Heinrich VI. von Rottenburg, Landeshochmeister von Tirol, besaß ein Drittel des Landes und war, an den Einkünften gemessen, reicher als der Landesfürst, der sich keine so prunk- und glanzvolle Hofhaltung leisten konnte, wie der Rottenburger. Auf diese Macht gestützt, gründete er nach Auflösung des Elefantenbundes den Falkenbund am Ostermontag, den 28. März 1407 in Bozen, daher auch „Boznerbund“ genannt, bestehend aus 126 Tiroler Landherren, darunter den meisten der 21 Mitglieder des Elefantenbundes.[2] Außer den Adeligen waren zahlreiche Städte und Gemeinden Mitglieder des Bundes, so Meran, Tramin, Trient, Nonsberg, Fleims, Pergine usw. Sie waren durch ihre Bürgermeister vertreten. Nonsberg delegierte die Notare Wilhelm von Cles, Delaitus von Cusiano, Alexander von Cazziffo und Semblantus von Pavillo.[3][4]
Als Abzeichen trugen die Mitglieder an einem breiten Bande einen silbernen Falken um den Hals. Der Falkenbund wurde auf 10 Jahre geschlossen. Die Bundessatzung (Bundesurkunde) hatte 15 Artikel. Der erste und wichtigste Zweck des Bundes war der Satzung des Elefantenbundes wörtlich entnommen. („Sollte der Herzog gegen einen aus uns wider Landesrecht gewalttätig verfahren, so wollen wir den Herzog gemeinschaftlich ermahnen und ihn mit Fleiß bitten, keine Neuerungen durchzuführen. Sollte einer von uns anderwärts an seinen Rechten verkürzt werden, so wollen wir uns vereinigen ihm zu Rechte zu verhelfen.“)[5] Im Falkenbund sah man die Anfänge einer tirolischen Vierstände-Verfassung. Der Falkenbund war offiziell gegen die Appenzeller und Bayern eingerichtet.
Herzog Friedrich IV., gegen den sowohl Elefanten- wie auch Falkenbund gerichtet waren, handelte sehr klug, als er am 24. März 1408 selbst dem Bund beitrat. So nahm er diesem die gegen ihn gerichtete Spitze.[3][6]
Bald versuchte Heinrich von Rottenburg den Falkenbund zur Durchsetzung seiner hochverräterischen Pläne (25. Mai 1410) zu missbrauchen. Nachdem im Mai 1410 in Trient ein Aufstand gegen den Bischof ausgebrochen war, zog Heinrich, obwohl nicht gerufen, mit seinen Raubrittern gegen die Stadt, erstürmte sie und ließ alle Anhänger des Herzogs niedermetzeln und ihre Burgen zerstören. Zu gleicher Zeit sollten aus den Rottenburgischen Schlössern und aus jenen der Mitglieder des Falkenbundes die Pfleger mit ihren Knechten aufbrechen und die Getreuen des Landesfürsten überall gefangen nehmen. So kam es natürlich zum offenen Bruch zwischen Heinrich und Friedrich mit der leeren Tasche, wie der Herzog auch genannt wurde. Jedoch erwies sich Friedrich als der Stärkere, die Mitglieder des Bundes hielten ihm die Treue und nach Niederwerfung Rottenburgers am 25. März 1411 löste sich der Falkenbund auf. Friedrich war Sieger geblieben. Der Rottenburger floh nach Italien, suchte Hilfe, wurde aber überall abgewiesen, bis er endlich in Herzog Stefan III. von Bayern einen Unterstützer fand.[2]
Bundesmitglieder (Auswahl)
Zu den Bundesmitgliedern zählten vier Hauptleute über das in vier Viertel eingeteilte Land und 122 weitere Adelige.[7]
Martin (von) Jäger der Ältere, aus Tisens (gilt als Vater der fiktiven Sabine (von) Jäger, die im 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts als treulose Geliebte des Minnesängers Oswald von Wolkenstein galt und es als diese zu einer gewissen belletristischen Bekanntheit brachte[8])
Friedrich von Launeburg (Lanaburg, Leonburg), Vorfahre der Herren von Brandis
Leonhard (Lienhart) von Liebenberg und sein Bruder Daniel
Petermann (IV.) von Liebenberg und Vellenberg
Hans Lichtenstein-Karneid und sein Bruder Wilhelm IV.
Albert Jäger: Landständische Verfassung Tirols: 2. Band, 1. Teil. Die Genesis der Landstände Tirols von dem Ende des XIII. Jahrhunderts bis zum Tode des Herzogs Friedrich mit der leeren Tasche 1439. Verlag Wagner, Innsbruck 1882 (Digitalisat).
Einzelnachweise
↑Ernst von Schwind, Alfons Dopsch: Ausgewählte Urkunden zur Verfassungsgeschichte der deutschösterreichischen Erblande im Mittelalter. Innsbruck 1895, S. 303–306, Nr. 161.
↑ abRudolf Granichstaedten-Czerva: Überetsch (Eppan, Kaltern, Tramin, Girlan) – Ritterburgen und Edelleute. In: Österreichisches Familienregister. Band 2. Degener-Verlag, Neustadt an der Aisch 1963, S. 107 f.
↑ abClemens Wenzeslaus Graf von Brandis: Tirol unter Friedrich von Österreich. Verlag Carl Schaumburg und Comp., Wien 1823, S. 150 ff.
↑Clemens Wenzeslaus Graf von Brandis: Tirol unter Friedrich von Österreich. Verlag Carl Schaumburg und Comp., Wien 1823, S. 26 f.
↑Josef Egger: Geschichte Tirolsvon den ältesten Zeiten bis in die Neuzeit. 1. Band. Innsbruck 1872, S. 505 (Scan – Internet Archive).
↑Jakob Andrae Freiherr von Brandis: Geschichte der Landeshauptleute von Tirol. Verlag Wagner’sche Buchhandlung, Bern 1850, S. 156 ff.
↑Gottfried Kompatscher: Volk und Herrscher in der historischen Sage. Zur Mythisierung Friedrichs IV. von Österreich vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart (= Beiträge zur europäischen Ethnologie und Folklore. Reihe A: Texte und Untersuchungen. Band 4). Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 1995, S. 217–221.
↑Ulrich (I.) von Reichholf (* in Wien; † 18. Mai 1417 in Brixen), der früher dem Herzog Leopold IV. als Kanzler diente und lange Zeit (bis 14. April 1405) in Ensisheim im Elsass gefangen war.