Cityrunner

Cityrunner in Graz

Der Cityrunner bzw. Flexity Outlook C ist ein Niederflur-Straßenbahn-Wagentyp des Schienenfahrzeugherstellers Bombardier. Ursprünglich als Cityrunner bezeichnet, wird dieses Modell heute vom Hersteller als Flexity Outlook C gemeinsam mit anderen Straßenbahn- und Stadtbahnfahrzeugen der Produktfamilie Flexity vermarktet.

Neben dem Cityrunner wurde auch die „Eurotram“ (Straßburg, Mailand und Porto) unter dem Namen Flexity Outlook E geführt, es handelt sich bei dem Modell aber um eine andere Konstruktion. Da deren Produktion eingestellt wurde, wird heute üblicherweise mit Flexity Outlook das Modell Flexity Outlook C bezeichnet.

Technik und Aufbau

Der Cityrunner ist grundsätzlich als Multigelenkwagen mit meist stufenfreiem Fahrgastraum konstruiert. Das ursprüngliche Konzept sah zum Erreichen der vollständigen Niederflurigkeit die Verwendung von Losradsätzen und Radnabenmotoren vor.[1] Nachdem dieses ab 1992[2] für die Straßenbahnen München, Wien, Saint-Étienne, Helsinki, Augsburg, Zürich, Lyon und Basel angeboten wurde[3] und ein Mock-Up in Basel, Antwerpen und Gent präsentiert worden war,[2] kam das Konzept schließlich beim Cityrunner Graz zur Anwendung.[4] Bereits beim zweiten Auftrag, den Fahrzeugen für die Straßenbahn Linz, wurde jedoch eine andere Laufwerkbauart mit durchgehenden Radsatzwellen und längs an den Seiten angeordneten Motoren entwickelt. Lediglich die Laufwerksrahmen sind dabei noch im Wesentlichen baugleich. Aufgrund der durchgehenden Radsatzwellen musste der Fußboden im Laufwerksbereich auf 450 mm über der Schienenoberkante angehoben werden. Zur sonstigen Bodenhöhe von 365 mm und der Einstiegshöhe von 320 mm gibt es jedoch keine Stufen, sondern Rampen mit einer Neigung von 6 %.[5] Ob diese Konstruktion als vollständig niederflurig einzuordnen ist, hängt also von der verwendeten Definition der Niederflurigkeit ab.

Der Cityrunner verkehrt derzeit in Schienennetzen mit den Spurweiten 900 mm (Straßenbahn Linz), 1000 mm (Meterspur), 1435 mm (Normalspur) sowie 1495 mm (Straßenbahn Toronto). Die Karosserie ist genietet, und die Außenhaut ist in einzelne, miteinander verklebte Einheiten aus Polyester und Sicherheitsglas aufgeteilt, sodass nach einem kleineren Unfall keine Schweiß- und Lackierarbeiten anfallen, sondern die zerstörte Einheit nur neu eingeklebt werden muss. Elektrik, Klimaanlage und elektronische Steuerung befinden sich aufgrund der Niederflurkonstruktion im Dachbereich, der Fahrer sitzt in einer vom Fahrgastraum abgetrennten Kabine. Den Cityrunner gibt es selten ohne Klimaanlage, da sich im Sommer die Hitze im Fahrgastraum aufgrund dunkler Fenster und zu geringer Lüftungsmöglichkeiten staut.

Das Fahrzeug ist modular aufgebaut und kann daher in unterschiedlichen Längen sowohl als Einrichtungs- als auch Zweirichtungsfahrzeug geliefert werden. Ausgeliefert wurden bisher drei-, fünf und siebenteilige Ausführungen mit einer Länge von 19 bis 43,4 Metern. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h. Angetrieben wird das Schienenfahrzeug mit Drehstrommotoren und einer Betriebsspannung von 600 oder 750 Volt, die Nennleistung beträgt 600 kW und es hat eine max. Bremsleistung bei 1800 kW.

Bombardier fertigt die Straßenbahnfahrzeuge für den europäischen Markt in Wien, Brügge und Bautzen, die Fahrzeuge für die Straßenbahn Toronto in Thunder Bay (Ontario). Die Traktions- und Steuerausrüstung wurde ursprünglich von ELIN EBG geliefert, später von Bombardier selbst bzw. von Vossloh-Kiepe[6]. Erstmals eingesetzt wurde der Cityrunner im März 2001 in Graz. Inzwischen gibt es den Cityrunner unter anderem auch in Augsburg, Brüssel, Eskişehir, Genf, Innsbruck, Linz, Łódź und Marseille. Die Endfertigung, insbesondere der Einbau von Achsen, Motoren und Bremsen, erfolgt teilweise bei den Verkehrsbetrieben selbst.

