Einzelhandelsverkaufspreis bzw. Endverbraucherpreis (abgekürzt EVP) war in der DDR die Bezeichnung für staatlich vorgeschriebene Festpreise von auszeichnungspflichtigen Einzelhandelswaren in Mark. Vor der Einführung des EVP gab es den Verkaufseinzel(handels)- oder Verbraucherendpreis (VEP). Diese Preise galten landesweit (einige Lebensmittel, jedoch keine auszeichnungspflichtigen, sowie Gaststättenpreise und Mieten waren in Ost-Berlin etwas teurer) und waren auf jeder Verpackung aufgedruckt oder auf der Ware selbst angebracht, da die Preise bei vielen Produkten über lange Zeiträume unverändert galten. Nur bei wenigen Artikeln wurde z. B. aus Gründen des Exports kein EVP angebracht. So hatten die meisten Filmpackungen von ORWO (VEB Filmfabrik Wolfen) keinen EVP-Aufdruck, da sie genau so in den Export gingen, wie sie im Inland verkauft wurden. Seit Anfang der 1980er Jahre wurden die Preise in Büchern, auf Landkarten und ähnlichen Druckerzeugnissen codiert aufgeführt, in der Regel in Form einer halbfett gedruckten fünfstelligen Zahlenfolge, wobei die letzten beiden Ziffern die Pfennige auswiesen.
Die Preisfestsetzung erfolgte unter staatlicher Aufsicht durch das Amt für Preise beim Ministerrat, im Wesentlichen unter Berücksichtigung der Herstellungskosten.[1] Die Preise wurden im Statistischen Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik exemplarisch publiziert. Die EVP für Grundnahrungsmittel, Arbeits- und Kinderbekleidung, Spielwaren etc. wurden häufig mit staatlichen Zuschüssen gestützt, d. h. die Herstellungskosten dieser Waren lagen teilweise deutlich über dem jeweiligen EVP.[2] Langlebige Konsumgüter, Güter des gehobenen Bedarfs und Luxusartikel wurden dagegen mit erheblichen, staatlich festgelegten Preisaufschlägen verkauft.
Der EVP setzte sich rechnerisch aus dem Industrieabgabepreis (IAP) und der Großhandels- und Einzelhandelsspanne zusammen. Eine Mehrwert- oder ähnliche Steuer wurde nicht erhoben.
Es gab für die Warenabgabe von Großhandel an Einzelhandel im Übrigen auch den sogenannten Großhandelsverkaufspreis (GVP).
0,55 M für eine Postkarte mit Luftpost ins nichtsozialistische Ausland (1989)
Öffentlicher Personenverkehr
0,08/0,12 M pro Kilometer für Fahrscheine (2./1. Kl.) der Deutschen Reichsbahn (Kinder bis 6 Jahre frei, 331/3 Prozent Ermäßigung für Sonntags- und Ferienrückfahrkarten sowie für Rentner dienstags bis donnerstags, 50 Prozent Ermäßigung für Schüler und Studenten, 75 Prozent Ermäßigung für Studenten, Lehrlinge bzw. Arbeiter für Fahrten zwischen Heimat- und Studien-, Ausbildungs- bzw. Arbeitsort (Schüler- bzw. Arbeiterrückfahrkarte)) sowie für Soldaten zwischen Dienst- und Heimat- bzw. Urlaubsort (Militärfahrkarten)
0,10 M bis 0,20 M eine Fahrkarte für Straßenbahn oder Bus im Stadtverkehr, oft in Form von Sammelkarten mit mehreren Abschnitten zum Abreißen, üblicherweise ohne Umsteigeberechtigung (deshalb hielten sich die Verästelungsnetze lange, jede Einstellung einer Verbindung verdoppelte bei den Betroffenen die Fahrpreise bei gleichzeitig längerer Fahrzeit).
