Ernestine von Fricken war die illegitime Tochter aus einer Beziehung der unverheirateten Gräfin Caroline Ernestine Louise von Zedtwitz (1784–1861)[2] mit dem Draht-Fabrikanten Erdmann Lindauer aus Grün bei Asch.[3] Die Schwester ihrer Mutter, Charlotte Christiane Friederike von Zedtwitz, und deren späterer Ehemann, der Gutsbesitzer und k. k. Hauptmann Ferdinand Ignaz Freiherr von Fricken (1787–1850) waren selbst kinderlos und nahmen Ernestine zu sich. Offiziell wurde sie erst am 18. Dezember 1834 adoptiert, als Fricken anlässlich der Verlobung Ernestines die Familienverhältnisse ordnen wollte. Eine entsprechende Notiz findet sich als Nachtrag im Taufbuch.
Bekannt wurde Ernestine von Fricken vor allem durch ihre Beziehung mit Robert Schumann, den sie im April 1834 bei Friedrich Wieck kennenlernte. Im August 1834 verlobten sie sich heimlich, und Schumann widmete ihr sein Allegro op. 8 für Klavier. Daneben ist insbesondere sein Carnaval op. 9 eine bleibende Erinnerung an Ernestine von Fricken. Dort symbolisiert er ihre Heimatstadt Asch durch die Tonfolge A-Es(S)-C-H. Im Januar 1836 löste Schumann die Verbindung wieder.
Ab Sommer 1836 lebte sie auf Schloss Buldern bei Dülmen (Westfalen) bei der befreundeten Familie des Freiherrn Klemens von Romberg. Vom 4. bis 6. August 1837 hielt sie sich noch einmal in Leipzig auf und traf dort ein letztes Mal mit Robert Schumann zusammen,[4] ebenso mit Clara Wieck.[5]
Am 5. November 1838 heiratete sie in der katholischen Niklaskirche in Asch den 24-jährigen Grafen Wilhelm von Zedtwitz, Herr auf Asch-Schönbach, einen Sohn des Grafen Casimir Liebmann von Zedtwitz (1770–1822).[6] Sie wird hier nicht als Ernestine von Fricken bezeichnet, sondern nach ihrer leiblichen Mutter als „Fräulein Ernestine Christiane Franziska Zedtwitz gebürtig zu Neuberg N. 28. Herrschaft Asch, Tochter der Fräulein Marianne Karoline Ernestine Louise Edlen [!] von Zedtwitz aus Obertheil-Neuberg.“[7] Der Graf starb bereits am 3. Juli 1839.[8]
1841 widmete ihr Schumann noch seine Drei Gesänge op. 31 nach Texten von Adelbert von Chamisso.
Am 13. November 1844 starb sie in Asch am „Nervenfieber“.[9]
Gustav Schilling, Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften, oder Universal-Lexicon der Tonkunst, Band 3, Stuttgart 1836, S. 57 (Digitalisat)
Adolph Kohut, Friedrich Wieck. Ein Lebens- und Künstlerbild, Dresden und Leipzig 1888, S. 93–105
Rudolph von Procházka, Ernestine von Fricken, Schumanns erste Braut, in: Neue Musikzeitung, Jg. 15 (1894), Nr. 22, S. 267 f. (Digitalisat). – Nachdruck in: Rudolph von Procházka, Arpeggien. Musikalisches aus alten und neuen Tagen, Dresden 1897, S. 107 f.
Wilhelm Joseph von Wasielewski, Robert Schumanns Herzenserlebnisse. Ein wichtiger Nachtrag zur Schumannbiographie, in: Deutsche Revue, Jg. 22/1, 1897, S. 40–52 und S. 226–239 (mit einem Brief von Ignaz von Fricken an seine Adoptivtochter Ernestine vom 23. August 1834)
Ernst Rychnovsky, Robert Schumann und Hauptmann Ferdinand Ignaz von Fricken, in: Deutsche Arbeit. Monatschrift für das geistige Leben der Deutschen in Böhmen, Jg. 9, Nr. 9 vom Juni 1910, S. 548–552
Karl Alberti, Beiträge zur Geschichte der Stadt Asch und des Ascher Bezirkes, Band 4, Asch 1940, S. 133–140
Werner Schwarz, Robert Schumann und Böhmen. Aus unveröffentlichten Briefen und Aufzeichnungen von 1840 bis 1850, in: Musik des Ostens, hrsg. von Fritz Feldmann und Hubert Unverricht, Band 8, Kassel: Bärenreiter 1982, S. 129–144
Paul Schwake, Robert Schumanns „Braut“ Ernestine von Fricken. Beziehungen über Gottfried August Ferie zu Ennigerloh, in: An Ems und Lippe. Heimatkalender für den Kreis Warendorf, Jg. 3 (1989), S. 45–47
Albin Buchholz, Eine „Virtuosin ersten Ranges auf dem Klaviere“. Ernestine von Fricken – eine Persönlichkeit, die sich um das Musikleben des Vogtlandes verdient gemacht hat, in: Vogtländische Heimatblätter. Zeitschrift für Natur, Kultur und Heimatgeschichte, Jg. 2 (1997), S. 26–30
Albin Buchholz, Zwei Gedenktafeln für Ernestine von Fricken und Robert Schumann in Aš/Asch. Ein Beitrag zur 200. Wiederkehr des Geburtstages von Robert Schumann, in: Sborník muzea Karlovarského kraje 20 (2012), S. 305–316
Einzelnachweise
↑Pilsen, Státní oblastní archiv v Plzni, Geburts- und Taufregister des Dorfs Neuberg, 1814–1836, S. 21 f., Nr. 25 (Digitalisat).