FederpickenFederpicken, Federbeißen oder Federrupfen bezeichnet das Bepicken sowie Herausziehen von Federn beziehungsweise Federteilen, welches bei unterschiedlichen Vogelarten in Gefangenschaft auftritt. In der Massentierhaltung wurde es oft bei Hühnern und Puten beobachtet. Dabei wird Federpicken oft als Vorstufe von Kannibalismus beobachtet.[1] Das Phänomen tritt sowohl in der konventionellen als auch in der ökologischen Hühnerei- und Geflügelproduktion auf[2] und zählt zu den häufigsten Verhaltensstörungen bei Ziervögeln, wie Papageien und Sittichen.[3] Vögel neigen unter unnatürlichen Lebensbedingungen zu Federpicken und -rupfen, wobei sowohl selbstverletzendes Verhalten (Selbstrupfen), als auch Aggressionen gegen Artgenossen (Fremdrupfen), bis hin zum Kannibalismus, beobachtet werden konnten.[4][3] Das Federpicken wird als eine bei Tieren auftretende Variante der Anpassungsstörung bewertet, wobei die Störung des Verhaltens durch eine Überforderung der Tiere mit den Haltungsbedingungen eingestuft wird, die durch unterschiedliche Faktoren begünstigt wird.[5][6] Nur durch ein möglichst frühes Eingreifen durch die Halter kann das Fehlverhalten zeitnah reduziert oder eingestellt werden. Werden die auslösenden Bedingungen nicht korrigiert, so kann Federpicken zum Tod der Tiere und zu wirtschaftlichen Verlusten bei Großbetrieben führen.[7] UrsachenAls zentrale Ursache des Federpickens wird ein gestörtes Verhalten beim Nahrungserwerb durch fehlerhafte Haltungsbedingungen angesehen. Wird die Schnabelaktivität bei der Nahrungsaufnahme nicht befriedigt, kommt es zur Umorientierung auf andere erreichbare Objekte, in diesem Fall die Federn der Artgenossen. Das präventive Schnabelkürzen war als Gegenmaßnahme in landwirtschaftlichen Betrieben bis 2017 gestattet und wurde dann in Deutschland verboten.[8] Darüber hinaus wurden Zusammenhänge zwischen Federrupfen und dem natürlichen Sandbadverhalten, der Gefiederpflege und dem Sozialverhalten der betroffenen Vögel festgestellt. Können diese Bedürfnisse nicht adäquat ausgelebt werden, so tritt, in Kombination mit mangelhaften Beschäftigungsmöglichkeiten, ein übersteigertes Putzverhalten, bis hin zur vollständigen Entfernung des Gefieders an einigen Körperpartien, auf.[3] Agonistisches Picken richtet sich in der Regel auf die Kopfregion und nicht auf das Gefieder. Eher ist davon auszugehen, dass das Picken gegen die Federn der Artgenossen aufgrund des nicht ausübbaren Bodenpickens zustande kommt.[1] Ohne Vorliegen einer Erkrankung, die mit Juckreiz einhergeht, wurden im Heimtierbereich folgende Faktoren benannt, die das Federrupfen begünstigen:[3]
Bei Graupapageien bewertet eine Studie der Universität Leipzig das Federrupfen mittlerweile als haltungsbedingt hervorgerufene Verhaltensstörung.[9] KlassifikationEin möglichst frühes Eingreifen ist entscheidend, wenn es zu einer positiven Veränderung des unerwünschten Verhaltens kommen soll. Für Beschäftigte von Betrieben und Privatmenschen, die Vögel einzeln oder in Gruppen halten, lassen sich daher, nach aufsteigendem Schweregrad, folgende Gefiederschäden gegeneinander abgrenzen:[7] Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Prävention durch artgerechtere HaltungsbedingungenIn landwirtschaftlichen Betrieben kann ein vermindertes Vorkommen von Federpicken durch die Vermeidung bestimmter Haltungsbedingungen erreicht werden. Dazu werden unter anderem folgende Bedingungen gezählt:[1]
FolgenDas Federpicken und das Herausreißen der Federn kann bei den betroffenen Tieren zu Schmerzen, Furcht, Stress und einer erhöhten Sterberate führen.[5] In der Geflügelwirtschaft führt geschädigtes Federkleid nicht nur in der Freilandhaltung zu höheren Wärmeverlusten, was im Extremfall zum Erfrieren führen kann. Bei Stallhaltung steigt dagegen der Bedarf an Futter, um den Verlust der Wärme auszugleichen. Aus Sicht des Halters führt Federpicken somit zu wirtschaftlichen Problemen durch den Verlust von Tiere und einen erhöhten Futterbedarf.[10] Auch Heimvögel, rupfen und reißen mitunter so lange an ihrem Gefieder, bis sie sich selbst blutende Wunden zugefügt haben. Der frühzeitige Tod kann entweder durch Verbluten oder Infektionen, die in Folge von Federpicken entstanden sind, auftreten.[6] AbhilfeIn der Hühnerhaltung waren in Deutschland, waren 2019 geschätzt zehn Prozent der Hühner betroffen, damals etwa 4 Millionen Tiere. Durch den damit einhergehenden wirtschaftlichen Schaden, sind auch die Geflügelhalter daran interessiert das Federpicken, so gut wie möglich, einzuschränken.[11] Forschungsergebnisse legen nahe, dass sich das Federpicken zwar nicht vollständig unterbinden lässt, es jedoch geeignete Maßnahmen gibt, durch die es sich in der Geflügelhaltung reduzieren lässt. An der Universität Göttingen fanden Geflügelwissenschaftler heraus, dass Halter deren Tiere, beispielsweise durch Picksteine, Stroh oder Weizenkörner in der Einstreu, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten erhalten, seltener zu Selbst- und Fremdrupfen neigen.[11] Als zusätzliches Einstreuelement hat sich außerdem Luzerne als hilfreich erwiesen. Eine Reduktion der Lichtintensität kann ebenfalls zu einer Verbesserung der Lage beitragen.[7] Tierrechtsorganisationen wie die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt forderten schon lange artgerechtere Haltungsbedingungen, um dem Federpicken vorzubeugen. Sie kritisieren darüber hinaus sogenannte symptomatische Gegenmaßnahmen, zu denen die quantitative Lichtreduktion und das (mittlerweile abgeschaffte) Kürzen der Schnäbel gezählt wird.[12] Einzelnachweise
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