Das Florentiner Habichtskraut (Pilosella piloselloides(Vill.) Soják, Syn.: Hieracium piloselloidesVill.)[1][2], Florentiner Mausohrhabichtskraut genannt,[3] ist eine Pflanzenart aus der Gattung (Pilosella) innerhalb der Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Das Florentiner Habichtskraut wächst als überwinternd grüne[1], ausdauerndekrautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 20 bis meist 30 bis 80 Zentimeter.[2] Sie bildet ein gedrungenes Rhizom aber keine Ausläufer, doch bisweilen findet man ausläuferartige Seitensprosse.[4] Der höchstens im oberen Bereich verzweigte Stängel besitzt wenige einfache Haare (2 bis über 4 Millimeter lang[5]) und im oberen Bereich auch Drüsenhaare (Indument). Das Florentiner Habichtskraut enthält Milchsaft.[4]
Die meisten (3 bis 8, selten bis über 20[5]) Laubblätter sind in grundständigen Rosetten angeordnet und nur meist ein bis drei, selten vier bis fünf[2] sind wechselständig am Stängel verteilt. Die derben, blaugrünen Grundblätter sind bei einer Länge von 3 bis 10, selten bis zu 15 Zentimetern sowie einer Breite von 8 bis über 20 Millimetern verkehrt-lanzettlich bis lanzettlich[5] spatelig bis linealisch-lanzettlich bis verkehrt-eiförmig[1][2] mit keilförmiger Spreitenbasis und gerundetem bis spitzem oberen Ende[5] und, meist nur am meist glatten Blattrand sowie am Rückennerv zerstreut bis mäßig schwach locker, steifborstig, hell behaart und beidseitig flockenlos.[1][2] Zur Blütezeit findet man Trichome aber nur am Rand und unterseits an der Mittelrippe. Die Blattunterseite kann locker sternhaarig oder sternhaarlos sein.[6][7]
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht je nach Standort von Mai bis Juni[6][7] oder Juni bis September[2]. Der anfangs mehr oder weniger gedrängt doldige oder selten rispige, später lockerere, verzweigte (mit 3 bis 10, selten bis zu 15 Verzweigungen[1]) Gesamtblütenstand enthält meist 10 bis 30 (3 bis 80)[5][2][6][7]körbchenförmige Teilblütenstände. Die glockenförmige[5]Hülle ist 5 bis 8 Millimeter lang[2] und enthält 12 bis über 18 Hüllblätter. Die dunkelgrüne bis schwarzen Hüllblätter besitzen einen kaum erkennbaren bis sehr breiten hellen Rand und sind kahl bis spärlich behaart; es sind spärlich bis reichlich Drüsen und keine bis wenige Flocken vorhanden.[1][2] Die Blütenkörbchen enthalten nur (selten 40 bis meist 60 bis über 80[5]) Zungenblüten. Die fünfzipfeligen Zungenblüten sind rein-goldgelb.[6][7][2]
Die 1,5 bis 2 Millimeter lange, schwarze Achäne besitzt einen Pappus, der aus einer Reihe weißer bis gelblicher 25 bis über 40 Borsten besteht.[4][5][2]
Ähnlich sind das Wiesen-Habichtskraut (Pilosella caespitosa(Dumort.) P.D.Sell & C.West), das Trugdoldige Habichtskraut (Pilosella cymosa(L.) F.W.Schultz & Sch. Bip.) und ganz besonders das Ungarische Habichtskraut (Pilosella bauhini(Schult.) Arv.-Touv.). Alle drei Arten bilden im Gegensatz zum Florentiner Habichtskraut Ausläufer. Beim Wiesen- und beim Trugdoldigen Habichtskraut sind die Grundblätter mehr oder weniger grasgrün und beiderseits auf der ganzen Fläche behaart.[6][7]
Die Diasporen werden durch den Mund von Tieren (Stomatochorie), durch den Wind (Anemochorie) und durch Klett- und Klebausbreitung auf der Oberfläche von Tieren (Epichorie) ausgebreitet.[1]
Es ist innerhalb Europas ein Neophyt im Vereinigten Königreich, in Belgien und den Niederlanden.[11] Im submeridionalen bis borealen östlichen Nordamerika ist es ein Neophyt.[6] Es kommt in Nordamerika nur von der nördlichen Atlantikküste von den östlichen kanadischen Provinzen bis Maine und nach Süden bis Georgia; nach Westen an den Großen Seen entlang bis Minnesota sowie Iowa, es kommt auch in Montana sowie Washington vor.[4][5] Es ist auch ist auch im südlichen Südamerika in Argentinien und Chile ein Neophyt.[10]
In der Schweiz gedeiht sie in den meisten Kantonen auf Alluvionen und Moränen auf Trockenrasen und kiesigen Standorten in kollin-subalpiner Höhenstufe.[2] Es steigt bis etwa 2200 Meter Meereshöhe auf.[12]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landoltet al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[2]
