Dessoff stammte aus einer jüdischen Tuchhändlerfamilie und erhielt seine Ausbildung 1851 bis 1854 am Konservatorium Leipzig, wo er sich mit Johannes Brahms anfreundete.
Im Jahr 1875 folgte er dem Angebot, als Kapellmeister der Großherzoglich Badischen Hofkapelle Karlsruhe zu gehen, wo er Nachfolger von Hermann Levi wurde. Am 4. November 1876 war er Dirigent der Uraufführung von Brahms’ 1. Symphonie in Karlsruhe. 1877 leitete er das erste Salzburger Musikfest.
1880 folgte er einem Ruf auf die neugeschaffene Stelle des „Ersten Kapellmeisters“ an der Oper Frankfurt. Das gerade fertiggestellte Opernhaus eröffnete er am 20. Oktober 1880 mit einer Aufführung von MozartsDon Giovanni.[1] In Frankfurt wurde er Mitglied der FreimaurerlogeSokrates zur Standhaftigkeit.
Als Komponist hat er sich durch Klavier-, Kammermusik- und Gesangswerke bekannt gemacht, die sich stilistisch vor allem an Brahms anlehnen.
Noch Jahrzehnte nach seinem plötzlichen Tod am 28. Oktober 1892 in Frankfurt am Main galt Dessoff als einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er als Jude diffamiert, sein Werk und seine Bedeutung für die Musikgeschichte gerieten in Vergessenheit. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Neubewertung und Wiederentdeckung. 2005 widmete ihm das Jüdische Museum Frankfurt eine Ausstellung.
Seine Tochter Margarete Dessoff war Chorleiterin in Frankfurt und New York. Die Grabstätte von Otto Dessoff befindet sich auf dem Hauptfriedhof in Frankfurt am Main. In Wien-Liesing (23. Bezirk) wurde 1955 die Dessoffgasse nach ihm benannt.
Werke (Auszug)
op. 2 Drei Clavier-Stücke
op. 3 Sonate für Pianoforte
op. 7 Streichquartett F-Dur (1878)
op. 8 Fünf Lieder für eine mittlere Singstimme mit Begleitung des Pianoforte
op. 10 Streichquintett G-Dur (1878)
op. 11 Streichquartett E-Dur
Schüler (Auswahl)
Paul Ehrke (1840–1893), Opernsänger (Bass) und Gesangspädagoge
Johannes Brahms im Briefwechsel mit Otto Dessoff (= Brahms-Briefwechsel 16/2). Hrsg. von Carl Krebs. Berlin 1922, Reprint: Tutzing 1974, ISBN 3-7952-0150-0.
Joachim Draheim: ›Ein guter Freund, guter Capellmeister...‹. Johannes Brahms und Otto Dessoff. In: Johannes Brahms in Baden-Baden und Karlsruhe. Ausstellungskatalog. Karlsruhe 1983, S. 103–120.
Imogen Fellinger: Felix Otto Dessoff 1835–1892. In: Kulturelles Erbe. Lebensbilder aus vier Jahrhunderten. Bildende Kunst – Musik – Literatur III. Bonn 1988, S. 81–85.
Joachim Draheim, Gerhard Albert Jahn (Hrsg.): Otto Dessoff (1835–1892). Ein Dirigent, Komponist und Weggefährte von Johannes Brahms [anlässlich der Otto-Dessoff-Ausstellung in Karlsruhe, Wien, Baden-Baden, Chemnitz, Dresden, Frankfurt am Main, Kassel, Leipzig und Zwickau]. München und Salzburg 2001, ISBN 3-87397-590-4.
Joachim Draheim: ›ein guter Freund, guter Capellmeister‹. Der Brahms-Freund Otto Dessoff (1835–1892) – Komponist, Dirigent, Pianist, Kompositionslehrer und Hofkapellmeister in Karlsruhe. In: Musik in Baden-Württemberg. Jahrbuch 2017/18. Hrsg. von der Gesellschaft für Musikgeschichte in Baden-Württemberg, Band 24, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-476-04681-9, S. 187–202.