Am 11. Dezember 1861[2] wurde im Gießener Promenadenhaus der Studentenverein Alemannia gegründet, mit dem Ziel die Vormachtstellung der Corps an der Universität Gießen zurückzudrängen. 1862 entwickelte sich die Alemannia zur Studentenverbindung, die sich mit der Burschenschaft Germania und dem Wingolf zum Gießener Präsiden-Convent[3] zusammenschloss, um so ein Gegengewicht zum Gießener Senioren-Convent zu stellen. Aufgrund inhaltlicher Differenzen löste sich der Präsiden-Convent bereits im Wintersemester 1863/64 wieder auf.[4] Am 14. November 1863 wurde die Alemannia schließlich zur Burschenschaft und bildete ab dem 17. Februar 1869 gemeinsam mit der Burschenschaft Germania den Gießener Deputierten-Convent.[5] Am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 nahmen 16 Mitglieder der Alemannia teil. In den Jahren 1873 bis 1877 musste die Alemannia aufgrund Mitgliedermangels suspendieren und konnte erst am 16. April 1877 den Aktivenbetrieb wieder aufnehmen. Im Wintersemester 1878/79 trat sie dem Eisenacher Deputierten-Convent bei.[6] 1881 wurde sie Mitglied im Allgemeinen Deputiertenconvent, der späteren Deutschen Burschenschaft; die Alemannia gehörte der damals arministischen Richtung an.
Am Ersten Weltkrieg nahmen 196 Mitglieder der Alemannia teil, von denen 33 starben.
1922 trat die Alemannia dem Weißen Kreis bei, und verfolgt bis heute dessen Prinzipien. 1925 trat sie dem Altweißen Kartell bei.
Im Wintersemester 1930/31 bestand die Alemannia aus 253 Alten Herren und 93 Mitgliedern der Aktivitas.
Als 1935 die Deutsche Burschenschaft in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund eingegliedert werden sollte, lehnte die Aktivitas der Alemannia den weiteren Verbleib in der DB ab, verließ diese und trat der Alten Burschenschaft bei. Ab dem Wintersemester 1937/38 bestand die Alemannia als Kameradschaft V bzw. als Kameradschaft auf dem Alemannenhaus weiter; ab 1943 als Kameradschaft Karillon bzw. Kameradschaft Kießling.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Alemannenhaus 1940 von der Wehrmacht beschlagnahmt und für Luftschutzzwecke genutzt, so dass die Kameradschaft für ihren Aktivenbetrieb auf andere Verbindungshäuser ausweichen musste. Im Zweiten Weltkrieg starben 53 Mitglieder der Alemannia.
Nachkriegszeit
Nach dem Ende des Krieges wurde das Alemannenhaus zwangsweise an das Arbeits- und Besatzungskostenamt vermietet und konnte erst 1955 teilweise und 1960 vollständig wieder für den Aktivenbetrieb genutzt werden. 1950 war die Alemannia an der Wiedergründung der Deutschen Burschenschaft beteiligt. Im selben Jahr wurde das Altweiße Kartell wieder aufgetan.
Zum Stiftungsfest 1951 lehnte ein Teil der Aktivitas das Farbentragen, sowie das Schlagen von Mensuren ab, sodass die Aktivitas von der Altherrenschaft suspendiert wurde. Diese Studenten gründeten anschließend die Gießener Burschenschaft Wartburg.[8]
Die Alemannia wurde 1952 wieder Mitglied der Deutschen Burschenschaft.
Auf dem Nachbargrundstück des Verbindungshauses wurde im Jahre 1993 ein Appartementhaus mit 15 Wohneinheiten gebaut, welches als Studentenwohnheim genutzt wird.
2009 trat die Alemannia aus der Deutschen Burschenschaft aus und gehört seitdem keinem Korporationsverband an.
Couleur und Wahlspruch
Das Band der Alemannia hat die FarbenBlau-Rot-Gold[9] mit goldener Perkussion. Die Füchse tragen die Farben Blau-Rot-Blau.[10] Als Kopfbedeckung wird eine hellblaue Tuchmütze getragen.
Der Wahlspruch der Alemannia lautet: Viribus Unitis!
Bekannte Mitglieder
Jochen Alkämper (1927–2022), Pflanzenbauwissenschaftler und Hochschullehrer
Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934. S. 1033.
Paul Wentzcke: Burschenschafterlisten. Zweiter Band: Hans Schneider und Georg Lehnert: Gießen – Die Gießener Burschenschaft 1814 bis 1936. Görlitz 1942, T. Alemannia. S. 128–145.
Hans-Georg Balder: Die deutschen Burschenschaften. Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 153–154.
Hugo Böttger (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. Berlin 1912, S. 344–345.
Karl Glässing: Geschichte der Gießener Burschenschaft Alemannia: 1862–1892. Gießen 1892.
Herman Haupt (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. 6. Aufl. (herausgegeben von Max Droßbach und Hans Hauske), Frankfurt am Main 1932, S. 389.
Joachim Hönack, Gernot Schäfer (Red.): Vivat Academia! Studentenverbindungen an der Universität Gießen in Vergangenheit und Gegenwart. Ein Beitrag zur 400-Jahr-Feier der Universität und zur Stadtgeschichte. Begleitband zur Ausstellung mit Kurzchroniken der beteiligten Korporationen. Essen 2007, ISBN 978-3-939413-02-8, S. 149–154.
Jürgen Setter: Kleine Geschichte der Verbindungen in Gießen. Verlag Friesland, Sande 1983, ISBN 3-9800773-0-6, S. 149–152.