Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation
Die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr) mit Sitz in Hamburg ist eine gewerbliche Berufsgenossenschaft in Deutschland und ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat rund 1480 Beschäftigte, knapp 200.000 Mitgliedsunternehmen und etwa 1,7 Millionen Versicherte.[1] Die BG Verkehr berät und unterstützt die angeschlossenen Unternehmer und deren Mitarbeiter bei der Prävention von Arbeits- und Wegeunfällen, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Berufskrankheiten und sorgt für die Rehabilitation und Entschädigung bei Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten. Die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr nimmt Aufgaben auf dem Gebiet der Schiffssicherheit, des Seeärztlichen Dienstes und nach der Schiffsausrüstungsrichtlinie wahr.[2] Die BG Verkehr besitzt Dienstherrnfähigkeit. Ihre Beamten sind Bundesbeamte (§ 4 BGVPLTErG). Die BG Verkehr kennt die Pflichtversicherung für Unternehmer, die jedoch für Halter von privaten Fahrzeug-, Luftfahrzeug- oder Reittieren ausgeschlossen ist. GeschichteDie BG Verkehr geht auf die am 1. Juli 1886 gegründete Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft mit Hauptsitz in Berlin zurück. 1945 wurde diese in Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) umbenannt und nahm 1953 ihren Sitz in Hamburg. Zum 1. Januar 2005 erfolgte die Fusion mit der Binnenschifffahrts-Berufsgenossenschaft unter dem Namen BGF. Zum 1. Januar 2010 erfolgte der Zusammenschluss von BGF mit der See-Berufsgenossenschaft und der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft zur neuen BG Verkehr.[2] Die Unfallkasse Post und Telekom und die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft wurden zum 1. Januar 2016 in die BG Verkehr eingegliedert (§ 2 BGVPLTErG). StandorteDer Sitz der Hauptverwaltung der BG Verkehr ist Hamburg. Es existieren Bezirksverwaltungen in Hamburg, Hannover, Berlin, Dresden, Wuppertal, Wiesbaden und München. Die Sparte Post, Postbank, Telekom hat ihren Sitz in Tübingen. Außenstellen der Regionalabteilungen Prävention sind in Duisburg, Erfurt, Magdeburg, Rostock, Solingen und Darmstadt. Die Verbindungsstelle Ausland sitzt in Duisburg. GliederungAufbauorganisatorisch gliedert sich die BG Verkehr wie folgt:
ZuständigkeitDie BG Verkehr ist die zuständige Berufsgenossenschaft für den Güter- und Personentransport, Entsorgung, Post-Logistik, Luftfahrt, Binnenschifffahrt, Seeschifffahrt und Fischerei, für Flieger- und Fahrschulen, Abschleppdienste, Bestattungsunternehmen und Reittierhaltung sowie für Finanzdienstleistungen und Telekommunikation.[2] Die BG Verkehr ist zuständig für (§ 121 SGB VII):
Die grundsätzliche Zuständigkeit auch der Berufsgenossenschaft „BG Verkehr“ für die „Erforschung von Risiken und Gesundheitsgefahren für die Versicherten“ ergibt sich aus § 199 SGB 7 Abs. 1 Ziff. 6 und hat eine ganz besondere Bedeutung bei der Dokumentation von tatsächlich angetroffenen Arbeitsbedingungen (Betriebsverfassungsgesetz) im Zusammenhang mit der Anerkennung von einem Arbeitsunfall bzw. einer Berufskrankheit.[3] SeeleuteBei Versicherten aus der Berufsgruppe der Seeleute ergibt sich die Zuständigkeit der BG Verkehr bei der Frage nach Entschädigung im Falle eines anzuerkennenden Arbeitsunfalls aus § 121 SGB VII. Darüber hinaus ist die BG Verkehr durch ihre Dienststelle Schiffssicherheit für die Überprüfung der Vorgaben zu den Arbeits- und Lebensbedingungen von Seeleuten auf Kauffahrteischiffen unter deutscher Flagge nach § 129 des Seearbeitsgesetzes (SeeArbG) zuständig. Die zahlenmäßig eher rückläufige Versichertengruppe der Seeleute in der deutschen Seeschifffahrt hat gemäß Daten und Fakten vom Verband Deutscher Reeder eine Personalstärke von knapp 7000 Beschäftigte insgesamt mit Stand 31. Dezember 2023 und wird jährlich ermittelt und veröffentlicht.