Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte

Boden­selbstverteidigungs­streitkräfte
Rikujō Jieitai


Flagge der
Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte
Aufstellung 1954
Staat Japan Japan
Streitkräfte Selbstverteidigungs­streitkräfte
Typ Landstreitkräfte
Stärke 150.500 Soldaten
Leitung
Chef des Stabes des Heeres General Yasunori Morishita[1]

Die Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte (japanisch 陸上自衛隊 Rikujō Jieitai, englisch Japan Ground Self-Defense Force, abgekürzt JGSDF) sind das De-facto-Heer Japans. Sie verfügen derzeit über knapp 150.500 Soldaten und sind damit zahlenmäßig die größte Teilstreitkraft der Selbstverteidigungsstreitkräfte.[2]

Geschichte

Am 15. August 1945 akzeptierte Japan die Potsdamer Erklärung, die unter anderem die vollständige Entwaffnung der japanischen Armee vorsah. Infolgedessen wurden die Kaiserlich Japanische Armee und die Kaiserlich Japanische Marine aufgelöst. Mit dem Beginn der Besatzungszeit in Japan übernahmen die Besatzungstruppen die Zuständigkeit für die Außenverteidigung Japans.

Der Friedensvertrag von San Francisco trat am 28. April 1952 in Kraft und machte Japan wieder zu einem unabhängigen Land. Noch im selben Jahr nahm der Nationale Sicherheitsrat seine Arbeit auf. Er überwachte zunächst die Reservekräfte der Polizei, die Küstenwache und die Minensucheinheiten.

Im Jahre 1954 wurde durch das neu geschaffene Amt für Verteidigung der Nationale Sicherheitsrat umgestaltet und die Selbstverteidigungskräfte mit den Einheiten Bodenselbstverteidigungskräfte, Luftselbstverteidigungsstreitkräfte und Meeresselbstverteidigungsstreitkräfte gebildet. Das Wort Armee wurde bewusst vermieden, da es Japan nach Artikel 9 seiner Verfassung verboten ist, eine Armee aufzustellen. Der Leiter des Amtes für Verteidigung hatte keinen Ministerrang.

Den ersten Auslandseinsatz hatten die Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte 2004 an der amerikanisch geführten Besetzung des Irak, wo sie an Wiederaufbaumaßnahmen beteiligt waren.

Beginnend ab 2005 wurde das Amt für Verteidigung umorganisiert und erst im Januar 2007 in den Rang eines Ministeriums erhoben.

Auftrag

Aufgrund der Bestimmungen der japanischen Verfassung, die nur in der juristischen Interpretation militärische Aktionen vorsieht, ist das Heer, wie auch Marine und Luftstreitkräfte des Landes, sehr defensiv ausgerichtet. Seine Hauptaufgabe sieht das Heer daher vor allem in der Abwehr feindlicher Landeoperationen. Obwohl die Topographie den Verteidiger begünstigt, stellt es sich als schwierig dar, die gesamte Küstenlinie sowie alle vier Hauptinseln des Landes gleichzeitig zu verteidigen. Daher sieht die japanische Militärdoktrin explizit Unterstützung seitens der Streitkräfte der Vereinigten Staaten vor.

Im Rahmen der am 29. Oktober 2005 zwischen der japanischen und der US-amerikanischen Regierung vereinbarten Umstrukturierungen der Streitkräfte in Japan soll sich das Kommando der Bodenselbstverteidigungskräfte verstärkt mit der Abwehr von Terrorismus, Guerilla-Angriffen und anderen Krisenfällen befassen. Als Ergebnis davon wurden am 28. März 2007 die Zentralen Bereitschaftskräfte (Central Readiness Force) in Dienst gestellt, die geeignete Spezialverbände für Sondereinsätze im In- und Ausland umfassen.

Truppenstärke

Ähnlich wie in Deutschland sah die japanische Politik schnell die Notwendigkeit eines stehenden Heeres. Um den Spielraum, den die gängige Verfassungsinterpretation hinsichtlich der Selbstverteidigung bot, nicht auszuhöhlen, wurde die Truppenstärke limitiert und die Verteidigungspolitik mit der der USA koordiniert. Ursprünglich waren die JGSDF 75.000 Mann stark, 1952 waren es 110.000. Zwei Jahre später hatte das Heer noch einmal 20.000 Mann mehr. Bis zum Ende des Kalten Krieges erreichte die politische Limitierung 180.000 Mann. Diese schöpfte die Verteidigungsbehörde, die erst 2007 zum Ministerium wurde, jedoch nie aus, da für so viele Soldaten nicht ausreichend Ausrüstung vorhanden war. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich die Mannstärke der Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte bei knapp 150.000 eingependelt, sodass eine Modernisierung eingeleitet werden konnte.

