Braucommune Freistadt
Die Braucommune in Freistadt ist eine Bierbrauerei in Freistadt, Oberösterreich und wurde 1770 erstmals urkundlich erwähnt. Die Braucommune erzeugt jährlich rund 120.000 Hektoliter Bier,[1] 20.000 hl alkoholfreie Getränke und 15.000 hl Handelsware. Somit ist die Brauerei Freistadt die größte im gesamten Mühlviertel. Mit Stand 2021 werden 120 Mitarbeiter beschäftigt. Das Liefergebiet umfasst das Mühlviertel, den Großraum Linz, Wels, Steyr, umliegendes Waldviertel und Wien.[2] 2021 gründete die Brauerei zusammen mit neun anderen Gründungsmitgliedern den „Verein der Unabhängigen Privatbrauereien Österreichs“. GeschichteFrühes BrauwesenMit den am 5. Juni 1363[3] und am 29. Juni 1363[3] von Herzog Rudolf IV. ausgestellten Urkunden bekam die Stadt Freistadt das Meilenrecht und jeder Hausbesitzer innerhalb der Stadtmauern die Braugerechtigkeit.[4] Nicht jeder Bürger braute sein eigenes Bier, und die Menge wurde auf Grund des Schätzwertes des Hauses festgelegt. Der Magistrat regelte und überwachte diese Menge entsprechend der gültigen Brauordnung. Die älteste Brauordnung des Landes Oberösterreich hat sich in der Stadtordnung von Freistadt von 1440/1447 erhalten.[5] Sie regelt die Brauzeiten, -mengen und -geräte, die Bezahlung des Braumeisters und der Brauknechte, die Lagerung des Bieres, den Preis von Bier und Treber[6] als auch die Strafen für die Einfuhr von Malz aus Böhmen und andere Verstöße.[5] 1525 gab es in der Stadt insgesamt 12 Brauhäuser (heute Eisengasse 10, 12 und 16, Huterergasse 4, Pfarrgasse 20, Salzgasse 3, 32 und „hinter dem inneren Bad“, Samtgasse 7, Waaggasse 15, 22 und 27),[7] 1557 noch 11, 1560 nur noch 8. Im Jahr 1648 gab es noch fünf bürgerliche Brauhäuser, 1685 nur noch das in der Pfarrgasse 20 und jenes in der Salzgasse „hinter dem inneren Bad“.[8] Gebraut wurde ursprünglich nur Braunbier und Rotbier, zuweilen auch das sogenannte Jungbier und Märzenbier. Als Reaktion auf die zunehmende Konkurrenz durch das böhmische Weißbier entstand in Freistadt 1573 das städtische Weißbierbrauhaus, das durch ein eigenes Weißbieramt verwaltet wurde.[9] Im 18. Jahrhundert kam es auf Grund der schlechten Qualität zur Unzufriedenheit der Bürger. Sie schlossen sich zusammen, erwarben 1770 das städtische Weißbierhaus und erbauten zwischen 1771 und 1780 außerhalb der Innenstadt ein neues Brauhaus, das am 2. März 1780 eingeweiht wurde und in welchem am 4. März 1780 der erste Sud Braunbier gebraut wurde.[9] Das Gebäude der alten Weißbierbrauerei, die früher dem Magistrat gehört hatte, wurde an den Tuchhändler Anton König verkauft, für das alte Braunbierhaus der „Gmain“ fand sich aber kein Käufer, sodass es abgerissen und 1783 in einen Garten umgewandelt wurde.[10] Alle 149 Hausbesitzer der Innenstadt wurden Mitglieder der Braucommune und sind es bis heute geblieben. GründungsjahrFür die Braucommune Freistadt gibt es keine Gründungsurkunde, vielmehr vollzog sich die Bildung der Gesellschaft in mehreren Schritten:
19. JahrhundertDie Leitung der Braucommune hatte ursprünglich der jeweilige Bürgermeister mit dem Wirtschaftsrat, der aus sechs bis vierzehn Personen bestand. Ab 1835/37 wurde ein gewählter Vorstand mit der Leitung betraut. Bei den Sitzungen wurden nicht nur Fragen des Brauhauses, sondern viele andere Angelegenheiten behandelt, die mit Geld, Einlagen und Darlehen zu tun hatten. Oft werden das Bürgerspital, die Johanneskirche, die Schießstätte und das Mauthaus in den Protokollen genannt.[11] Es gab folgende ausübenden Organe:[11]
Im 19. Jahrhundert wurden im Jahresverlauf 13 bis 21 Menschen in der Brauerei beschäftigt:[12]