[4] Die Anzahl der Seeleute wurde im Jahr 2024 auf einem Festakt in Hamburg an Bord der Rickmer Rickmers anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Seemannskasse (1974-2024) unter Anwesenheit des Vorsitzenden des Beirats der Seemannskasse Peter Geitmann mit 5.800 versicherten Seeleuten unter deutscher Flagge dokumentiert.[5][6] ForschungFür die grundsätzliche Aufgabe „Erforschung von Risiken und Gesundheitsgefahren für die Versicherten“ aus § 199 SGB 7 Abs. 1 Ziff. 6 bietet speziell bei Versicherten aus der Berufsgruppe der Seeleute die DGUV Vorschrift 84 – Unfallverhütungsvorschrift Seeschifffahrt – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und dort insbesondere die Anlage 1 „Schifffahrtsrechtliche Arbeitsschutzvorschriften“ eine Übersicht zu den auch im Rahmen der deutschen Sozialgerichtsbarkeit zu beachtenden Rechtsgrundlagen mit Auswirkungen auf die tatsächlich angetroffenen Arbeitsbedingungen und auf die Gesundheit der Versicherten, welche durch den „gesetzlichen Präventionsauftrag“ einer Berufsgenossenschaft zu schützen ist. Unfall und BerufsunfähigkeitUm Entschädigung bei einem erlittenen Arbeitsunfall bzw. einer Berufskrankheit inkl. der Möglichkeit einer über das Bundessozialgericht ggf. „anerkennungsfähigen Wie-Berufskrankheit“ erlangen zu können, ergeben sich auch für Versicherte der BG Verkehr mit einem Rechtsanwalt auf dem Rechtsweg weitere Zuständigkeiten aus dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie folgt: Bei der „Ursachenanalyse“ im Rahmen der sozialgerichtlichen Beweiserhebung sind zunächst Gutachten mehrerer medizinischer Sachverständiger einzuholen, wobei „Gutachten nach § 106 SGG“[7] sowie „Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG“[8] von den entsprechenden Medizinern zur Feststellung des „rechtserheblichen“ Sachverhalts wichtige Mittel der richterlichen Überzeugungsbildung sind, welche die BG Verkehr entweder entlasten oder belasten können und seefahrtsspezifische Kenntnisse aus dem Bereich der Maritimen Medizin erfordern. Der Interpretationsspielraum für eingeholte Medizinische Gutachten und die nach ICD-10 Code genannten Diagnosen ergibt sich schlussendlich auf der Basis ebenfalls zu berücksichtigender Erkenntnisse aus der Arbeitswissenschaft und bei Versicherten aus der Berufsgruppe der Seeleute aus den in Anlage 1 „Schifffahrtsrechtliche Arbeitsschutzvorschriften“ der DGUV Vorschrift 84 – Unfallverhütungsvorschrift Seeschifffahrt genannten Rechtsgrundlagen sowie auch aus der ggf. möglichen Beschreibung festgestellter Mängel am Schiffszustand sowie bzgl. der Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord eines Schiffes mit Hilfe der „List of Paris MoU deficiency codes“ – eine Art „technischer Diagnose-Code“ der Hafenstaatkontrolle, der in seiner jeweils gültigen Fassung veröffentlicht wird[9][10] und ebenfalls in der Zuständigkeit der BG Verkehr liegt. Übermüdung und "Seefahrer Fatigue"Eine im Dienst erkrankte oder verunfallte versicherte Person als Mitglied einer Schiffsbesatzung in der Zuständigkeit der BG Verkehr ist im Rahmen der Rechtsetzungstätigkeit durch die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO[11] stets als eine von Übermüdung[12] besonders gefährdete Person im Sinne der schifffahrtsrechtlichen Arbeitsschutzvorschrift „IMO – MSC/Circ. 1014“[13] eingeordnet zu betrachten, welche im englischen Sprachraum in 2001[14] und im deutschen Sprachraum auch in den Nachrichten für Seefahrer (NfS) in 2002[15] veröffentlicht wurde und stets im sachlichen Zusammenhang mit der ebenfalls international geltenden „Schutzvorschrift“ ISM-Code steht. Im Rahmen der Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht bei Versicherten aus der Berufsgruppe der Seeleute hier in der Zuständigkeit der BG Verkehr geht es über die sozialrechtliche Aufklärung des