Das Florentiner Habichtskraut gedeiht in Deutschland am besten in mäßig warmen bis warmen Standorten auf trockenen bis frischen, schwach basigen bis basigen, stickstoffarmen Böden. Es wächst in lückigen Xerothermrasen, an Trockengebüschsäumen, in lichten Vorwäldern und an trockenen bis mäßig trockenen Ruderalstellen wie: Bahndämmen, Kiesgruben, Steinbrüchen oder Tagebauen. Im Alpenvorland findet man das Florentiner Habichtskraut in wechseltrockenen Flussschottern. Typische Pflanzengesellschaften, in denen man das Florentiner Habichtskraut findet, sind die Verbände Mesobromion (Submediterrane Kalk-Halbtrockenrasen), Geranion sanguinei (Xerotherme Saum-Gesellschaft), Thero-Airion (Kleinschmielenrasen), Dauco-Melilotion (Steinkleefluren) Convolvulo-Agropyrion repentis (Quecken-Halbtrockenrasen) und Epilobion fleischeri (Alpine bis montane Flussalluvionen-Gesellschaft).[6]
Beim Florentiner Habichtskraut handelt es sich um eine Volllichtpflanze (Lichtzahl 9)[1], die nur an voll besonnten Plätzen mit nicht weniger als 50%iger relativer Beleuchtung wächst.[6]
Pilosella piloselloides subsp. floccosa(Nägeli & Peter) S.Bräut. & Greuter: Sie kommt in Frankreich, Deutschland, in der Schweiz, Italien, Slowenien, Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina vor.[14]
Pilosella piloselloides subsp. praealta(Gochnat) S.Bräut. & Greuter (Syn.: Hieracium praealtumGochnat): Sie kommt in Europa vor.[14]
Pilosella piloselloides subsp. rubrobauhini(Schelk. & Zahn) S.Bräut. & Greuter (Syn.: Pilosella rubrobauhinii(Schelk. & Zahn) Sennikov): Sie kommt in der Türkei, in Aserbaidschan, Georgien und im Kaukasusgebiet vor.[14]
Seit Bräutigam et al. 2007 gibt es von der Art Pilosella piloselloides etwa sechs Unterarten:[16]
Ungarisches Mausohrhabichtskraut; Bauhin-Mausohrhabichtskraut (Pilosella piloselloides subsp. bauhinii(Schult.) S.Bräut. & Greuter, Syn.: Pilosella bauhini(Schult.) Arv.-Touv.): Diese Neukombination erfolgte 2007.[16]
Flockenreiches Florentiner Mausohrhabichtskraut (Pilosella piloselloides subsp. floccosa(Nägeli & Peter) S.Bräut. & Greuter): Diese Neukombination erfolgte 2007.[16][17]
↑ abcdefghi
Theodore M. Barkley, Luc Brouillet, John L. Strother: Asteraceae, tribe Cichorieae. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 19: Magnoliophyta: Asteridae, part 6: Asteraceae, part 1 (Mutisieae–Anthemideae). Oxford University Press, New York und Oxford, 2006, ISBN 0-19-530563-9. Hieracium piloselloides Villars. S. 285 - textgleich online wie gedrucktes Werk.
↑ abcdefghijk
Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. 10., bearbeitete Auflage. Band4: Gefäßpflanzen: Kritischer Band. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
↑ abcdef
Thomas Schauer, Claus Caspari: Der große BLV-Pflanzenführer. Über 1500 Blütenpflanzen Mitteleuropas. 9., durchgesehene Auflage. blv, München / Wien / Zürich 2004, ISBN 3-405-16014-6.
↑Florentiner Habichtskraut. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
↑Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S.1003.
↑ abcPilosellapiloselloides im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 16. Mai 2021.
↑Gerhard Wagenitz et al.: Familie Compositae II. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Auflage Band VI, Teil 3, Seite 1229–1238. Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1987. ISBN 3-489-86020-9
↑Hieracium piloselloides bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 16. Mai 2021.
↑ abcdefgh
Siegfried Bräutigam, Werner Greuter: A new treatment of Pilosella for the Euro-Mediterranean flora. In: Willdenowia, Volume 37, Issue 1, August 2007, S. 123–137. doi:10.3372/wi.37.37106
Anna M. Koltunow, Susan D. Johnson, Matthew Lynch, Toshihiro Yoshihara, Paolo Costantino: Expression of rolB in apomictic Hieracium piloselloides Vill. causes ectopic meristems in planta and changes in ovule formation, where apomixis initiates at higher frequency. In: Planta, Volume 214, Issue 2, 2002, S. 196–205. doi:10.1007/s004250100612
Anna M. Koltunow, Susan D. Johnson, J.C.M. Rodrigues, T. Okada, R. A. Bicknell: Hieracium piloselloides isolate D18dom tRNA-Thr (trnT) gene, partial sequence; trnT-trnL intergenic spacer, complete sequence; and tRNA-Leu (trnL) gene, partial sequence; chloroplast. In: Nucleotide Sequence, 2010.
Anna M. G. Koltunow, Susan Johnson, Julio C. M. Rodrigues, Takashi Okada, Yingkao Hu: Sexual reproduction is the default mode in apomictic Hieracium subgenus Pilosella, in which two dominant loci function to enable apomixis. In: The Plant Journal, Volume 66, Issue 5, 2011, S. 890–902. doi:10.1111/j.1365-313X.2011.04556.x