsg.): Das Kölner Autoren-Lexikon 1750–2000, Zweiter Band: 1900–2000, Emons Verlag, Köln 2002, ISBN 3-89705-193-1, S. 254 f. (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, 89. Heft)