Eike Pies (* 22. März1942 in Duisburg-Hamborn; Pseudonyme: Wilhelm van der Horst, John F. Mortimer, Jules Silver, Jean-Baptiste Delacour) ist ein deutscher Theaterwissenschaftler, Historiker, Journalist, Schriftsteller, Verleger, Unternehmensberater für Öffentlichkeitsarbeit, Museumsstifter und Vereinsgründer.
Eike Pies studierte Medizin, Theaterwissenschaften, Philosophie, Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Köln, wo er 1969 mit einer theatergeschichtlichen Arbeit promoviert wurde.
Von 1969 bis 1971 war er Feuilletonchef der Tageszeitung Westdeutsche Rundschau in Wuppertal, Lehrbeauftragter für Dramaturgie an der Schauspielschule in Köln und für Theaterkritik an der Volkshochschule in Wuppertal.
Von 1971 bis 1973 war er Pressechef der ECON-Verlagsgruppe mit den Verlagen Econ (Düsseldorf-Wien), Claassen (Hamburg-Düsseldorf) und Marion von Schröder (Hamburg-Düsseldorf) und von 1973 bis 1974 Verlagsleiter der HENN-Verlagsgruppe mit dem Henn-Verlag (Ratingen-Düsseldorf-Kastellaun), dem Universitäts- und Schulbuch-Verlag (Saarbrücken-Düsseldorf) und dem 1973 von ihm gegründeten vms verlag modernes sachbuch (Düsseldorf).
In Wuppertal, Düsseldorf und Sprockhövel gründete er die Firmen Verlagsbüro Dr. Eike Pies und orb-Verlag (1975), Commed – Kommunikations- und Medienbüro GbR, die interma-orb Verlagsgruppe GmbH und Vera Futura, Gesellschaft für interdisziplinäre Prognostik GbR (1977), die Unternehmensgruppe Dr. Pies mit den Firmen Philosophische Praxis Dr. Pies und Verlag Dr. Eike Pies (1989), point systems Dr. Pies & Partner, Consulting GmbH (1992) – BZP Betriebsärztliche Zentrale Dr. Pies GmbH für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit (1994) und druck & buch GbR (2000).
Leistungen
1986 gründete Eike Pies die gemeinnützige Familienstiftung Pies-Archiv, Forschungszentrum Vorderhunsrück e. V. in Dommershausen/Hunsrück, war bis zum März 2014 Vorstandsvorsitzender des Vereins, der in Dommershausen seit 1992 ein Museum mit Archiv und Bibliothek zur Personen-, Regional- und Medizingeschichte unterhalten hat und war bis zu dessen Auflösung im Jahre 2019 Ehrenvorsitzender und Ehrenmitglied. Heute wird die Einrichtung von der Ortsgemeinde Dommershausen als Vorderhunsrück-Museum und Pies-Archiv fortgeführt.
1981 stellte er anhand von Indizien die These auf, dass der französische Philosoph René Descartes 1650 am schwedischen Hof in Stockholm vergiftet worden ist, worüber er ein Drehbuch für eine Fernsehdokumentation und mehrere Veröffentlichungen schrieb. Während der Rechtsmediziner Wolfgang Eisenmenger feststellt: Nichts steht dem klinischen Bild einer Arsenvergiftung ferner als der Krankheitsverlauf von Descartes,[1] stimmt der Mathematikhistoriker Thomas Sonar zwar der 2009 durch Theodor Ebert verbesserten Variante der Mordthese zu, bezeichnet jedoch ebenfalls die Argumentation von Pies als „zu dünn“.[2] Im Gegensatz dazu würdigen u. a. der Düsseldorfer Medizinhistoriker Hans Schadewaldt und der Prager Philosoph Vilem Marvan die überragende Leistung von Eike Pies, denn er habe als erster Wissenschaftler die Krankheitssymptome Descartes als Folge einer Arsenvergiftung erkannt und auch als erster den Namen von Descartes Mörder genannt.[3] Ebert selbst widmet ein Exemplar seines Buches „Eike Pies, ohne den es dieses Buch nicht gäbe“.
