Die Bahnstrecke wurde in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre von der privaten Hessischen Ludwigsbahn (HLB) errichtet. Ihr Bau wurde vom preußischen Militär sehr befürwortet, weil sie im überregionalen Verkehr die Verbindung Bingen–Mainz–Worms doppelte.[3] Sie wurde in drei Abschnitten eröffnet[4]:
5. Dezember 1864: Worms–Monsheim.[5] Dieser Abschnitt verläuft flach und war deshalb unkompliziert zu bauen.
18. April 1867: Monsheim–Alzey.[6] In diesem Abschnitt sind eine Reihe von Steigungen und Gefällen zu bewältigen. Der Höhenunterschied zwischen den Bahnhöfen Monsheim und Eppelsheim beträgt fast 50 m. Am Ende dieses Abschnitts wurde in Alzey zunächst ein provisorischer Kopfbahnhof eingerichtet, bis dreieinhalb Jahre später der Abschnitt nach Bingen in Betrieb ging.
1908 wurde zwischen Worms und Monsheim (sowie weiter nach Wachenheim-Mölsheim an der Zellertalbahn) der elektrische Streckenblock in Betrieb genommen, die telegrafischen Zugmeldungen entfielen.[8] In den folgenden Jahren wurde der elektrische Streckenblock weiter ausgebaut und z. B. 1913 zwischen Alzey und Armsheim in Betrieb gesetzt.[9] Am 10. Februar 1914 wurden auf der Strecke „mit Eintritt der Dunkelheit“ neue „Doppellichtvorsignale“ in Betrieb genommen, die dem heute noch gebräuchlichen Modell des Formsignals entsprachen.[10]
Samstags und sonntags fuhren die Züge bis Dezember 2014 von Worms weiter nach Mannheim, um hier die RB 44 zwischen Worms und Mannheim auf einen Halbstundentakt zu verdichten.
Infrastruktur
Strecke
Die zweigleisigen Abschnitte der insgesamt 62,9 km langen Strecke verlaufen zwischen den Bahnhöfen[11]
Worms und Monsheim (13,4 km),
Alzey und Armsheim (6,8 km) sowie
Gensingen-Horrweiler und der Abzweigstelle Büdesheim-Dromersheim (3,8 km).
Worms-Pfiffligheim war ein Bahnhof für den heutigen WormserStadtteilPfiffligheim. 1907 wurde er von Pfiffligheim in Worms-Pfiffligheim umbenannt.[12] Zum 17. April 1970 wurde der Bahnhof aufgegeben[13] und zum 23. Mai 1971 in eine Blockstelle umgewandelt.[14] Bereits wenige Tage später, zum 3. Juni 1971, wurde Pfiffligheim auch als Zugfolgestelle aufgegeben, der Streckenblock durchgeschaltet, die Signale zeigten also immer „Fahrt frei“ (Hp1).[15]
Das Empfangsgebäude von 1916 befindet sich heute in privater Hand und wird als Wohnhaus genutzt. Es wird erwogen, in Worms-Pfiffligheim wieder einen Haltepunkt einzurichten.[16]
Bereits in den 2010er Jahren wurde der Bau eines neuen Haltepunkts Worms West angestrebt, der von Seiten der Stadt Worms allerdings aus Kostengründen nicht unterstützt wurde. 2020 wurde der Halt in das landesweite Programm „Stationsoffensive“ aufgenommen. Die Lokalpolitik sprach sich gegen einen Standort nahe des Pfiffligheimer Ortskerns aus und favorisiert stattdessen einen Standort östlich der EWR-Arena am Bahnübergang „Carl-Villinger-Straße“.[17][18]
Pfeddersheim
Pfeddersheim (km 6,1) ist der Haltepunkt für den WormserStadtteilPfeddersheim. Zum 1. Januar 1971 wurde er – bis dahin selbständig – verwaltungsmäßig Worms Hbf angegliedert.[19] Der Haltepunkt liegt in einem der zweigleisigen Abschnitte der Strecke und hat daher Außenbahnsteige, für jede Fahrtrichtung einen. Das historische Empfangsgebäude ist erhalten.
