Geburtshaus von Franz von Stuck in TettenweisDie Sinnlichkeit, um 1891
Franz Stuck war Sohn eines Dorfmüllers. Er besuchte von 1878 bis 1881 die Königliche Kunstgewerbeschule München, wo er von Ferdinand Barth ermutigt wurde, anschließend bis 1885 seine künstlerische Ausbildung an der Akademie in München fortzusetzen.[1] Er war zuerst als Zeichner erfolgreich. Schon während seiner Schulzeit lieferte er Illustrationen für Zeitschriften.
Franz-von-Stuck-Statue in Tettenweis, geschaffen von Dominik Dengl
Während des Studiums entstanden humoristische Zeichnungen und Entwürfe für das Kunstgewerbe. Über München hinaus wurde der gerade zweiundzwanzigjährige Künstler 1882 mit seinen Allegorien- und Emblementwürfen für den Verlag Gerlach & Schenk in Wien bekannt, einem Mappenwerk, an dem auch andere junge Künstler wie Max Klinger und Gustav Klimt mitarbeiteten. In einer weiteren Sammlung des gleichen Verlags, Karten und Vignetten, setzte Stuck 1886 seine geistreichen Entwürfe klassischer Bildaufgaben erfolgreich fort.[2]
Populär wurde Stucks Name durch eine Reihe von Karikaturen für die Zeitschrift Fliegende Blätter, für die bereits Ferdinand Barth gearbeitet hatte, von dessen Stil der junge Stuck sich auch anregen ließ. Um 1887 begann er mit der Ölmalerei zu experimentieren.
1892 gründete Stuck mit Wilhelm Trübner in Opposition zu den etablierten Künstlern die „Münchner Sezession“. Dennoch wird er zusammen mit Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach zu den Münchner Malerfürsten gezählt. Dies ist eine äußerliche Bezeichnung, denn in künstlerischer Hinsicht war Stuck in den 1890er Jahren Gegenpol zu Lenbach in der Auseinandersetzung, die in der Gründung der „Münchner Secession“ gipfelte. Im Münchner Verein für Original-Radierung, welcher der Secession nahestand, war er in jenen Jahren ebenfalls Mitglied.
1897 wurde von Whistler die International Society of Sculptors, Painters and Gravers in London gegründet, Stuck war eines der Mitglieder. 1903 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des
Deutschen Künstlerbundes[4] und als Jurymitglied auch zum erweiterten Vorstand des DKB. Auf der ersten, noch von der „Münchener Sezession“ ausgerichteten Künstlerbund-Ausstellung von 1904 war Stuck mit vier großen Ölgemälden vertreten.[5]
Ende Februar 1919 war Stuck während der Münchener Räterepublik für einige Tage Geisel der revolutionären Rotgardisten.[7] Gefangen in der Münchner Vorstadt Haidhausen traf er dort auf den Chirurgen Ferdinand Sauerbruch, der den Eisner-Attentäter Anton von Arco in München medizinisch versorgt hatte (später gehörte Stuck zum häuslichen Umgang der Eheleute Sauerbruch).[8]
Tilla Durieux als Circe, um 1912/1913
Von Arnold Böcklin angeregt, bevorzugte Stuck schwebend-unwirkliche Darstellungen aus dem Reich der Fabel und allegorische, symbolhafte Gestaltungen wie Die Sünde (1893) und Der Krieg (1894; beide Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München). Viele seiner oft großformatigen Werke zeichnet eine lasziv-erotische Atmosphäre aus. Stucks Darstellungen von häufig nackten weiblichen oder männlichen Körpern, z. B. Der Kampf ums Weib (1905; Eremitage, St. Petersburg) trafen in Anbetracht der biederen Moralvorstellungen seiner Zeit auf eine ungewöhnlich starke Rezeption.
Stuck wurde lange Zeit als Repräsentant des Münchner Jugendstils gesehen. Das hat auch bewirkt, seine Villa später mit Sitz des „Jugendstil-Vereins Franz von Stuck“ als ein Jugendstil-Museum zu führen. Der Kunsthistoriker und zwischenzeitliche Leiter des Museums, Alexander Rauch, hat erstmals durch die 1992 in Passau, München, Wien, Aschaffenburg usw. gezeigte Ausstellung Franz von Stuck die eigentliche große Bedeutung Stucks als Künstler des Symbolismus erkannt und herausgestellt. Dies hatte eine gänzliche höhere Neubewertung seines Wirkens zur Folge. Vor allem die späteren Werke der 1920er Jahre – zuerst weit weniger beachtet – wurden dadurch als bedeutende Schöpfungen des deutschen, speziell Münchner Symbolismus erkannt. Der Katalogtext[9] analysiert auch die gesamte Einrichtung und deren Bildfolge als ein raffiniertes Inszenarium symbolistischer Ideen, in die biographisch-persönliche Elemente mit esoterisch-antiken Ideen verwoben sind.
Franz von Stuck starb im Alter von 65 Jahren.
Grabstätte
Grabstätte auf dem Münchner Waldfriedhof
Die Grabstätte von Franz von Stuck befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof (Grabnr. 95-W-16).[10]
Familie
Franz von Stuck war der Stiefvater des Flugpioniers und Rennfahrers Otto Lindpaintner. Sein einziges leibliches Kind, Franziska Anna Marie-Louise, genannt Mary (1896–1961), stammte aus einer Liebesbeziehung mit Anna Maria Brandmaier (1875–1944). Mary wurde 1904 mit Billigung des Prinzregenten von ihrem Vater Franz von Stuck und dessen Ehefrau Mary, verw. Lindpaintner (1865–1929, Eheschließung am 15. März 1897) adoptiert. Sie verehelichte sich 1917 mit dem damals 31-jährigen Konsul und Bauunternehmer Albert Heilmann.