Kritik

Kritik an der Konstruktion gab es nach einem Unfall in Linz im August 2004, bei dem Cityrunner 002 nach einer Kollision mit einem Kleinwagen (Seitenaufprall im Bereich des Führerstandes) entgleiste und dadurch im Haltestellenbereich eine Frau getötet wurde.[7] Es wird vermutet, dass der hohe Schwerpunkt des Fahrzeuges durch Niederflurtechnik und die geringe Spurweite in Linz (900 mm) zu einer Hebelwirkung bei einem seitlichen Aufprall im Frontbereich führen kann und das Entgleisen begünstigt.

Im Jahr 2011 traten in Graz Risse am Fahrwerk auf, die jedoch innerhalb einiger Tage repariert werden konnten.[8]

Design

Die Gestaltung – besonders die der Frontbereiche – des Cityrunner bzw. Flexity Outlook C kann je nach Bestellerwunsch angepasst werden, mehrere Verkehrsbetriebe haben diese Möglichkeit zur Individualisierung genutzt: Beispielsweise ist die Außengestaltung des Fahrzeugs für Marseille speziell entworfen worden und soll den mediterranen und maritimen Charakter der Stadt unterstreichen.[9] Die Brüsseler Variante hingegen soll Art-Nouveau-Stil widerspiegeln.[10]

Grundsätzlich lassen sich zehn verschiedene Außengestaltungen unterscheiden:

Übersicht

Stadt Typ Baujahre Anzahl Fahrzeug-
nummern
Länge Breite Spurweite Bemerkungen
Augsburg siebenteilig ER 2009–2010 027 871–897 40,6 m 2,3 m 1000 mm CityFlex (Baureihen-Bezeichnung CF8), in Betrieb seit September 2009, dann Pause und Neustart im November 2009; bis auf 3 Fahrzeuge wurde die Option auf weitere Fahrzeuge eingelöst. Restoption auf 3 weitere Fahrzeuge
Brüssel fünfteilig ZR 2005–2015 150 3001–3150 32,0 m 2,3 m 1435 mm T3000; später 79 ähnliche Flexity 2 bestellt[11]
siebenteilig 70 4001–4070 43,4 m T4000[12]; später 11 ähnliche Flexity 2 bestellt[11]
Eskişehir fünfteilig ER 2003–2004 033 1–18 29,5 m 2,3 m 1000 mm
2007–2008 05 19–23
2013 010 24–33
Genf siebenteilig ZR 2004–2005 021 861–881 42,0 m 2,3 m 1000 mm
2009–2010 018[13] 882–899
Graz fünfteilig ER 2000–2001 018 651–668 27,0 m 2,2 m 1435 mm
Innsbruck fünfteilig ZR 2007–2009 032 301–326,
351–356
27,6 m 2,4 m 1000 mm in Betrieb seit März 2008; 325, 326 und 351–356 sind für die Stubaitalbahn ausgerüstet (Zugleitsystem)[14][15]
Innsbruck fünfteilig ZR 2019–2020 020 327–335,
371–381[16]
~28 m 2,4 m 1000 mm Option auf 10 weitere Fahrzeuge[17]
Krefeld fünfteilig ZR 2009–2010 019 601–619 30,0 m 2,3 m 1000 mm Lieferung zwischen September 2009 und Mitte 2010; Option auf 19 weitere[18]
2014[6] 012 660–671
Linz siebenteilig ER 2002–2005 021 001–021 40,0 m 2,3 m 0900 mm
2008 012 022–033
Linz dreiteilig ZR 2009 003 501–503 19,16 m[19] 2,3 m 0900 mm Typ Mountainrunner für die steile Pöstlingbergbahn (2009 neu: Spurweite 900 mm, verknüpft mit Straßenbahn) kurz (dreiteilig, vierachsig), mit Magnetschienenbremse
2011 001 504
Linz siebenteilig ER 2011–2012 023 060–082 40,6 m 2,3 m 0900 mm Zweite Serie mit verändertem Außendesign, auch als Cityrunner 2 bezeichnet[20]
2015 006 083–088
Łódź fünfteilig ER 2001–2002 015 1201–1215 29,5 m 2,3 m 1000 mm in Betrieb seit Anfang 2002
Marseille siebenteilig ZR 2006–2007 026 001–026 40,2 m 2,4 m 1435 mm Die Fahrzeuge wurden im Jahr 2012 um 2 Module von 32,5 m auf 40,2 m verlängert und erhielten eine neue Innenausstattung.
2012 006
Palermo fünfteilig ZR 2009– 017 32,37 m 2,4 m 1435 mm
Toronto fünfteilig ER 2012–2020[21] 204[22] 4400–4603[21] 30,25 m[23] 2,54 m[23] 1495 mm Fahrradmitnahme: Jede Garnitur hat zwei Fahrradstellplätze[24] Allradantrieb[23]
2021 bestellt[21] 60[21]
Valencia fünfteilig ZR 2007+? 019 4201–4230, 4231–4244 32,37 m 2,4 m 1000 mm Beschaffung und Betrieb als Serie 4200 durch FGV; Option auf 14 weitere eingelöst. Die Wagen laufen in Valencia auf Straßenbahn-, in Alicante dagegen auf Eisenbahnradsätzen. 750 V, 41 t, 420 kW[25]
Alicante 011+14