Nieder Flörsheim-Dalsheim (km 14.9) ist der Haltepunkt für Nieder-Flörsheim und Dalsheim, heute beides Teile der OrtsgemeindeFlörsheim-Dalsheim. Der einzige Bahnsteig (die Strecke ist hier eingleisig) liegt an der Ostseite des Gleises, hat eine Mindesthöhe von 55 cm und ist barrierefrei zugänglich.[21]
Zum 1. März 1933 wurde der bis dahin als Nieder Flörsheim bezeichnete Bahnhof in Nieder Flörsheim-Dalsheim umbenannt.[22]
Das historische Empfangsgebäude des ehemaligen Bahnhofs ist erhalten, dient aber nicht mehr der Bahn. Seit längerem besteht die Absicht, es in ein Hotel umzubauen, was aber bis 2022 nicht umgesetzt wurde.[23] 2011/2012 wurde der Bahnhofsvorplatz komplett umgestaltet, Geschäfte, Bankfiliale und kleine Dienstleister angesiedelt. Das Projekt wurde unter der Bezeichnung „Mittelstandsbahnhof“ zu einem neuen Ortsmittelpunkt gestaltet.
Gundersheim (Rheinhess)
Gundersheim (Rheinhess) (km 19,7) war ein Bahnhof und ist seit 1968[24] ein Haltepunkt für die Gemeinde Gundersheim. Zum 1. Oktober 1938 wurde der Bahnhof Gundersheim in Gundersheim (Rheinhess) umbezeichnet[25], um ihn nach dem Anschluss Österreichs von dem in Kärnten gelegenen Gundersheim zu unterscheiden.
Der einzige Bahnsteig (die Strecke ist auch hier eingleisig) hat eine Höhe von 55 cm und ist barrierefrei zugänglich.[26]
Eppelsheim (Rheinhess)
Eppelsheim (Rheinhess) (km 22,5) ist der Bahnhof für die Gemeinde Eppelsheim. Er wurde weit südlich der Bebauung angelegt. Heute hat er zwei Gleise, deren mindestens 55 cm hohe Bahnstreige barrierefrei zugänglich sind.[27]
In Eppelsheim, damals größter Verladebahnhof für Zuckerrüben in Rheinhessen, wurde 1954 erstmals eine Hochrampe zum Entladen der landwirtschaftlichen Anhänger gebaut. Sie diente als Vorbild für weitere derartige Anlagen.[28]
Das Empfangsgebäude gehört noch zur ursprünglichen Ausstattung der Strecke und stammt von 1867. Es ist ein spätklassizistischer zweigeschossiger Sandsteinquaderbau mit eingeschossigen Anbauten. Teile der originalen Ausstattung sind erhalten. Es steht unter Denkmalschutz[29], steht aber leer. Am 6. März 2023 wurde der Dachstuhl des Gebäudes durch einen Brand beschädigt.[30] Ursprünglich hatte der Bahnhof an jedem Ende ein Stellwerk. Ein Fahrdienstleiterstellwerk im Empfangsgebäude ersetzte diese ersten Anlagen. Dafür erhielt es bahnsteigseitig einen modernen Anbau.[31]
Unmittelbar nördlich des Bahnhofs Eppelsheim liegt die Grenze zwischen den DB-Regionalbereichen Mitte und Südwest.[32]
Kettenheim
Kettenheim (km 26) war der Bahnhof für die Gemeinde Kettenheim und ist heute aufgelassen.[Anm. 2] Das historische Empfangsgebäude ist erhalten, wurde aber modern umgestaltet.
