In der jeweiligen Familie gibt es verschiedene erbliche Formen mit sehr ähnlicher Ausprägung. Einige Formen der Kurzfingrigkeit treten sehr selten auf. Am häufigsten finden sich Typ A3 (nur kleiner Finger betroffen) mit einer Häufigkeit in den verschiedenen Populationen zwischen 3,4 % und 21 %. Eine besondere Häufigkeit von 21 % wurde bei japanischen Schulkindern festgestellt. Relativ häufig findet sich auch Typ D (nur Endglied des Daumens betroffen) mit einer Häufigkeit in den verschiedenen Populationen zwischen 0,41 % und 4,0 %.[2]
Oft treten Verkürzungen seitensymmetrisch auf, manchmal fehlen ganze Fingerglieder. Anhand einer Sonderform ist die autosomal-dominante Vererbung beim Menschen nachgewiesen. Man nimmt an, dass der autosomal-dominante Erbgang für alle Typen der Kurzfingrigkeit zutrifft.
Es werden mehrere Typen mit verschiedenen weiteren Besonderheiten im Bereich der Finger- bzw. Zehenglieder, sowie isoliertes (= alleiniges) Auftreten oder in Kombination mit Fehlbildungen anderer Organe unterschieden. Andere Fehlbildungen an Fingern oder Zehen sind Polydaktylie, Oligodaktylie, Syndaktylie und Polysyndaktylie.
Als Brachydaktylie Typ D wird die Verkürzung des letzten Daumengliedes und des Fingernagels bezeichnet. Diese Form der Kurzfingrigkeit tritt häufig beidseitig auf, tritt aber auch in vielen Fällen nur einseitig auf. In vielen Fällen ist zugleich der große Zeh verkürzt. Brachydaktylie Typ D tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,41 % bis 4,0 %[5] abhängig von der Population auf. Bei männlichen Trägern des Gendefekts ist eine reduzierte Penetranz (etwa bei 62 %) zu beobachten.[6]
Ob diese Form der Anomalie des Daumens bereits in der Antike beschrieben wurde, ist nicht bekannt. In der Literatur tritt sie erst relativ spät auf. Die Bezeichnung Brachydaktylie geht vermutlich 1896 auf Hector Louis François Leboucq zurück. Das Gebiet der Brachyphalangie hat Pfitzner 1898 begründet. Eine andere Bezeichnung des Gendefekts geht 1923 auf J.K. Breitenbecher zurück.[7]
Weitere Bezeichnungen sind: Brachymegalodactylism (Hefner 1924) und Ossificatio praecox hereditaria (O. Thomsen 1927). Heinrich Hoffmann (Oberarzt an der Univ.-Hautklinik Tübingen) bezeichnet 1924 diese Anomalie als hereditäre Kolbendaumen und 1928 als Brachyphalangie, obwohl R. Pol bereits 1921 die Bezeichnung Brachydaktylie verwendet.
Brachydaktylie Typ A3
Häufig tritt auch der Typ A3 auf.
Im Rahmen von Syndromen
Bei einigen Syndromen kann eine Brachydaktylie als eines von mehreren Merkmalen auftreten.[8]
Samia A. Temtamy, Mona S. Aglan: Brachydactyly. In: Orphanet Journal of Rare Diseases. Band 3, 13. Juni 2008. PMID 18554391, PMC 2441618 (freier Volltext) S. 15.
A. K. Martini: Angeborene Fehlbildungen. Kap. 6: Fehlbildungen der Hand. Thieme, 2003. online (PDF; 3,2 MB)
D. Johnson u. a.: Missense mutations in the homeodomain of HOXD13 are associated with brachydactyly types D and E. In: American Journal of Human Genetics, Band 72. 2003, S. 984–997.
E. Gray, V. K. Hurt: Inheritance of brachydactyly type D. In: Journal of Heredity, Band 75, 1984, S. 297–299.
R. M. Goodman, A. Adam, C. Sheba: A genetic study of stub thumbs among various ethnic groups in Israel. In: Journal of Medical Genetics, Band 2, 1965, S. 116–121.
Leonard P. Sayles, Joseph W. Jailer: Four Generations Of Short Thumbs. In: Journal of Heredity, Band 25, 1934, S. 377–378.
O. Thomsen: Hereditary growth anomaly of the thumb. In: Hereditas, Band 10, 1928, S. 261–273.
R. A. Hefner: Inherited abnormalities of the fingers. II. Short thumbs (brachymegalodactylism). In: Journal of Heredity. Band 15, 1924, S. 433–440.
J. K. Breitenbecher: Hereditary shortness of thumbs. In: Journal of Heredidy. Band 14, 1923, S. 15–21. online
R. Pol: Brachydaktylie, Klinodaktylie, Hyperphalangie und ihre Grundlagen: Form und Entstehung der meist unter dem Bild der Brachydaktylie auftretenden Varietäten, Anomalien und Missbildungen der Hand und des Fußes. In: Virchows Archiv, Band 229, 1921, S. 388–530.
Einzelnachweise
↑Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
↑S. A. Meiselman, M. Berkenstadt, T. Ben-Ami, R. M. Goodman: Brachydactyly type A-7 (Smorgasbord): a new entity. In: Clin. Genet. Band35, Nr.4, 1989, S.261–267, PMID 2714013.
↑Samia A. Temtamy, Mona S. Aglan: Brachydactyly. In: Orphanet Journal of Rare Diseases. Band 3, 13. Juni 2008. PMID 18554391, PMC 2441618 (freier Volltext)
↑Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!