Organisation

Oberkommando

  • Das Bodenkomponentenkommando (陸上総隊 Rikujō-sōtai) hat seinen Sitz in Asaka, Präfektur Saitama. Es wurde am 27. März 2018 von den Zentralen Bereitschaftskräften neu organisiert. In Kriegszeiten würde es das Kommando über zwei bis fünf Armeen übernehmen. Der Kommandant ist ein Generalleutnant mit Erfahrung als Armeekommandant. Direkt dem Bodenkomponentenkommando unterstellt sind:[3] 
    • 1. Luftlandebrigade (第1空挺団)
    • Amphibische Schnelleinsatzbrigade (水陸機動団)
    • Spezialeinsatzgruppe (特殊作戦群)
    • Schnelle Eingreifgruppe (特殊作戦群)
    • 1. Helikopterbrigade (第1ヘリコプター団)
    • JGSDF C5-Kommando (システム通信団)
    • Kommando des militärischen Geheimdienstes (中央情報隊)
    • Zentrale Einheit zur Abwehr nuklearbiologischerchemischer Waffen (中央特殊武器防護隊)
    • Ausbildungseinheit für internationale Einsätze (国際活動教育隊)

Taktische Organisation

Die JGSDF bestehen aus einer Panzerdivision und acht Infanteriedivisionen sowie aus sechs Infanteriebrigaden, einer Luftlandebrigade, fünf gemischten Brigaden, einer Artilleriebrigade und zwei Flugabwehrbrigaden. Hinzu kommt eine Hubschrauberbrigade aus 24 Staffeln und zwei Schwärmen, die mit Panzerabwehrhubschraubern ausgestattet sind. Der Brigadekommandeur ist ein Generalmajor, und der Divisionskommandeur und der Armeekommandant sind Generalleutnant.

Territoriale Organisation

Großverbände der JGSDF

Das japanische Heer ist darüber hinaus territorial aufgeteilt, um einen flächendeckenden Schutz bieten zu können. Insgesamt bestehen fünf Großverbände:[4]

Sondereinheiten und Unterstützungseinheiten mit zentraler Funktion für alle Territorialgroßverbände unterstehen direkt dem Verteidigungsminister:

  • Militärpolizei
  • zentrales Finanzkommando
  • zentrales Transportkommando
  • zentrales Dienstunterstützungskommando
  • zentraler Wetterdienst
  • zentraler Finanzprüfdienst
  • Musikeinheit
  • Nachrichtenabwehreinheit

Ausrüstung

Die Bodenselbstverteidigungskräfte verfügen über folgende Ausrüstung:[2]

Fahrzeuge

Typ-10-Kampfpanzer
Typ 89
Typ Herkunft Funktion Version Anzahl Anmerkungen
Typ 10 Japan Japan Kampfpanzer
Bergepanzer
Typ 10
Typ 11
106
5
Typ 74 Kampfpanzer
Bergepanzer
Typ 74
Typ 78
85
20
Typ 90 Kampfpanzer
Bergepanzer
Brückenlegepanzer
Typ 90
ARV
Typ 91
258
30
22
Typ 16 Radpanzer 156
Typ 87 Spähpanzer 110
Typ 89 Schützenpanzer 68
Typ 73 Mannschaftstransporter 226
Typ 96 Mannschaftstransporter 381
Typ 82 Kommandofahrzeug
ABC-Spürpanzer
187
34
Ähnlich wie der Typ 87, teilweise mit denselben Bauteilen
AAV7 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Schwimmpanzer 52
Bushmaster Australien Australien Geschütztes Fahrzeug 8
Komatsu LAV Japan Japan Militärfahrzeug
NBC Reconnaissance Vehicle Japan Japan ABC-Spürpanzer 21

Artillerie

Typ 19 Radhaubitze
Typ 88 Seezielflugkörper auf einem LKW mit Starteinrichtung
Typ Herkunft Funktion Version Anzahl Anmerkungen
Typ 19 Japan Japan 155-mm-Selbstfahrlafette 7
Typ 99 Japan Japan 155-mm-Panzerhaubitze 136
M110 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 203-mm-Panzerhaubitze A2 9
FH155-1 Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Italien Italien
Deutschland Deutschland
155-mm-Haubitze 220
MLRS Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Mehrfachraketenwerfer 39
L16 Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 81-mm-Mörser 656
Thomson-Brandt 120-mm-Mörser Frankreich Frankreich 120-mm-Mörser 493
Typ 96 Japan Japan 120-mm-Panzermörser 24
Typ 12 Japan Japan Seezielflugkörper 32 Vom Land aus gesteuert
Typ 88 Japan Japan Seezielflugkörper 62 Vom Land aus gesteuert