Der Bahnhof Kettenheim wurde zum 23. Mai 1953 in einen Haltepunkt umgewandelt[33], was im Oktober 1957 rückgängig gemacht wurde.[34] 1968 wurde er erneut in einen Haltepunkt umgewandelt, doch blieb auch der Haltepunkt zunächst mit Personal besetzt, weil ein beschrankter Bahnübergang zu bedienen war.[35] 1969 wurde er endgültig zur Haltestelle.[36]
Alzey Süd
Alzey Süd (km 27,9) ist ein Haltepunkt in der Stadt Alzey. Der Haltepunkt liegt unmittelbar neben dem Haltepunkt Alzey West der Donnersbergbahn. Beide Strecken münden im Bahnhof Alzey ineinander, verlaufen aber im Bereich von Alzey Süd / Alzey West auf unterschiedlichen Höhen-Niveaus. Der Haltepunkt hat einen 170 m langen, mindestens 55 cm hohen Bahnsteig, der behindertengerecht zugänglich ist.[37][38]
Der Haltepunkt Albig (32,5 km) bedient die Gemeinde Albig. Hier halten auch die Züge der Strecke Alzey–Mainz. Der Haltepunkt liegt in einem der zweigleisigen Abschnitte der Strecke und hat daher Außenbahnsteige, für jede Fahrtrichtung einen. Die Bahnsteige haben eine Mindesthöhe von 55 cm und sind barrierefrei zugänglich.[39] Das historische Empfangsgebäude ist erhalten.
Empfangsgebäude und das ebenfalls erhaltene Stellwerk sind Kulturdenkmäler.[40] Das Stellwerk wurde ehrenamtlich aufgearbeitet, wird als Museum betrieben und kann besichtigt werden.[41]
Der Haltepunkt Wallertheim (km 41,0) dient der gleichnamigen Gemeinde. Der Bahnsteig hat eine Mindesthöhe von 55 cm und ist barrierefrei zugänglich.[42]
Gau Bickelheim
Der Haltepunkt Gau Bickelheim (43,3) war früher ein Bahnhof, der zum 1. August 1954 zum Haltepunkt umgewandelt wurde.[43] Er liegt in Gau-Bickelheim.[Anm. 3] Die Bahnsteighöhe ist geringer als 55 cm.[44]
Der Haltepunkt Welgesheim-Zotzenheim (km 49,8) war früher ein Bahnhof. Zum 30. September 1962 wurde er in einen Haltepunkt umgewandelt.[45] Der Haltepunkt liegt in der freien Feldgemarkung, etwa 250 m westlich des Ortsrandes von Welgesheim. Zotzenheim liegt noch viel weiter weg, südlich, zwischen Welgesheim und Sprendlingen. Der Bahnsteig hat eine Mindesthöhe von 55 cm und ist barrierefrei zugänglich.[46] Das historische Bahnhofsgebäude ist erhalten.
Gensingen-Horrweiler
Der ehemalige Bahnhof und heutige Haltepunkt Gensingen-Horrweiler (km 52,4) ist ein Haltepunkt mit drei [!] Bahnsteiggleisen. Die östliche Bahnsteigkante des Inselbahnsteigs nutzt die Bahnstrecke Worms–Bingen Stadt, die westliche und den Hausbahnsteig die zweigleisige Bahnstrecke Gau Algesheim–Bad Kreuznach. Die Abzweigstelle Gensingen-Horrweiler zwischen beiden Strecken gilt als eigene Betriebsstelle und liegt 800 m nördlich des Haltepunkts.[47] Das historische Bahnhofsgebäude ist erhalten und genießt Denkmalschutz.
In der Abzweigstelle Büdesheim-Dromersheim (km 56,2) trennen sich die Strecke Worms–Bingen Stadt (nach Bingen) und die Strecke Gau Algesheim–Bad Kreuznach (nach Mainz).[48]
Bingen-Kempten
Der Haltepunkt Bingen-Kempten km 61,0) lag in der Gemarkung von Kempten am Rhein und ist heute aufgegeben. Nachdem die Gemeinde 1939 in die Stadt Bingen am Rhein eingemeindet worden war, ist sie nun ein Stadtteil. Erst 1949 wurde der Haltepunkt „Kempten“ in „Bingen-Kempten“ umbenannt.[49]
Bingen Stadt
Die Strecke endet im Bahnhof Bingen (Rhein) Stadt (km 62,9).