1885 brachte der neue Vorstand Paul Obermayr innerhalb eines Jahres neue Technik in die alten Mauern. Ein Kesselhaus für Dampfbetrieb mit Kohlebefeuerung wurde von der Prager Firma Nowak eingerichtet. Die oö. Baugesellschaft übernahm den Umbau des bestehenden Sudhauses in einen Eis- und Gärkeller und den Neubau eines Sudhauses mit Kühlhaus.[13] 20. JahrhundertIm Jänner 1907 führte ein Ansinnen der Arbeiter zu einem Arbeiterstreik, gegen den der Verwaltungsrat energisch vorging. Der Vertrauensmann der Arbeiterschaft verlangte nämlich am 16. Jänner 1907 eine schriftliche Anerkennung der Organisation der Arbeiter, die 1906 erstmals in Erscheinung getreten war. Der Verwaltungsrat lehnte diesen Antrag am 31. Jänner ab, außerdem verweigerte er die Zurücknahme der Entlassung eines Burschen, der inzwischen gekündigt worden war. Am 4. Februar in der Früh stellte die Mehrzahl der Arbeiter die Arbeit ein. Der Verwaltungsrat entließ fünf nicht mehr erwünschte Mitarbeiter fristlos, stellte den anderen Arbeitern aber in Aussicht, dass sie ihre Arbeit nicht verlieren, wenn sie bis 12 Uhr Mittag ihre Arbeit wieder aufnehmen. Am 5. Februar wurde wieder normal gearbeitet, und einige Lohnforderungen wurden erfüllt.[12] Zwischen den beiden Weltkriegen wurde eine Reihe von Eiskellern in den Orten mit Bierdepots im Bezirk errichtet: 1924 in Neumarkt, 1925 in Kefermarkt, Reichenau und Reichenthal, 1929 in St. Oswald, Windhaag und Rainbach, 1930 in Gutau, 1931 schließlich in Schenkenfelden, dessen Brauhaus schon 1901 gepachtet worden war.[14] Der Aufzug zum Eiskeller, der bislang mit Pferden durchgeführt worden war, wurde 1922 elektrifiziert.[14] 1931 begann der erste Lastwagenlenker seinen Dienst.[12] Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu weiteren technischen Umstellungen. 1956 verließ das letzte Pferdegespann die Brauerei[12] 1959 wurde das letzte Eiswagerl aufgezogen und eine neue Linde-Kühlanlage in Betrieb genommen. An Stelle der Holz-Lagerfässer, die 1959 zum letzten Mal ausgekellert und nach Ungarn als Weinfässer verkauft wurden, wurde ein großer Alu-Lagertank der Firma Hinke installiert. 1970 wurde, wie schon zuvor in anderen Brauereien, die hauseigene Mälzerei eingestellt, weil man billigeres Malz in gleichmäßigerer Qualität von Großmälzereien einkaufen konnte. 1959 wurde die erfolgreiche Biersorte „Ratsherrn-Trunk“ eingeführt, deren Name die enge Verflechtung der Braucommune mit der Stadtgeschichte andeutet und die zu einem Gütezeichen der Brauerei Freistadt wurde. Vorstände der BrauereiListe der Brauereivorstände (Auswahl):[15]
BraucommuneDie „Commune“ als Rechtsform einer Firma ist derzeit im Firmenbuch als solche eingetragen und gilt mittlerweile als einzige und letzte ihrer Art in Europa. Die Einlage der Commune bestand aus Eimern (ein Eimer sind rund 56 Liter), wobei im 18. Jahrhundert in Summe 6.390 Eimer Gesamtvermögen eingebracht wurden. Die Eimer sind ungleichmäßig verteilt, die Einlage beträgt mindestens 15 Eimer und höchstens 140 Eimer. Dies hat sich bis heute so erhalten, das heißt, dass mit einem Hauskauf in der Innenstadt zusätzlich ein Anteil an der Brauerei Freistadt erworben wird. Im Grundbuch ist die Einlage in folgender Art vermerkt:
BrauhausDer barocke, dreigeschoßige, dreiflügelige Bau aus den 1770er-Jahren steht seit 1986 unter Denkmalschutz (Listeneintrag). Der Anbau im Südwesten stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Inneren findet sich eine reiche Ausgestaltung mit Gewölben, meist Stichkappentonnengewölbe oder Kreuzgratgewölben. Die drei Sudkessel im Keller wurden beim Neubau des Sudhauses errichtet.[16] Der Generalumbau des Brauhauses erfolgte in den Jahren 2011 und 2012 als Vorbereitung für die Oberösterreichische Landesausstellung 2013 Alte Spuren, Neue Wege.[17] Im Brauhaus ist die so genannte Brauhausgalerie untergebracht. Das Brauwasser kommt aus zwei 80 Meter Tiefbrunnen in einem Wasserschutzgebiet bei St. Peter, westlich von Freistadt. ProdukteBiersorten
LimonadenSiehe auchLiteratur
WeblinksCommons: Braucommune Freistadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Koordinaten: 48° 30′ 36″ N, 14° 30′ 4″ O |