FraunhoferlinieDie Fraunhoferlinien oder Fraunhoferschen Linien sind im engeren Sinne eine Reihe von mit Buchstaben bezeichneten Absorptionslinien im Spektrum der Sonne. Im allgemeineren Sinn werden diese benannten Absorptionslinien aber auch in anderen Sternen oder sonstigen Objekten, teilweise auch in Form ihrer Emissionslinien als Fraunhoferlinien bezeichnet. Die ursprünglich von Fraunhofer selbst in nebenstehendem Kupferstich bezeichneten „Linien“ (genauer: markanten Stellen) A...I, a und b sind nicht nur einzelne Spektrallinien der Sonne, sondern teilweise atmosphärische Banden (A, B, a), Doppellinien (D, E, H), zufällig eng beieinanderliegende Mehrfachlinien (b, G) oder nur eine Bezeichnung für die Grenze des sichtbaren Spektrums (I). Die Linien entstehen überwiegend durch Resonanzabsorption der Gase in der Sonnen-Photosphäre, teilweise aber auch durch Absorption an den Gasen der Erdatmosphäre (sog. „tellurische Linien“). Die Fraunhoferlinien erlauben Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung und Temperatur der Gasatmosphäre der Sonne und anderer Sterne. Ihre Entdeckung markiert den Anfang der Spektralanalyse, die eines der wichtigsten Werkzeuge der Chemie und der Astronomie ist. EntdeckungDer englische Chemiker William Hyde Wollaston war 1802 der erste Beobachter von dunklen Linien im Sonnenspektrum.[1] Diese wurden dann 1814 unabhängig vom Münchener Optiker Joseph von Fraunhofer wiederentdeckt[2], welcher sie daraufhin systematisch studierte. Er versicherte sich dabei zunächst, dass die Linien nicht von instrumentellen Fehlern oder Effekten herrührten. Weiterhin verglich er die im Sonnenspektrum gefundenen Linien auch mit dem Spektrum des Mondes und der Venus, einigen hellen Sternen wie Sirius, den elektrischen Funken eines Funkeninduktors und der Öl-, Alkohol- und Wasserstoffflamme. Dabei erkannte er sowohl systematische Übereinstimmungen (wie z. B. beim Mond- und Venusspektrum als reflektiertes Sonnenlicht) wie auch völlig andersartige Linien (wie z. B. beim Sirius oder dem elektrischen Funken). Fraunhofer nahm diese Versuche ursprünglich mit einem kleinen Theodolit-Fernrohr mit knapp 30 mm Durchmesser vor und wiederholte und erweiterte sie später noch einmal mit einem viel größeren, speziell dafür gebauten Refraktor mit 4 Zoll (100 mm) Durchmesser und einem gleich großen Objektiv-Prismenspektrographen. Dabei stellte er insbesondere die großen Unterschiede in den Spektren der beobachteten Sterne fest (z. B. Sirius, Castor, Pollux, Capella, Beteigeuze, Prokyon).[3] Später entdeckten Gustav Robert Kirchhoff und Robert Bunsen, dass jedes chemische Element mit einer spezifischen Anzahl und Anordnung von Spektrallinien assoziiert war. Sie schlossen hieraus, dass die von Wollaston und Fraunhofer beobachteten Linien den Absorptionseigenschaften dieser Elemente in den oberen Schichten der Sonne geschuldet waren und diese daher auch in der Photosphäre vorliegen mussten.[4][5] Einige der Linien werden jedoch auch durch die Bestandteile der Erdatmosphäre hervorgerufen. Fraunhofers Erstbericht[2] lag ein Kupferstich bei, bei dem die markantesten Linien bzw. interessantesten Bereiche mit Groß- und Kleinbuchstaben bezeichnet waren. Diese Linien oder Bereiche (von rot nach violett: A, a, B, C, D, E, b, F, G, H und I) sind die einzigen, die Fraunhofer selbst benannt hat. Weitere markante Linien wurden zwar von Fraunhofer möglichst genau bzgl. Lage und Stärke eingezeichnet, aber nicht weiter bezeichnet. In seinem Bericht gibt er einige Charakteristika sowie die zwischen den Hauptlinien von ihm gezählten Linien an. Einige Beispiele:
Insgesamt zählte Fraunhofer nach eigenen Angaben ungefähr 574 Linien im Raum zwischen der B- und H-Linie. Als er später den Gitter-Spektrographen unabhängig von David Rittenhouse erfand, dessen Theorie mathematisch beschrieb und Glasgitter mit bis zu 3600 Linien herstellte, vermaß er die Wellenlänge der gut sichtbaren Linien C bis H mit einer Genauigkeit, die er selbst mit rund 1 Promille angibt („…daß für die helleren Farben fast nicht der tausendste Teil von ω ungewiß sein könne.“[3]).
AnwendungAufgrund ihrer bekannten Wellenlängen werden die Fraunhoferlinien oft zur Bestimmung des Brechungsindexes und der Dispersion von optischen Materialien genutzt. Bei der spektroskopischen Temperaturbestimmung lässt sich aus der Intensitätsverteilung des Spektrums und mit Hilfe der Boltzmannverteilung die Oberflächentemperatur ermitteln. Sind beispielsweise die Balmerlinien im Spektrum der Sonne als Fraunhoferlinien zu beobachten, so muss die Temperatur so hoch sein, dass bei einem Teil der Wasserstoffatome der erste angeregte Zustand (n = 2) besetzt ist. Beispielsweise ist bei der Sonne mit 6000 K Oberflächentemperatur jedes hundertmillionste Wasserstoffatom im ersten angeregten Zustand. Hinweise auf das Element Helium erhielt man zum ersten Mal aufgrund einer hellen gelben Spektrallinie bei einer Wellenlänge von 587,49 nm im Spektrum der Chromosphäre der Sonne. Diese Beobachtung machte der französische Astronom Jules Janssen in Indien während der totalen Sonnenfinsternis vom 18. August 1868. Als er seine Entdeckung bekannt machte, wollte ihm zunächst niemand glauben, da bislang noch nie ein neues Element im Weltall gefunden wurde, bevor der Nachweis auf der Erde geführt worden war. Am 20. Oktober desselben Jahres bestätigte der Engländer Norman Lockyer, dass die gelbe Linie tatsächlich im Sonnenspektrum vorhanden ist und schloss daraus, dass sie von einem bislang unbekannten Element verursacht werde.[6] Sonstiges
Literatur
Einzelnachweise
WeblinksCommons: Fraunhoferlinie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Fraunhoferlinie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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