Die Strecke wird heute von der Deutschen Bahn betrieben.
Im Zuge der Ausschreibung des Dieselnetzes Südwest (Los 1) kommen seit Dezember 2015 neue Fahrzeuge vom Typ Alstom Coradia LINT 41/54 von DB Regio zum Einsatz. Bis dahin verkehrten Triebwagen der Baureihe 628/629 sowie bis Dezember 2014 vereinzelt Züge mit Lokomotiven der Baureihe 218.
Zwischen Monsheim und Worms wird ab 14 Uhr ein angenäherter Halbstundentakt, vor 14 Uhr und ganztägig auf dem Rest der Strecke ein Stundentakt angeboten. Stündlich enden die Züge in Bingen (Rhein) Stadt, die Verdichterzüge in Monsheim. Die Züge, die mit der Baureihe 218 gefahren wurden, verkehrten ab Armsheim weiter nach Mainz.
Der Güterverkehr beschränkt sich auf sporadische Sonderleistungen, meist zur Zuckerfabrik in Neuoffstein.
Zwischenfälle
Im Frühjahr 1941 ereignete sich zwischen Monsheim und Niederflörsheim ein umfangreicher Dammrutsch, der so schwerwiegend war, dass der am 5. Mai 1941 in Kraft getretene Sommerfahrplan für die Strecke aufgehoben werden musste. Stattdessen wurden die durchgehenden Züge über die Donnersbergbahn, Marnheim und die Zellertalbahn umgeleitet, zwischen Alzey und Niederflörsheim-Dalsheim ein Pendelverkehr eingerichtet und der anschließende, nicht befahrbare Teil der Strecke mit Schienenersatzverkehr überbrückt.[50] Erst am 28. August 1941 konnte der durchgehende Zugverkehr wieder aufgenommen werden.[51]
Literatur
Hans Schweers (†), Henning Wall, Thomas Würdig: Eisenbahnatlas Deutschland. 12. Auflage. EK-Verlag, Freiburg 2023, ISBN 978-3-8446-6440-9
Ralph Häussler: Eisenbahnen in Worms. Von der Ludwigsbahn zum Rheinland-Pfalz-Takt. Kehl, Hamm/Rheinhessen 2003, ISBN 978-3-935651-10-3
↑1964 oder davor vom Bahnhof zur Haltestelle herabgestuft (Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 13. November 1964, Nr. 52. Bekanntmachung Nr. 564, S. 267).
↑Aufgelassen zwischen 1974 und 1985 ausweislich der Streckentabelle in den entsprechenden Kursbüchern.
↑ Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 5. Dezember 1908, Nr. 70. Bekanntmachung Nr. 1027, S. 786.
↑ Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 26. April 1913, Nr. 20. Bekanntmachung Nr. 247, S. 137.
↑ Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 24. Januar 1914, Nr. 5. Bekanntmachung Nr. 50, S. 33.
↑ Eisenbahn-Directionsbezirk Mainz (Hg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 6. April 1907, Nr. 18. Bekanntmachung Nr. 175, S. 204.
↑Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 10. April 1970, Nr. 17. Bekanntmachung Nr. 117, S. 121.
↑Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 19. März 1971, Nr. 12. Bekanntmachung Nr. 67, S. 79.
↑Bundesbahndirektion Mainz (Hg.): Amtsblatt der Bundesbahndirektion Mainz vom 11. Juni 1971, Nr. 25. Bekanntmachung Nr. 157, S. 169.
↑ Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 25. Februar 1933, Nr. 9. Bekanntmachung Nr. 99, S. 41 und Berichtigung. In: Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 4. März 1933, Nr. 10. Nachrichten, S. 52.