Eike Pies veröffentlichte über 100 Bücher zur Medizin- und Kulturgeschichte, Genealogie und Heraldik, schrieb Drehbücher zu Filmen und Fernsehdokumentationen und ist Herausgeber von wissenschaftlichen Buchreihen. Für sein kulturhistorisches Schaffen wurde er u. a. 1993 mit dem Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Schriften (Auswahl)
Das Theater in Schleswig 1618–1839, Kiel 1970
Das Röderhaus, Wuppertal 1971
Prinzipale. Zur Genealogie des deutschsprachigen Berufstheaters vom 17. bis 19. Jahrhundert. Ratingen, Kastellaun, Düsseldorf 1973. ISBN 3-450-01061-1
Einem hocherfreuten Publikum – Kleine Chronik des Theaterzettels, 1. Aufl. Hamburg-Düsseldorf 1973, 2. Aufl. Solingen 2000
Ich bin der Doktor Eisenbarth – Arzt der Landstraße, 1. Aufl. Genf 1977, 3. Aufl. Köln 1995
Frauen sind das Paradies der Augen – Weibliche Schönheit in Dichtung und Kunst, Düsseldorf 1980
Wickeren und Gravenhorst bei Uedem – Ein Beitrag zur niederrheinischen Hofesgeschichte, Köln 1982
Waldeck im Hunsrück – Geschichte der Herrschaft, der Burg und des Schlosses sowie des gleichnamigen Ritter-, Freiherren- und Grafengeschlechtes, Sprockhövel-Düsseldorf 1983
Pies – Piesen – Piesacken, 1. Teil Mönchengladbach 1986, 2. Teil Sprockhövel-Dommershausen 1992; japanische Ausgabe Tokyo 1998
Geschichte der ehemaligen Herrschaft Waldeck mit den Dörfern Dorweiler, Korweiler und Mannebach, Sprockhövel 1989
Der Mordfall Descartes, 1. Aufl. Köln 1991, 2. und 3. Aufl. Solingen 1996; italienische Ausgabe Il delitto Cartesio, Palermo 1999; japanische Ausgabe Tokyo 2000
Bürgerbücher der Stadt und des Amtes Kastellaun 1568–1798, Sprockhövel-Kastellaun 1991
Dommershausen – Geschichte eines Hunsrückdorfes, Dommershausen-Sprockhövel 1993
101 alte und probate Geheim-Rezepte – Aus den Aufzeichnungen einer Hunsrücker Medicus-Dynastie, 1. Aufl. Briedel 1993, 2. Aufl. Briedel 1994
Aktuelle Adressen und Informationen für Familienforscher, Archive – Verbände – Vereine in der Bundesrepublik Deutschland und für die ehemaligen Ostgebiete, Solingen 1993. 3. Aufl. Solingen 2002 mit jährlich aktuellen Ergänzungslieferungen
Abenteuer Ahnenforschung – Das praktische Handbuch für Einsteiger und Profis, 1. Aufl. Solinge 1994, 6. Aufl. Wuppertal 2009
Pillen, Pulver und Tinkturen – Kleine Kulturgeschichte des ärztlichen Rezeptes, Solingen 1995
Grenzenlos, gruppe rbk – Kunst und Künstler 1946–1966, Solingen 1997
Zünftige und andere alte Berufe, 1. Aufl. Solingen 1997, 3. Aufl. Wuppertal 2005
Scharfrichter- und Schindersippen – Geschichte einer „unehrlichen“ Berufsgruppe vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, dargestellt am Beispiel des ehemaligen Kurfürstentums und Erzstifts Trier sowie in den angrenzenden Herrschaften, mit einer CD-ROM, Solingen 2001
Löhne und Preise von 1300 bis 2000 – Abhängigkeit und Entwicklung über 7 Jahrhunderte, 1. Aufl. Solingen 2003, 6. Aufl. Wuppertal 2008
Meine Familiengeschichte – Der praktische Ratgeber zur Ahnenforschung, 1. und 2. Aufl. Freiburg 2003
Willem Piso (1611–1678), Begründer der Tropenmedizin und Leibarzt des Grafen und späteren Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen in Brasilien und den Niederlanden, Dommeshausen-Sprockhövel 2004
Eisenbarth – Das Ende einer Legende, Leben und Wirken des genialen Chirurgen, weit gereisten Landarztes und ersten deutschen Arzneimittelfabrikanten Johann Andreas Eisenbarth (1663–1727), Wuppertal 2004
Das Bild des Arztes, Ärzteporträts aus vier Jahrhunderten, 4 Bände, Dommershausen-Sprockhövel 2005–2008; Gesamtausgabe 2009
Diederich Pies (1590–1666), Pfalz-Neuburgischer und Kaiserlicher Regimentsfeldscherer, Begründer der modernen Chiropraktik, Dommershausen-Sprockhövel 2006
Heraldische und andere Kostbarkeiten, Dommershausen-Sprockhövel 2009
Jacques de Beaulieu (1651–1714) genannt „Frére Jacques“, Leben und Wirken des französischen Chirurgen, Dommershausen-Sprockhövel 2009
Wilhelm Fabry (1560–1634) – Ein rheinisch-bergischer Chirurg von europäischer Bedeutung, Dommershausen-Sprockhövel 2010
Johann Weyer (1515–1588), Leibarzt Herzogs Wilhelm des Reichen von Jülich-Kleve-Berg und mutiger Gegner des Hexenwahns, Sprockhövel 2011
Dorothea Christiane Erxleben geborene Leporin (1715–1762) – Die erste promovierte Ärztin in Deutschland, Dommershausen-Sprockhövel 2011
Westfälisches Autorenlexikon, Bd. 4 (1900 bis 1950), Paderborn 2002
Ingvild Neufang-Pies (Hrsg.): In arte voluptas – Eike Pies zum 60. Geburtstag, Festschrift mit Biographie und Bibliographie sowie Beiträgen von 23 Autoren, Dommershausen-Sprockhövel 2002 (Aktuelle Nachlese: In arte voluptas II, Dommershausen-Sprockhövel 2012)
Clarissas Krambude – Autoren erzählen von ihren Pseudonymen, Neckenmarkt 2011
↑Wolfgang Eisenmenger: Der Mordfall Descartes. Quincy läßt grüßen - „Nicht einmal ein Anfangsverdacht“. In: Münchener Medizinische Wochenschrift 139 (1997) Nr. 1/2 S. 64–65.
↑Hans Schadewaldt bei der Vorstellung des Descartes-Buches von Eike Pies in der Stadtbibliothek Wuppertal am 29. Oktober 1981 sowie in seinem Beitrag: Der Medizinhistoriker und Vilem Marvan: Der Descartes-Forscher, beide in der Festschrift: In arte voluptas, Dommershausen-Sprockhövel 2002 (Seiten 84–89 und 73–82). Vgl. dazu auch Ulrich Harbecke: Der unbequeme Philosoph in: Wie geschah es wirklich – Den Geheimnissen der Weltgeschichte auf der Spur, Stuttgart 1990 (S. 118–123) und den ausführlichen Bericht: Schlimmes im Urin in: DER SPIEGEL 32/1996 (S. 160–161)