Bergners Eltern waren Emil Ettel und seine Frau Rosa, geb. Wagner – beide waren eher säkulare Juden. In der Familie lernte sie als Hauslehrer den Medizinstudenten (und später berühmten Gruppentherapeuten) Jacob Moreno kennen, dem sie später den Anstoß zuschrieb, an die Bühne zu gehen.[1] Ihre Ausbildung erhielt sie an privaten Schauspielschulen sowie von 1912 bis 1915 am Konservatorium in Wien. Sie debütierte im Jahr 1915 am Theater in Innsbruck, später folgten Auftritte in Zürich (1916/17, Stadttheater), Wien (1919/20, Neue Wiener Bühne), München (1920 bis 1922, Münchner Kammerspiele und Staatstheater am Gärtnerplatz) und Berlin (ab 1921). Während ihres Aufenthaltes in Zürich lebte Bergner mit der deutsch-französischen Dichterin Claire Goll zusammen.[2] In Zürich saß sie auch als Modell für den Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, der sich unglücklich in sie verliebte.[3] Unwissentlich hatte Bergner dadurch einen „beträchtlichen Teil der modernen Skulptur beeinflußt“, sie fungierte als Inspiration für Constantin Brâncuși und Félix Henri Giacomotti.[2] Ihre erste Filmrolle erhielt sie im Jahr 1922 als bucklige Schneiderstochter in Der Evangelimann. Der Durchbruch gelang ihr 1923 unter Victor Barnowsky mit dem Shakespeare-Stück Wie es euch gefällt am Lessing-Theater in Berlin.[4] Damit wurde Bergner die am meisten gefeierte Bühnenschauspielerin Berlins.
Elisabeth „Lisl“ Bergner hatte zahlreiche Beziehungen zu Männern.
Mit dem österreichischen Schriftsteller Albert Ehrenstein hatte sie eine Liebesbeziehung.[5] Ab 1924 arbeitete sie ausschließlich mit dem RegisseurPaul Czinner zusammen, der auch privat ihr Partner wurde. Ihr größter Stummfilmerfolg wurde Fräulein Else.
Als Juden mussten sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zuerst nach Wien und dann nach London fliehen, wo sie auch heirateten. Sowohl den Umstieg von der Stummfilmzeit zum Tonfilm als auch die sprachliche Anpassung an ihre neue Wirkungsstätte schaffte sie mühelos. Bereits im Jahr 1934 spielte sie Katharina die Große unter der Regie ihres Mannes. Der Film wurde allerdings in Deutschland verboten. Ein Jahr später erhielt sie für ihre Rolle in Verlass mich niemals wieder ihre einzige Oscar-Nominierung.
Im Jahr 1940 emigrierten Bergner und Czinner nach Hollywood, doch Bergners einziger Hollywood-Film Paris Calling (1941) war kein großer Erfolg. Sie verlegte den Schwerpunkt ihrer Arbeit wieder auf die Bühne. Nach dem Ende des Krieges arbeitete sie in New York unter anderem bei dem deutschsprachigen Theater Players from Abroad, bis sie 1950 nach England und 1954 nach Deutschland zurückkehrte, wo sie als Theater- und Filmschauspielerin erfolgreich wirkte.
Am 12. Mai 1986 verstarb Elisabeth Bergner im Alter von 88 Jahren. Ihre Grabstätte befindet sich im Golders Green Crematorium in London.[6]
Margret Heymann: Elisabeth Bergner – mehr als eine Schauspielerin. Vorwerk 8, Berlin 2008, ISBN 978-3-940384-13-3. DNB98874936X (mit Inhaltsverzeichnis)
Raimund Hoghe: »Ja, fürchten dürfen sie sich nicht«. Die Schauspielerin Elisabeth Bergner. In: Raimund Hoghe: Wenn keiner singt, ist es still. Porträts, Rezensionen und andere Texte. Verlag Theater der Zeit, Berlin 2019. ISBN 978-3-95749-233-3. DNB1184923574 (mit Inhaltsverzeichnis). S. 70–77.
Anne Jespersen: Tödliche Wahrheit oder raffinierte Täuschung. Die Frauen in den Filmen Elisabeth Bergners. In: Michael Omasta, Brigitte Mayr, Christian Cargnelli (Hrsg.): Carl Mayer, Scenar[t]ist. Ein Script von ihm war schon ein Film – "A script by Carl Mayer was already a film". Synema, Wien 2003, ISBN 3-901644-10-5.
C. Bernd Sucher (Hg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 1995, 2. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 62 f.
Klaus Völker: Elisabeth Bergner – Das Leben einer Schauspielerin. Ganz und doch immer unvollendet. (Beiträge zu Theater, Film und Fernsehen aus dem Institut für Theaterwissenschaften der Freien Universität Berlin 4). Ed. Hentrich, Berlin 1990, ISBN 3-926175-72-9.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 1: A – C. Erik Aaes – Jack Carson. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 351.
Kay Weniger: 'Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …'. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. S. 96 f., ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8.
Gespräch mit Elisabeth Bergner, Komm, ich werf dir die Sonne. In: Birgit Lahann: Hausbesuche. Zu Gast bei Künstlern, Stars und Literaten . Engelhorn, Stuttgart 1985. ISBN 978-3-87203-005-4. DNB850657741 (mit Inhaltsverzeichnis)
↑M. Heymann, Elisabeth Bergner – mehr als eine Schauspielerin, Berlin 2008, S. 12 f.
↑ abClaire Goll: Ich verzeihe keinem. Eine literarische Chronique Scandaleuse unserer Zeit. Hrsg.: Otto Hahn. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., Berlin 1976, S.31.
↑Elisabeth Bergner: Unordentliche Erinnerungen. 1. Auflage. Henschelverlag, Berlin 1987, ISBN 3-362-00140-8, S.19–31.
↑Hansjörg Schneider: Die Zeit ist aus den Fugen – Dresdens Schauspiel in den zwanziger Jahren. Verlags- und Publizistikhaus, 2007, ISBN 978-3-9810690-2-0, S.10.
↑Géza von Cziffra: Der Kuh im Kaffeehaus Knaur TB 1049, Seiten 228/229.