Panzer- und Flugabwehrwaffen

Typ 96 MPMS bei einer Übung
Typ 87
Typ Herkunft Funktion Version Anzahl Anmerkungen
Panzerabwehrwaffen
Typ 96 MPMS Japan Japan Panzerabwehrfahrzeug 37
Typ 01 LMAT Japan Japan Panzerabwehrlenkwaffe
Typ 79 Jyu-MAT Japan Japan Panzerabwehrlenkwaffe
Typ 87 Chu-MAT Japan Japan Panzerabwehrlenkwaffe
FFV Carl Gustaf Schweden Schweden Rückstoßfreies Geschütz
Flugabwehrwaffen
Typ 03 Chū-SAM Japan Japan Flugabwehrraketensystem Chu-SAM
Chu-SAM Kai
41
12
Mittlere Reichweite
MIM-23 HAWK Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Flugabwehrraketensystem I-Hawk 66 Mittlere Reichweite
Typ 11 Tan-SAM Japan Japan Flugabwehrraketensystem ~44 Kurze Reichweite
Typ 81 Tan-SAM Japan Japan Flugabwehrraketensystem 46
Typ 93 Closed Arrow Japan Japan Flugabwehrraketensystem 91
Typ 91 Hand Arrow Japan Japan MANPADS
Typ 87 Japan Japan Flakpanzer 52

Sonstiges

JGSDF mit Howa Typ 89 beim Häuserkampftraining

Luftfahrzeuge

Stand: Ende 2023[6]

Luftfahrzeuge Bild Herkunft Verwendung Version Aktiv Bestellt Anmerkungen
Flugzeuge
Beechcraft King Air Beispielbild Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Transportflugzeug King Air 350 7
Hubschrauber
Bell AH-1 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Japan Japan
Kampfhubschrauber AH-1S 71 Von Fuji in Lizenz produziert
Boeing AH-64 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Japan Japan
Kampfhubschrauber AH-64DJP 12 Von Fuji in Lizenz produziert
Kawasaki OH-1 Japan Japan Aufklärungshubschrauber 36
Boeing-Vertol CH-47 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Japan Japan
Mittelschwerer Transporthubschrauber CH-47J
CH-47JA
67 Von Kawasaki in Lizenz produziert
V-22 Osprey Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten VTOL-Transporter MV-22 14 3
Sikorsky UH-60 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Japan Japan
Transporthubschrauber UH-60JA
S-70
39 Von Mitsubishi in Lizenz produziert
Bell UH-1 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Transporthubschrauber UH-1J 128 Wird durch den UH-2 ersetzt
Subaru-Bell 412 EPX Japan Japan
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Mehrzweckhubschrauber UH-2 6 21 Ersetzt den UH-1, insgesamt 150 Maschinen geplant
Enstrom 480 Beispielbild Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Schulungshubschrauber 30
Unbemannte Luftfahrzeuge
Boeing ScanEagle Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Aufklärungsdrohne [7]
Yamaha RMAX Japan Japan Aufklärungsdrohne [8]
Commons: Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Offizielle Internetpräsenz der Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte (englisch), (japanisch)
  • Die Bodenselbstverteidigungsstreitkräfte bei GlobalSecurity.org (englisch)
  • Ausrüstung des japanischen Heeres bei GlobalSecurity.org (englisch)
  • Datenblatt des Verteidigungsministeriums zu Anzahl und Spezifikationen der Heeresausrüstung. 31. März 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juli 2009; (englisch).

Einzelnachweise

  1. Major Jonathan Lewis: US Army Pacific, ally military leaders discuss deepening partnership. In: usarpac.army.mil. U.S. Army Pacific, 29. Mai 2024, abgerufen am 19. September 2024 (englisch).
  2. a b International Institute for Strategic Studies (Hrsg.): The Military Balance 2024. 124. Auflage. Taylor & Francis, 2024, ISBN 978-1-03-278004-7, S. 276–281 (englisch).
  3. 陸 上 総 隊 の 概 要. In: sec.mod.go.jp. Abgerufen am 19. September 2024 (japanisch).
  4. 駐屯地・組織. In: www.mod.go.jp. Abgerufen am 19. September 2024 (japanisch).
  5. Army Guide. In: army-guide.com. 15. Oktober 2013, abgerufen am 20. September 2023 (englisch).
  6. World Air Forces 2024. flightglobal.com, abgerufen am 1. Juni 2024.
  7. Insitu Pacific Delivers ScanEagle UAS for the Japanese Ground Self Defense Force. In: prnewswire.com. 14. Mai 2013, abgerufen am 19. September 2024 (englisch).
  8. Yamaha R-MAX (Rotary-MAX). In: militaryfactory.com. 2018, abgerufen am 19. September 2024 (englisch).