Free InterrailDer Begriff Free Interrail (auch: #FreeInterrail[1] oder #DiscoverEU[2]) bezeichnet ein Mobilitätsprogramm auf Ebene der EU, das EU-Bürgern die kostenlose Nutzung eines Interrailtickets ermöglicht. 2015 wurde die Idee erstmals von den Aktivisten Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer, u. a. in einem Artikel in der Zeit, formuliert[3][4] und seitdem von verschiedenen Politikern wohlwollen kommentiert.[5][6][7] Befürworter erhoffen sich von dem Vorschlag, junge Menschen für die europäische Idee und die EU begeistern und gleichzeitig wirksam gegen anti-europäischen Populismus vorgehen zu können.[8] Kritiker sehen in dem Programm eine unverhältnismäßige Ausgabe von Steuergeldern und halten die positiven Effekte für Europa und europäische Jugend für zu gering.[9] Laut einer repräsentativen Umfrage des ZDF im September 2016 befürworten 56 Prozent der Deutschen die Einführung eines kostenlosen Interrailtickets für 18-Jährige.[10] EntwicklungIm Sommer 2015 wurde die Idee in verschiedenen Artikel von den Berliner Aktivisten Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer vorgestellt. Darin sprechen sich beide dafür aus, allen EU-Bürgern zum 18. Geburtstag einen Gutschein für ein 30-Tage-Interrailticket zuzuschicken. Dieser Gutschein könne innerhalb von sechs Jahren eingelöst werden. Herr und Speer erhoffen sich von der Maßnahme, einen wirksamen Schutz gegen Tendenzen der Renationalisierung in Europa und argumentieren, dass nur persönliche Begegnungen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen einen echten europäischen Zusammenhalt schaffen könnten. Dabei stützen sich die Autoren auf die positiven Erfahrungen mit dem EU Austauschprogramm Erasmus, beklagen aber, dass das Programm nur einem Bruchteil junger Menschen zur Verfügung stehe. Das sei ungerecht. Die Autoren schätzen, dass die Umsetzung eines solchen Vorschlages durch die Europäische Kommission bis zu 2,2 Milliarden Euro pro Jahr kosten könnte, bekräftigen aber, dass ein solches Investment wichtig für die Zukunft der EU sei.[11][12][13] Zusätzlich starteten die Aktivisten eine Petition auf der Seite change.org.[14] Im September 2016 gewannen die beiden mit ihrem Vorschlag den 2. Platz auf dem Zeit Online Z2X Festival der neuen Visionäre.[15] Kurz nach Erscheinen der Artikel im Sommer 2015 griff der ungarische Europaabgeordnete István Ujhelyi (S&D) den Vorschlag auf und erwähnte ihn in einer schriftlichen Frage an die Europäische Kommission.[16] 2016 reichten sowohl Ujhelyi als auch die Europaabgeordneten der Grünen/EFA Rebecca Harms, Karima Delli und Michael Cramer Anträge auf Pilotprojekte zu der Idee für den Haushalt 2017 ein.[17] Am 14. September 2016 sprach sich EVP-Vorsitzender Manfred Weber in einem Kommentar zur Rede zur Lage der Union für den Vorschlag aus.[18] In einer Parlamentsdebatte am 4. Oktober 2016 wurde die Idee u. a. von MdEPs der EVP, der S&D, der Grünen/EFA und der ALDE unterstützt. Die Europäische Kommissarin für Verkehr Violeta Bulc kündigte eine Prüfung durch die Kommission an und lobte den Vorschlag: „We admire the boldness and the level of ambition – and we are ready to explore it further … the Commission likes this idea.“[19][20] Im November 2016 wurde bekannt, dass die Kommission plane, noch 2017 ein erstes Pilotprojekt zu starten.[21] Das im März 2017 präsentierte Mobilitätsprojekt weicht grundlegend von der ursprünglichen Idee ab und hat den Umfang von 2,5 Millionen Euro, welche als Reisezuschuss jungen Menschen nach einem komplizierten Verfahren zur Verfügung gestellt werden. „Die EU-Kommission vergibt eine große Chance“ kommentierte Manfred Weber das Pilotprojekt. Die Initiatoren Herr und Speer sahen nicht das Ende der Idee. EU-Parlamentarier setzen sich weiterhin für die Idee ein. Auch Politiker auf nationaler Ebene tragen den Vorschlag voran, darunter der österreichische Präsident van der Bellen, die schwedische Außenministerin Wallström, der ehemalige italienische Premier Renzi.[22][23][24][25] Im März 2018 kündigte die Europäische Kommission ein weiteres Pilotprojekt im Umfang von 12 Millionen Euro an.[26] Damit soll ab dem Sommer 2018 bis zu 30.000 jungen Menschen eine Reise durch Europa ermöglicht werden. Die Aktivisten Herr und Speer sehen dieses Pilotprojekt als „wichtigen Meilenstein auf dem Weg hin zur Schaffung eines Jugendmobilitätsprogrammes, welches ausnahmslos alle jungen EU-Bürgerinnen und Bürger erreichen kann“.[27] Im Mai 2018 gab die Europäische Kommission bekannt, 700 Millionen Euro für den Zeitraum von 2021 bis 2027 für #FreeInterrail / #DiscoverEU zur Verfügung zu stellen.[28] Am 17. Oktober 2018 gab die Europäische Kommission bekannt, in einer zweiten Bewerbungsrunde weitere 12.000 Gratistickets zur Verfügung zu stellen.[29] Nach coronabedingter Pause des Programms DiscoverEU sollen im Oktober 2021 wieder Bewerbungen für einen Reisezeitraum von 30 Tagen zwischen März 2022 und März 2023 möglich sein. Diesmal werden 60.000 Tickets zur Verfügung gestellt. Bewerben können sich Jugendliche, die 2020 oder 2021 volljährig wurden bzw. werden. Ab 2022 soll DiscoverEU im Rahmen von Erasmus+ gefördert werden, was bedeutet, dass dann theoretisch auch Nicht-EU-Staatsangehörige teilnehmen könnten.[30] AuszeichnungenDie Kampagne und mehrere der dahinterstehenden Personen wurden mit verschiedenen Preisen und Auszeichnungen honoriert. So gingen im Jahr 2017 der Vorbildpreis der Bayreuther Dialoge[31] und der Politikaward in der Kategorie „Kampagne mit kleinem Budget“[32] an die Initiative von Herr und Speer. Im Jahr 2018 folgten der Berliner Europapreis Blauer Bär[33] und der Jean Monnet Prize for European Integration.[34] Als erster Preis, der sowohl die zivilgesellschaftlichen Initiatoren als auch wichtige politische Akteure im Zusammenhang nennt, würdigt der Innovation in Politics Award 2018 in der Kategorie „Quality of Life“ das gesamte Vorhaben.[35] Weblinks
Einzelnachweise
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