Der HalbbartDer Halbbart ist ein 2020 erschienener Roman von Charles Lewinsky. Er erzählt die Geschichte von Eusebius (Sebi genannt) und dessen Weg ins Erwachsenenalter. Der Roman spielt im ausgehenden 13. Jahrhundert und endet mit der Schlacht am Morgarten. Der Roman war 2020 für den Deutschen Buchpreis (Longlist) nominiert. Kapitelübersicht
ZusammenfassungDer personale Erzähler Eusebius, der von allen nur Sebi genannt wird, erzählt seine Lebensgeschichte von seiner Kindheit an bis ins junge Erwachsenenalter. Der Roman ist episodenhaft aufgebaut und orientiert sich grob am Auftauchen einer Figur namens Halbbart und dessen Einfluss auf Sebi. Die Geschichte beginnt mit der Beschreibung von Halbbart, dessen eine Gesichtshälfte verbrannt ist. Es folgt die Schilderung des Frondienstes für das Kloster Einsiedeln, bei dem der älteste Bruder Sebis, Origenes (kurz: Geni), sein Bein verliert. Polykarp (kurz: Poli) hingegen gründet ein "Fähnlein" (paramilitärische Einheit). Sebi freundet sich mit dem Aussenseiter Halbbart an, muss aber das Dorf verlassen, als seine Mutter stirbt. Er wird als Mündel an das Kloster Einsiedeln gegeben, wo er niedere Arbeiten erledigen muss. Nachdem der Prior Sebi beauftragt, eine Kinderleiche in den Sautrögen verschwinden zu lassen, flieht Sebi – nicht ohne die Leiche des Mädchens, die er auf den Namen "Perpetua" tauft, zu vergraben und ein behelfsmässiges Kreuz auf das Grab zu legen. Auf der Flucht begegnet er der Teufels-Anneli, einer Geschichtenerzählerin. Auf ihren Ratschlag hin kehrt er in sein Dorf zurück. Jedoch entscheiden seine Brüder, dass er sich verstecken müsse, und geben ihn zu einem Schmied in einem benachbarten Dorf. In seinem neuen Zuhause beim Schmied lernt Sebi dessen Tochter, das Kätterli (eigentlich: Katharina), kennen und verbringt dort seine Adoleszenz. Nach einem Prozess gegen Halbbart, den Geni für diesen gewinnt, indem er sein von Halbbart geschaffenes künstliches Bein vorzeigt und damit beweist, dass Halbbart nicht mit dem Teufel im Bunde steht, kommt auch Onkel Alisi, ein Söldner, zurück und übernimmt das Kommando im Haus. Er will aus Sebi einen Soldaten machen, was ihm nicht gelingt. Der Onkel plant einen Überfall auf das Kloster Einsiedeln und führt diesen gemeinsam mit den Dorfbewohnern aus. Der Überfall hat zur Folge, dass gegen die Schwyzer ein Interdikt erlassen wird. Das Dorf kann damit seine religiösen Bedürfnisse nicht mehr stillen. Während die Wut der Schwyzer allmählich wächst, erlernt Sebi das Geschichtenerzählen bei der Teufels-Anneli. Der Roman gipfelt in dem Hinterhalt der Schwyzer und dem Erwachsenwerden Sebis, indem er seinen Beruf wirklich ergreift. ThemenDas Werk enthält eine Vielzahl an Themen, beispielsweise Literatur, Religion, Krieg und Verfolgung und andere. LiteraturDer Roman beschäftigt sich nebst der historischen Realität auch mit dem Erzählen von Geschichten und Geschichte. So erklärt das Teufels-Anneli Sebi Folgendes: "Das war eine sehr schöne Geschichte, Eusebius. Man wird sie bestimmt noch lang erzählen, und irgendwann wird sie die Wahrheit sein."[1] Auch Eusebius erkennt, dass "eine gute Geschichte [...] besser als eine schlechte Wirklichkeit"[2] sei. ReligionDer Religion sind einige Kapitel gewidmet. Einerseits wird die Frömmigkeit der Figuren hervorgehoben, andererseits übt der Text Kritik an der Kirche. Hubertus, dem Eusebius im Kloster begegnet, äussert die Gedanken, dass man nicht fromm sein müsse, es sei nur wichtig, "dass die anderen es denken".[3] Krieg und VerfolgungDie verschiedenen Figuren sind in unterschiedlichem Mass von Krieg und Verfolgung betroffen. Die titelgebende Figur Halbbart sollte in seiner Heimat wegen der angeblichen Schändung einer geweihten Hostie auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, überlebte aber – im Gegensatz zu Rebekka (vermutlich seine Tochter). Schwerverletzt und entstellt trifft er schliesslich nach längerer Flucht im Dorf von Sebi ein. Er ist geprägt von dieser Zeit, durch seine Verfolgung entwickelte er einen unstillbaren Hass auf die Habsburger. Poli ist fasziniert von Krieg, erachtet diesen aber grösstenteils als Spiel, das man gewinnen kann. Er will seine Kräfte immer wieder mit Gleichaltrigen messen und kann schliesslich in der Schlacht am Morgarten seine Bedürfnisse nach Ruhm und Ehre stillen. Bereits in den ersten Kapiteln wird erläutert, dass er in all seinem Tun dem Onkel nachstrebt, dessen Ankunft im Dorf auch die kriegerischen Aktivitäten in den Vordergrund rückt. Onkel Alisi ist jemand, der lange Zeit als Söldner gedient hat. Er ist, ähnlich wie die Personen aus Der Weg zurück von Erich Maria Remarque nicht mehr in der Lage, in einer nicht-militärischen Umgebung zu bestehen. Er befeuert die Gerüchte und den Hass der Schwyzer auf das Kloster Einsiedeln und die Habsburger. Da er aber lange im Krieg gedient hat, entwickelt er auch die Strategien, die schliesslich zum Erfolg der Schwyzer führen. TitelDer Titel benennt einen der Figuren, den Geflüchteten Halbbart. Gleichzeitig aber ist die Geschichte auch darauf ausgelegt, dass es Halbbart war, der die Hellebarde erfunden haben soll, die in diesem Text als "Halbbarte" bezeichnet wird. FigurenEusebiusEusebius, der von allen nur Sebi genannt wird und im Laufe des Romans auch andere Namen erhält wie Gottfried, ist der Ich-Erzähler der Geschichte. Ihn zeichnet eine besonders gute Merkfähigkeit aus, er ist gläubig und in seinen Handlungen bedacht. Gleichzeitig aber ist er auch eine äusserst naive Person, die viele Dinge nicht versteht und sie besonders im ersten Teil eher unbeholfen ausdrückt. HalbbartDie Titelfigur hat gute medizinische Kenntnisse und ist in der Lage, Genis' Leben durch die Amputation des Beines zu retten. Er hat einen ruhigen und besonnenen Charakter, die Habsburger jedoch bringen ihn dazu, den kriegerischen Absichten Alisis zuzustimmen. OrigenesOrigenes, genannt Geni, ist der älteste Bruder von Eusebius. Als Einbeiniger scheint er zunächst von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden, kann aber durch seine guten Ratschläge die Dorfgemeinschaft wieder hinter sich bringen und erhält durch sein Verhandlungsgeschick einen Posten als Gesandter. PolikarpPolikarp, genannt Poli, ist impulsiv und stur. Er trägt seine Aggressionen offen zur Schau und ist zu einem Kampf immer bereit. SpracheDer Roman enthält eine Vielzahl an Helvetismen, weshalb der Diogenes-Verlag ein Glossar anbietet. Einzelnachweise
|