0,20 M eine einfache Fahrt der Ost-Berliner S- und U-Bahn (Preisstufe I), Bus und Straßenbahn (innerhalb Ost-Berlin)
0,50 M eine einfache Fahrt innerhalb einer Stadt bei den um 1970 eingerichteten neuen S-Bahn-Systemen
1,00 M eine Tagesfahrkarte (beliebig viele Fahrten) der Berliner S-Bahn (innerhalb Ost-Berlin, 1984)
2,00 M eine Tagesfahrkarte (beliebige Fahrten) in allen öffentlichen Verkehrsmitteln (U-Bahn, S-Bahn, Bus und Straßenbahn) (innerhalb Ost-Berlin, 1984)
5,00 M eine Monatskarte in Berlin für eine Linie (und die auf dem gleichen Weg verkehrenden Fahrten anderer Linien) (Bus, S-Bahn, Straßenbahn und U-Bahn)
10,00 M eine ermäßigte Monatsnetzkarte für Straßenbahn und Bus in Dresden (80er Jahre)
20,00 M eine persönliche Monatsnetzkarte für Straßenbahn und Bus in Dresden (80er Jahre)
19,00 M Eine Fahrkarte der Deutschen Reichsbahn über 200 Kilometer im Schnellzug (16,00 M für die 200 km plus 3,00 M Schnellzugzuschlag)
66,00 M ein Hin- und Rückflug Berlin–Prag mit der Interflug
20,00 M Fe3O4-Kassette (60 min) bis Mitte der 1980er Jahre, danach 17,00 M
23,60 M Kaufkassette mit Popmusik (Amiga)
30,00 M CrO2-Kassette (60 min & 90 min) für Radiorecorder (seit den 70er Jahren im VEB Magnetbandfabrik Dessau im Auftrag von Sony, BASF usw. produziert, später als DDR-Produkt für 25 M in minderer Qualität)
2300,00 M beste Kleinbildspiegelreflexkamera Praktica B 200 mit Standardobjektiv (um 1985)
4350,00 M analoger polyphoner Synthesizer Tiracon 6V (ab 1987)
Bemerkungen
Zur Einschätzung der Kaufpreise sollte man folgendes Nettoeinkommen berücksichtigen: Der staatlich festgesetzte monatliche Mindestlohn (Vollzeittätigkeit) betrug 1976 in der DDR 400 Mark. Die Mindestrente betrug 315 Mark und ein Student bekam 200 Mark Stipendium monatlich (bei einer Miete im Studentenwohnheim von 10 Mark). Das tatsächliche Haushaltsnettoeinkommen betrug 1980 bei einem Einpersonenhaushalt 778 Mark, bei einem Vierpersonenhaushalt 1720 Mark (Statistisches Jahrbuch der DDR 1981).
Der Durchschnittsverdienst eines Industriearbeiters betrug im Jahr 1970 748 Mark pro Monat brutto. Der Bruttoverdienst eines Ingenieurs nach dem Fachschulstudium betrug 1979 640,- M Anfangsgehalt und erhöhte sich bis etwa 900,- M im Laufe der weiteren Arbeitsjahre. Die steuerliche Belastung war vergleichsweise gering, für die Kranken- und Rentenversicherung mussten insgesamt 10 Prozent (maximal 60 Mark bzw. 120 Mark bei freiwilliger Zusatzrentenversicherung und Kappungsgrenze bei 1200 Mark, auf Wunsch auch über das gesamte Bruttogehalt) abgeführt werden. Eine Arbeitslosenversicherung existierte nicht und war auch nicht notwendig. Pro Kind erhielten die Eltern 20 Mark Kindergeld. Familien mit drei oder mehr Kindern galten als kinderreich und erhielten zusätzliche finanzielle und materielle Unterstützung. Ein Fabrikarbeiter im Schichtdienst konnte mit Zulagen in Ost-Berlin aber auch Spitzenverdienste von etwa 1400 Mark erzielen.
Auch ein vergleichsweise hoher Preis für einzelne Güter (Farbfernseher bis zu 8300 Mark) bedeutete allerdings nicht, dass die Artikel in ausreichender Anzahl zur Verfügung standen. Häufig war ein Kauf nur möglich, wenn der Käufer entsprechende Beziehungen hatte. Für viele knappe Waren und Dienstleistungen bildete sich daher ein Schwarzmarkt. Auf diesem wurde, so etwa für gebrauchte Autos, oft deutlich mehr als der offizielle Neupreis verlangt. Teilweise wurden dort Waren oder Dienstleistungen nur gegen DM (Westmark) bzw. Forumschecks angeboten, Schlüsselwörter in Kleinanzeigen waren z. B. als Tauschobjekte „blaue Fliesen“ oder „blaue Kacheln“, womit der blaue 100-DM-Schein gemeint war.
Kaufkraftbereinigt verteuerten sich 1990 vor Einführung der DM im Vergleich zu heutigen Preisen besonders die Wohnungsmieten und Fahrpreise im ÖPNV. Preise für Grundnahrungsmittel blieben (unter Heranziehung eines Lebensmittel-Discounters) in etwa konstant, während die Preise für höherwertige Lebensmittel und langlebige Konsumgüter teils drastisch zurückgingen. Dabei ist zu beachten, dass die bereinigten Güterpreise heute auch im Vergleich zum damaligen Preisniveau in Westdeutschland erheblich gesunken sind (etwa bei Fernsehgeräten und anderer Elektronik).