Einzelfalles hinaus angesichts stets möglicher Schäden für die Meeresumwelt im weiteren Sinne auch um den weiteren Aufbau bzw. die Festigung einer Sicherheitskultur in der Schifffahrt, wie dem Vorwort der IMO-„Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management“ mit ausdrücklichem Hinweis auf die „Exxon Valdez“ wie folgt zu entnehmen ist: „Der Fall der Exxon Valdez, eines der größten maritimen Seeunfälle des letzten Jahrhunderts, ist einer der vielen Zwischenfälle, bei dem Fatigue als zusätzlicher Faktor bei der Unfallursache ausgemacht wurde. Die International Maritime Organization (IMO) hat eine praktische Anleitung für den Aufbau einer Sicherheitskultur in der Schiffahrt entwickelt, die interessierten Parteien zu einem besseren Verständnis des Phänomens „Fatigue“ verhelfen soll.“[16] Besonders die großen Versicherer in der Schifffahrt drängten vermehrt auf die internationale Durchsetzung der ebenfalls in der Zuständigkeit der BG Verkehr liegenden Hafenstaatkontrolle, so dass sowohl zum arbeitswissenschaftlichen Begriff „Human Element“ im Bereich Maritime Industrie[17] als auch zum Begriff „Fatigue“[18] im Rahmen einer Zusammenarbeit von „The Nautical Institute“ und Lloyd’s Register Lehrfilme entstanden und so in das Bewusstsein aller beteiligten Seiten gerückt ebenfalls zur Aufklärung im Rahmen der deutschen Sozialgerichtsbarkeit beitragen. Beschäftigte und Versicherte der BG Verkehr sowie jede weitere „interessierte Partei“ finden seit 2002 auch in der deutschen Fassung des IMO – MSC/Circ. 1014 inkl. „Tabelle 1: Auswirkungen von Fatigue“ das Symptom Depressionen als eine Reaktion auf auftretende extreme Belastungssituationen inkl. unausweichlichem Schlafentzug aus unterschiedlichsten Gründen aus der maritimen Umgebung heraus sowie im Anhang 7 des IMO – MSC/Circ. 1014 auch die bereits seit 1993 in der „IMO – Resolution A 772 (18) Fatigue Factors in Manning and Safety“ in englischer Sprache veröffentlichte „Klassifizierung von Fatiguefaktoren in Kategorien“[19] zur Feststellung von den Ursachen für Unfälle und Erkrankungen inkl. Depression. Zuständig auch für Studien befragte die BG Verkehr über 300 Seeleute zur Feststellung, welchen körperlichen und psychischen Belastungen sie in ihrem heutigen Arbeitsleben ausgesetzt sind, was in 2017 mit dem Spiegel-Beitrag „Großer Pott, große Depression“ u. a. mit der dokumentierten Erkenntnis eines erfahrenen Arztes "Das Bordleben bedeutet eine Extremsituation" auch im deutschen Sprachraum die berufsbedingte Übermüdung im Sinne von Seafarer Fatigue mit ihren Folgen in das öffentliche Bewusstsein rückte.[20] Die in Zuständigkeit der BG Verkehr entstandenen und veröffentlichten Ergebnisse im SPIEGEL-Beitrag „Großer Pott, große Depression“ aus 2017 zum Arbeitsleben von Seeleuten werden durch eine Vielzahl von Beiträgen wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen wie das „Seafarers International Research Centre (SIRC)“ der Cardiff University sowie der World Maritime University (Malmö) und die Syddansk Universitet (Esbjerg) als international bekannte Universitäten, die sich mit Ursachen und Folgen von Übermüdung im Sinne von Seafarer Fatigue befassen sachlich ergänzt, so dass im Rahmen der Rechtsetzung auch Richter in der deutschen Sozialgerichtsbarkeit insgesamt auf umfangreiche gesicherte Erkenntnisse zurückgreifen können, um für die tatsächlichen Umstände eines vorgetragenen Falles auch ein sachgerechtes Urteil (Recht) finden zu können. UnfallverhütungsvorschriftTraditionell wurden Unfallverhütungsvorschriften für Unternehmen der Seefahrt in Deutschland von der BG Verkehr als „UVV See“ auch in der Deutschen Nationalbibliothek veröffentlicht.