Schätzpreise
Für Ölgemälde von Stuck wurden im Rahmen internationaler Kunstauktionen auch schon Schätzpreise von bis zu 1,2 Millionen Dollar genannt.[11]
Ulrich Zangenfeind: Stuck, Franz von. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2, S. 764 (Digitalisat).
Allgemein
Heinrich Voss: Franz von Stuck (1863–1928). Werkkatalog der Gemälde mit einer Einführung in seinen Symbolismus. Prestel, München 1973, ISBN 3-7913-0337-6.
Franz von Stuck und seine Schüler: Gemälde und Zeichnungen. Stuck-Jugendstil-Verein, München 1989, ISBN 3-923244-09-6.
Alexander Rauch: Symbolismus zwischen „Paradies“ und „Sünde“ – Das Werk des Künstlers und seine Villa. In: Die Villa Stuck in München, Inszenierung eines Künstlerlebens. Hrsg. Bayerische Vereinsbank München. München 1992, S. 24–72.
Alexander Rauch: Zum Werk des Symbolisten Franz von Stuck (1863–1928). In: Franz von Stuck. Ausstellungskatalog, Museum Moderner Kunst Passau (Gerwald Sonnberger) mit Beitrag von Eva Heilmann (Das plastische Werk). Passau 1993 (Weitere Stationen Wien, München, Aschaffenburg, Amsterdam etc.).
Eva Mendgen: Franz von Stuck 1863–1928. „Ein Fürst im Reiche der Kunst“. Taschen, Köln 1994, ISBN 3-8228-8953-9.
Jo-Anne Birnie Danzker u. a. (Hrsg.): Franz von Stuck und die Photographie. Inszenierung und Dokumentation. Prestel, München 1996, ISBN 3-7913-1657-5 (Ausstellungskatalog).
Jo-Anne Birnie Danzker (Hrsg.): Franz von Stuck. Die Sammlung des Museums Villa Stuck. Bearb. von Barbara Hardtwig. Edition Minerva, Eurasburg 1997, ISBN 3-932353-09-9 (Ausstellungskatalog).
Claudia Gross-Roath: Das Frauenbild bei Franz von Stuck. VDG, Weimar 1999, ISBN 3-89739-070-1.
Jo-Anne Birnie Danzker (Hrsg.): Die Villa Stuck. Hatje Cantz, Ostfildern 2006, ISBN 3-7757-1897-4.
Franz von Stuck – Lucifero moderno. Ausstellungskatalog Mart Trento. Skira, Mailand 2006.
Agnes Husslein-Arco, Alexander Klee (Hrsg.): Sünde und Secession. Franz von Stuck in Wien. Hirmer Verlag, München 2016, ISBN 978-3-7774-2693-8.
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (Hrsg.): Malerfürsten (anlässlich der Ausstellung Malerfürsten, 28.9.2018–27.1.2019), München: Hirmer 2018.
Zu einzelnen Werken
Thomas Blisniewski: „Mit glühenden Augen lockt das nackte Weib“ – „Die Sünde“ Franz von Stucks im Wallraf-Richartz-Museum. Fondation Corboud. In: Kölner Museums-Bulletin. Berichte und Forschungen aus den Museen der Stadt Köln. 1. 2004, S. 22–33.
Marlies Giebe, Andreas Dehmer: Große Inszenierung. Franz von Stuck „Das verlorene Paradies“ und sein Rahmen. In: Dresdner Kunstblätter. 57 (2013), Heft 2, S. 20–27.
↑Franz von Stuck. In: Nathalia Brodskaïa: Symbolismus. Sirrocco/Art of Century Collection, London 2007, ISBN 978-1-84484-416-6, S. 180 f.
↑Andreas Strobl: Il disegno come quadro. Stuck disegnatore. In: Franz von Stuck – Lucifero moderno. Ausstellungskatalog Mart Trento. Skira, Mailand 2006, S. 43–47.
↑Detlef Lorenz: Reklamekunst um 1900. Künstlerlexikon für Sammelbilder. Reimer-Verlag, Berlin 2000.
↑Ausstellungskatalog X. Ausstellung der Münchener Sezession: Der Deutsche Künstlerbund (in Verbindung mit einer Ausstellung erlesener Erzeugnisse der Kunst im Handwerk). Verlagsanstalt F. Bruckmann, München 1904 (S. 31: Stuck, Franz, München. Katalognr. 151–154: Susanne, Die Gratulantin, Olga, Spanische Tänzerin).
↑Heiko Weber: Monistische und antimonistische Weltanschauung. Eine Auswahlbibliographie (= Ernst-Haeckel-Haus-Studien. Bd. 1.) Berlin 2000, ISBN 3-86135-480-2, S. 21.
↑Ferdinand Sauerbruch, Hans Rudolf Berndorff: Das war mein Leben. Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; zitiert: Lizenzausgabe für Bertelsmann Lesering, Gütersloh 1956, S. 247–250, 288.
↑Alexander Rauch: Symbolismus zwischen „Paradies“ und „Sünde“ – Das Werk des Künstlers und seine Villa. In: Die Villa Stuck in München, Inszenierung eines Künstlerlebens. München 1992.