Erich Gruner schuf das Logo der Leipziger Messe GmbH, das sowohl als überdimensionales, durchfahrbares Einfahrtstor an der Alten Messe, am Messeturm am Eingang des neuen Messegeländes im Norden Leipzigs, als auch als markantes drehendes Werbesignet auf dem Wintergartenhochhaus in Leipzigs Stadtmitte zu finden ist.
Gruner war der Sohn des Leipziger Kaufmanns Louis Gruner. Er studierte von 1900 bis 1905 an der Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. Schon ab 1902 war er in der Meisterklasse, und 1903 schloss er das Studium ab. Von 1903 bis 1904 leistete er in Leipzig den Militärdienst ab. Dabei zeichnete und malte er nebenbei, um das Geld für einen Aufenthalt in Paris zu verdienen. Ab 1905 war er mit einem Stipendium der Stadt Leipzig in Paris und arbeitete an der Academie des Beaux Arts. Mit Jean-Paul Laurens hatte er dort nur flüchtigen Kontakt. „Das war kein Lehrmeister für mich, zu dem ich Vertrauen fassen konnte“. Auch Henri Matisse, dem er begegnete, sagte ihm nicht zu. Im Atelier Bachet lernte Gruner Georg Walter Rössner kennen. Sie befreundeten sich und unternahmen zusammen eine Studienfahrt durch Frankreich, auf die Insel Jersey, nach Belgien und Holland. Danach ging Gruner wieder nach Leipzig. 1909 erhielt er ein Stipendium der Kröplerschen Stiftung und ging mit Hugo Steiner-Prag auf Studienfahrt nach Lissabon und nach Spanien. 1920 wandert er mit Valerian Tornius und Heinrich Houben über die Alpen nach Italien.
In Leipzig erhielt Gruner dank guter Kontakte zur Kaufmannschaft viele Aufträge. Er bediente die ganze Bandbreite der Gebrauchsgrafik und wurde einer der meistbeschäftigten Gebrauchsgrafiker der Stadt, betätigte sich aber erfolgreich auch als freier Maler und Grafiker, u. a. mit einer Anzahl grafische Zyklen.
Gruner war künstlerischer Berater des Leipziger Messeamts. Im Jahr 1917 (in anderen Quellen wird das Jahr 1920 genannt) schuf er das LogoMM für „Mustermesse“, zwei aufeinander ruhende Großbuchstaben.[1] Das Kürzel findet sich bis heute im Logo der Leipziger Messe GmbH und auf dem Messeturm am Eingang des Messegeländes im Norden Leipzigs, sowie als markantes drehendes Werbesignet auf dem Wintergartenhochhaus in der Leipziger Stadtmitte. Gruner gründet 1918 und leitete dann beim Leipziger Verlag Meissner & Buch die bedeutende Mappen-Edition von Originalgrafik „Drucke der Wahlverwandten“.[2]
Gruner war maßgeblich an der Gestaltung des Festumzugs zur 500-Jahr-Feier der Universität Leipzig sowie an der künstlerischen Gestaltung der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik im Jahr 1914 und der Internationalen Pelzfach-Ausstellung im Jahr 1930 in Leipzig beteiligt. Für Letztere schuf er auf „gigantischen, zwischen silbernen Gestängen hängenden Segeln 74 Kürschnerwappen aller Zeiten aus den verschiedenen Städten und Ländern des In- und Auslandes“ sowie ein 0,80 × 8,80 Meter großes Gemälde, das Hauptbild des Saales.[3]
Ab 1. Januar 1931 war er Leiter der neu errichteten Leipziger Kunstgewerbeschule, an der er erstmals in Deutschland Bühnenbildgestaltung als Lehrfach einführte. Erich Gruners grafisches Gesamtwerk umfasst eine Vielzahl von Arbeiten in unterschiedlichen Techniken (Radierungen, Lithografien, Holzschnitte, Linolschnitte und Zeichnungen), meist thematisch zusammengefasst in Zyklen oder seriellen Mappenwerken. Nach der kriegsbedingten Zerstörung und endgültigen Schließung der Kunstgewerbeschule im Jahre 1946 arbeitete er bis zu seinem Tod als freier Künstler.
Er war seit 1911 mit Katharina „Käthe“ Gruner (gebürtige Katharina Meyer, Tochter eines Fabrikanten aus Leipzig, ansässig in Kleinsteinberg) verheiratet. Der Ehe entstammten zwei Kinder. Die Ehefrau führte nach Gruners Tod seine Jahrzehnte umfassenden Tagebücher weiter (heute im Bestand der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) in Dresden). Erich Gruners Bruder war der Architekt Walter Gruner (1883–1961).
Ein Teil seines Nachlasses befindet sich im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig.[6] Seine umfangreichen Tagebücher über den Zeitraum von Jahrzehnten sind im Bestand der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) in Dresden, die sie auf einer Auktion erworben hat.
