Charakteristisch für Koelles Frühwerk sind seine Arbeiter-Skulpturen. Koelles Stellung in der Zeit des Nationalsozialismus ist ambivalent. Seine Plastik Blockwalzer (Bronze 1930) wurde 1933 im Zuge des Aufbaus der Mustersiedlung Ramersdorf entfernt. Der Hüttenarbeiter (Bronze, 1929) (Abbildung[1]) wurde als „entartet“ eingeschmolzen. Aufgrund seiner „bolschewistischen Kunstauffassung“ wurde im Jahr 1934 eine Haftstrafe im Konzentrationslager Dachau beantragt. Nach wenigen Tagen Gestapo-Verhör wurde er aus der Haft entlassen. Eine an der Münchner Akademie zuvor in Aussicht gestellte Professur wurde ihm verwehrt.
Wie viele andere Künstler passte Fritz Koelle sich dann den Wünschen der Nazis an. Er erhielt später zahlreiche öffentliche Aufträge, 1937 den Westmarkpreis für Bildende Kunst (= Albert-Weisberger-Preis), einen vom NSDAP-Gau Saarpfalz vergebenen Kulturpreis,[2] und war von 1937 bis 1944 auf allen Großen Deutschen Kunstausstellungen in München vertreten[3], u. a. 1937 mit dem Saarbergmann mit Grubenlampe und 1942 mit Der Steinbrecher. 1940 zeigte er die 1936 als Auftragswerk entstandene Büste Bildnis Horst Wessel, die Adolf Hitler erwarb.[4], und 1944 eine Büste des hochdekorierten Kampffliegers Werner Baumbach.[5]
Unmittelbar nach Kriegsende wurde Koelles künstlerisches Schaffen im NS-Staat in einigen Medien verurteilt. Daneben wurden einige seiner nach 1945 entstandenen Plastiken wegen ihres linkspolitischen Gehalts als unbequem betrachtet, so Häftling eines Konzentrationslagers (Bronze, 22 cm, 1946; heute Nationalgalerie Berlin), Concordia / Eintracht (Bronze, 1948) und Der Arbeiter (1948).[1] Auch nun scheiterten seine Versuche, eine Professur zu erlangen. Zu konform und zu angepasst an das Kunstverständnis des NS-Regimes seien seine Werke gewesen, so lauteten die Stimmen seiner Kritiker.
1946 wurde Koelle dann als politisch Verfolgter anerkannt. Im Jahr 1949 nahm er eine Professur für Plastik an der HfbK in Dresden an und wurde noch im gleichen Jahr Dekan der Abteilung Plastik. Im Jahr 1951 (nach anderen Quellen 1950) arbeitete er an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. Schüler von Koelle, welche er in Dresden und Berlin unterrichtete, waren zum Beispiel Jürgen von Woyski, Werner Rosenthal und Gerhard Thieme.[6][7]
Besonders eindrucksvoll und erschütternd ist die 1946 als Mahnmal für die KZ-Gedenkstätte Dachau vorgesehene Skulptur Inferno, die jedoch als zu grausame Darstellung erachtet und somit abgelehnt wurde. Koelle fertigte daraufhin eine weitere Plastik KZ-Häftling an, die vor dem Krematorium des Konzentrationslagers Dachau aufgestellt wurde.
In Augsburg ist die Fritz-Koelle-Straße nach ihm benannt.
Rezeption
„Seine Arbeitsmänner und Kumpels haben die reale, um nicht zu sagen realistische Monumentalität der Arbeit. … Phrasen- und posenlos, ohne die geringsten heroischen oder heroisierenden Akzente … Im Nationalsozialismus pflegte man solcherlei Gestaltungen und Gestalten „entartet“ zu nennen und bestenfalls in die Ecke zu stellen.“
1927 – Bergmann vor der Einfahrt (Bronze, Höhe: 196 cm, 1927, eines von zwei Exemplaren im Bestand der Nationalgalerie Berlin; steht oder stand seit 1981 im Garten des Otto-Nagel-Hauses, Berlin)[11][12]
Birgit Jooss: Pendler zwischen West und Ost. Das Moskauer Reisebuch des Bildhauers Fritz Koelle. In: Heinz Peter Brogiato, Klaus-Peter Kiedel (Hrsg.): Forschen – Reisen – Entdecken. Lebenswelten in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft. Halle 2011, S. 152–153.
Claus Pese: Mehr als nur Kunst. Das Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum. Ostfildern-Ruit 1998, S. 63–66, 83 (Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum. Band 2).
Eva-M. Pasche: Fritz Koelle – der Gestalter des Arbeiters – Monographie und Werkverzeichnis. Verlag Glückauf, Essen 2001, ISBN 3-7739-1284-6.
Monika Maier-Speicher, Dieter Wirth: Fritz Koelle und der Bergmann von der Saar. Ausstellungskatalog. St. Ingbert 2003, ISBN 3-9807001-5-1.