ER … Einrichtungs-, ZR … Zweirichtungsfahrzeug

Commons: Bombardier Flexity Outlook Cityrunner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Harry Hondius: ÖPNV-Niederflur-Schienenfahrzeuge im Kommen (3), Teil II. In: stadtverkehr. Nr. 4/1992. EK-Verlag, 1992, ISSN 0038-9013, S. 21.
  2. a b Harry Hondius: ÖPNV-Niederflur-Schienenfahrzeuge im Kommen. Folge 10, Teil 2. In: stadtverkehr. Nr. 2-3/1996. EK-Verlag, 1996, ISSN 0038-9013, S. 15 f.
  3. Harry Hondius: Die Entwicklung der Niederflur- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen in der westlichen Welt. Folge 12, Teil II. In: stadtverkehr. Nr. 10/1998. EK-Verlag, 1998, ISSN 0038-9013, S. 9.
  4. Harry Hondius: Der Bombardier-Cityrunner für die Grazer Verkehrsbetriebe. In: stadtverkehr. Nr. 6/2001. EK-Verlag, 2001, ISSN 0038-9013, S. 6–12.
  5. Harry Hondius: Die Entwicklung der Niederflur- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. Folge 13, Teil II. In: stadtverkehr. Nr. 1/2000. EK-Verlag, ISSN 0038-9013, S. 10–16.
  6. a b Presseinformation: Flotten-Modernisierung schreitet voran: Bombardier und Vossloh – Kiepe übergeben erste von zwölf weiteren Straßenbahnen an SWK (Memento des Originals vom 19. Februar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swk.de Abgerufen am 18. Februar 2017.
  7. Bericht auf Fireworld.at. Abgerufen am 19. August 2011.
  8. Beitrag auf Website der Stadt Graz. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. April 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.graz.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  9. FLEXITY Outlook – Marseille, France – France – Bombardier. Abgerufen am 18. Februar 2017 (englisch).
  10. FLEXITY Outlook – Brussels, Belgium – Belgium – Bombardier. Abgerufen am 18. Februar 2017 (englisch).
  11. a b Harry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. In: stadtverkehr. Nr. 1-2/2020. EK-Verlag, ISSN 0038-9013, S. 4 ff.
  12. Robert Schwandl: Tram Atlas Benelux.
  13. tpg: 18 Cityrunner renforceront l’extension du réseau trams. In: Bahnonline.ch. 17. Oktober 2009, abgerufen am 15. Oktober 2018.
  14. Zehn weitere FLEXITY Outlook Straßenbahnen für Innsbruck. Bombardier, Januar 2008, archiviert vom Original am 10. Juni 2015; abgerufen am 2. Oktober 2016.
  15. Info: Straßenbahnerweiterungen und Stadtregionalbahn. Neubaustrecken und Zeitplan. In: www.strassenbahn.tk. Abgerufen am 2. Oktober 2016.
  16. https://transphoto.org/list.php?serv=0&mid=628&cid=210 abgerufen am 11.12.21
  17. Bombardier Inc.: Pressemitteilung: Bombardier gewinnt Auftrag zur Lieferung und Wartung von 20 Straßenbahnen für Innsbruck. (PDF) 16. Dezember 2015, abgerufen am 18. Februar 2017.
  18. RP Online: Krefeld – Bombardier baut die Bahn
  19. Strassenbahn-Online: Technische Daten: Bombardier – Cityrunner / FLEXITY Outlook C. Abgerufen am 18. Februar 2017.
  20. Linz AG Linien: 6 neue Cityrunner – LINZ AG LINIEN erweitern topmodernen Fuhrpark (Memento des Originals vom 19. Februar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.linzag.at 26. Mai 2015, abgerufen am 18. Februar 2017.
  21. a b c d Robert Schwandl: Urban Rail in Canada. 1. Auflage. Robert Schwandl Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-936573-73-2, S. 66 f.
  22. http://www.ttc.ca/About_the_TTC/Projects/New_Vehicles/New_Streetcars/FAQ/FAQ_GeneralInformation.jsp. Abgerufen am 18. Februar 2017.
  23. a b c Harry Hondius: Entwicklung der Nieder- und Mittelflur-Straßen- und Stadtbahnen. In: stadtverkehr. Nr. 1-2/2014. EK-Verlag, ISSN 0038-9013, S. 6 ff.
  24. Taking the TTC’s Brand New Streetcar for a Ride torontoist.com, 23. Juli 2013, abgerufen am 12. Oktober 2017.
  25. FGV: Parque móvil TRAM. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. März 2023; abgerufen am 15. Februar 2022 (spanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fgv.es