Werke (Auswahl)
Druckgrafik
Meppen Bocksbarts nächtliches Floherlebnis und Traum (10 Lithographien; 1920 im Verlag Meissner & Buch, Leipzig, als bibliophiles Buch mit den Originallithografien, Mappenmaß 41 × 31,5 cm, Auflage 180)
Kriegstagebuch (zwölf Holzschnitte)
Krieg (15 Ätzradierungen; 1922 im Verlag E. A. Seemann, Leipzig, als Mappe mit den Originalradierungen, Mappenmaß 41 × 31,5 cm, Auflage 100)
Eva (sechs Kupferstiche)
Kavaliere (zehn Lithografien)
Träumereien (acht Lithografien)
Tod des Antichrist (zwölf Lithografien)
Plakatentwürfe
Arnold Schönberg. Gurrelieder (Konzert in der Alberthalle, 1914)[7]
Helft, daß wir den Siegeslorbeer erringen. Zeichnet die Kriegsanleihe (1917)[8]
Carl Chun: Der historische Festzug anläßlich der Jubelfeier des 500jährigen Bestehens der Universität zu Leipzig. J. J. Weber, Leipzig, 1909
Martin Andersen Nexø: Sonnentage. Reisebilder aus Andalusien. Merseburger, Leipzig, 1909
Julius Zeitler (Hrsg.): Zunftliederbuch. Gesellige Lieder nach schönen Weisen für Buchdrucker, Buchbinder, Buchhändler und das ganze Buchgewerbe zu Singen im Zunfthaus auf der Bugra. Georg Merseburger, Leipzig, 1914
Arno Holz: Des berühmbten Schäffers Dafnis sälbst verfärtigte auffrichtige und Reue mühtige Riesen-Bussthräne (mit Richard Winckel). Meissner & Buch, Leipzig, 1918
Valerian Tornius: Schöne Seelen Studien über Männer und Frauen. Klinkhardt & Biermann, Leipzig, 1920
Erich Gruner: Judas. Selbstverlag. Leipzig 1912[10]
Deutsche Buchkünstler und Gebrauchsgrafiker der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Erich Gruner. Verlag des Deutschen Buchgewerbevereins, Leipzig, 1924
Varia
Von Erich Gruner sind aus dem Jahr 1919 Entwürfe überliefert, die die Bergkirche Beucha mit einer von Gruner gestalteten Innen-Ausmalung der Kirche zeigen. Das Projekt wurde nicht verwirklicht.[11]
Der Publizist Lutz Heydick würdigte Erich Gruner und sein Schaffen mit einem Bild-Vortrag am 19. September 2019 in der Bergkirche Beucha.[12]
Literatur
Arndt Beyer: Erich Gruner. In: Das Plakat. Mitteilungen des Vereins der Plakatfreunde. Bd. 5 (1914), Heft 3, o. S. (Digitalisat).
C. K.: Erich Gruner. In: Gebrauchsgraphik, Jg. 5 (1929), Heft 2, S. 19–24 (Digitalisat).
Lutz Heydick: Der Leipziger Maler Erich Gruner – Seine Kleinsteinberger Sommer und Bilder. Sax-Verlag, Beucha und Markkleeberg 2017, ISBN 978-3-86729-210-8.
Gruner, Erich. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S.325 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
Unsterblich durch Doppel-M. Erich Gruner zum 125. Geburtstag. In: Deutsche Briefmarken-Zeitung. Ausgabe 23/2006, S. 38 f.
↑Friedrich Schulze: Die künstlerische Ausstattung des Meistersaales. In: Otto Lerche (Schriftleitung): IPA - Internationale Pelzfachausstellung, Internationale Jagdausstellung Leipzig 1930, Amtlicher Katalog. Leipzig 1930, S. 324.
↑Flyer des Sax-Verlags von 2017 mit Informationen zum Buch „Der Leipziger Maler Erich Gruner – Seine Kleinsteinberger Sommer und Bilder“ von Lutz Heydick
↑„Brandiser Gespräche – am 19. September in Beucha: Die Beuchaer Bergkirche und der Leipzig-Kleinsteinberger Maler Erich Gruner − Einen Leipziger Jahrhundertkünstler führt es 1910 nach Kleinsteinberg, wo er heimisch wird und für die Ausmalung der Bergkirche Entwürfe schafft, deren Umsetzung trotz honoriger Unterstützung letztlich an der Inflation scheitert. Seine Skizzen für den Altarplatz und Triumphbogen sind erhalten, ebenso viele seiner Kleinsteinberger Ölgemälde, zudem die handschriftlichen Tagebücher des Künstlers über Jahrzehnte hin, wie jüngste Archivfunde ergaben. Im Bildvortrag von Lutz Heydick werden dieses vergessene Ausmalungsprojekt, sein Schöpfer und ein unbekanntes Kapitel Ortsgeschichte vorgestellt.“ Quelle: http://www.stadtkirche-brandis.de/main.php?id=16 – abgerufen am 19. September 2019