[21] Durch die fortschreitende Digitale Revolution wurde die neue „UVV See“ ab 2018 als „DGUV Vorschrift 84“ inkl. Anlage 1 als Übersicht zu weiteren wichtigen maritimen Rechtsgrundlagen auch unter „Weblinks“ verfügbar und sie ist auch für eine Unfallanalyse eine wichtige Orientierung. UmweltschutzIm Verantwortungsbereich der BG Verkehr sind sowohl Beschäftigte als auch Versicherte aus ihrer jeweils unterschiedlichen Perspektive heraus für die Einhaltung von einer Vielzahl nationaler und internationaler rechtlicher Vorgaben wie von der IMO zum Schutz der Meeresumwelt zuständig, so dass trotz aller Sorgfalt bei der Erfüllung erkennbare „Erfüllungsdefizite des Flaggenstaats“ nicht nur mit den Möglichkeiten der Hafenstaatkontrolle, sondern auch wissenschaftlich zu hinterfragen sind und in 2011 im deutschen Sprachraum im Rahmen einer Dissertation bearbeitet wurden.[22] Arbeits- und LebensbedingungenDie in der Seefahrt vorherrschenden besonderen seespezifischen Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten im Dienst an Bord von Schiffen weichen von den üblicherweise bekannten Verhältnissen in allen anderen Berufen des zivilen Lebens an Land deutlich ab: Seeleute konnten auch auf Schiffen unter deutscher Flagge schon in den 1970-er Jahren aufgrund der belastenden Arbeitsbedingungen an Bord oftmals nicht bis zum offiziellen Eintritt ins Rentenalter arbeiten.[23][24] In den 1970-er Jahren setzte sich somit in der „Seefahrernation Deutschland“ die Erkenntnis durch, dass Seefahrer durch das bekannte berufsbedingte gesundheitliche Risiko infolge körperlich schwerer Arbeit und hoher psychischer Belastung an Bord es einfach nicht schafften bis zur Regelaltersrente durchzuarbeiten, so dass bei erkanntem Handlungsbedarf für die Soziale Sicherheit von Seeleuten in 1974 auf Initiative der Sozialpartner seinerzeit unter dem Dach der See-BG in Hamburg die Einrichtung der vom Rechtsnachfolger BG Verkehr auch weiter geführten Seemannskasse erfolgte.[25] Damit Seeleute aus ihrer zusätzlichen Pflichtversicherung in der seit 1974 bestehenden Seemannskasse in Form von einem umgangssprachlich auch als „Seemannsrente“ bezeichneten „Überbrückungsgeld“[25] Leistungen beziehen können, müssen die Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord der Schiffe grundsätzlich so sicher ausgestaltet sein, dass sie den Aufbau der von den Beschäftigten zu erfüllenden Anwartschaften ermöglichen wie beispielsweise „anrechenbare Fahrtzeiten“ von 20 Jahren.[26] Die nicht nur von der BG Verkehr allein zu überwachenden weil besonders riskanten Arbeits- und Lebensbedingungen von Seeleuten spielen auch in Sonderorganisationen der Vereinten Nationen daher eine bedeutende Rolle: Mit dem 1993 veröffentlichten[27] und 1998 international in Kraft getretenen ISM-Code[28] rückte die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) im ISM-Code unter 1.2.2 mit den dort formulierten Zielstellungen „safe practices in ship operation and a safe working environment“ und „establish safeguards against all identified risks“ nicht nur den Meeresschutz, sondern auch den Schutz der Menschen und somit die Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord der Schiffe in einem ersten Schritt in den Mittelpunkt der Tätigkeit der zuständigen Aufsichtsbehörden. Zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Seeleuten in einem zweiten Schritt nahm in 2006 die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) das Seearbeitsübereinkommen (kurz: „MLC 2006“) an, welches in 2013 in Kraft trat und ebenfalls in der Zuständigkeit der BG Verkehr liegt: das Verkehrsblatt veröffentlichte 2013 in deutscher Sprache für einen „Überprüfungsbericht – Seearbeitsgesetz“ zur Umsetzung vom „Seearbeitsübereinkommen – MLC2006“ daher zwei Formulare zur Dokumentation der angetroffenen Arbeits- und Lebensbedingungen im Verantwortungsbereich der BG Verkehr auch zur Information der Besatzungsmitglieder und damit auch der Versicherten der BG Verkehr.[29] Weblinks
Einzelnachweise
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