Bahnstrecke Kitzingen–Schweinfurt
Die Bahnstrecke Kitzingen–Schweinfurt, auch Steigerwaldbahn oder Untere Steigerwaldbahn, ist eine Nebenbahn in Bayern. Sie verläuft in Unterfranken von Kitzingen über Wiesentheid und Gerolzhofen nach Schweinfurt. Ihren Namen erhielt sie durch Verlauf ihres südlichen Bereichs durch das Steigerwaldvorland. Der Personen- und Güterverkehr auf der Strecke wurde in Etappen eingestellt. Die Reaktivierung der stillgelegten Strecke für den Güterverkehr ist geplant, aber derzeit umstritten.[4] GeschichteBau der BahnDie Steigerwaldbahn entstand im ersten Abschnitt von Kitzingen bis Gerolzhofen 1893. Der zweite Abschnitt bis zum Schweinfurter Hauptbahnhof wurde am 23. November 1903 eröffnet.[5] Zweiter Weltkrieg und seine FolgenAm Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in der Nacht vom 4. auf den 5. April 1945 die Eisenbahnbrücke über den Main in Kitzingen von Truppen der Wehrmacht gesprengt. Weniger als eine Woche später, am 11. April 1945, als die US Army in Schweinfurt einmarschierte, wurde am selben Tag auch die Gerolzhöfer Brücke über den Main in Schweinfurt beim Rückzug von der Wehrmacht gesprengt. Bis zum Bau einer Behelfsbrücke in Schweinfurt 1946 war daher nur ein Inselbetrieb zwischen dem südmainischen Bahnhof Schweinfurt Sennfeld und Etwashausen möglich. Erst 1984 wurde die Behelfsbrücke durch ein Brückenfeld der demontierten Mainbrücke Wertheim ersetzt. Für den Bau der Bundesautobahn 3 wurde südlich des Bahnhofs Wiesentheid 1961 ein Deckenbaubahnhof errichtet. Er diente der Anfuhr mineralischer Baustoffe wie Kies, Sand und Splitt sowie von Bitumen und Kraftstoffen vor allem in den Jahren 1963 und 1964. Die in Ganzzügen angelieferten Baustoffe wurden vor Ort in großen Mischanlagen vorbereitet und dann zur Baustelle gebracht. Für diese Züge wurde die Strecke verstärkt und in Prichsenstadt ein Drucktastenstellwerk EDr-S2uf errichtet.[6] Nach Fertigstellung der Autobahn wurden die Anlagen zurückgebaut. Die Mainbrücke in Kitzingen wurde trotz jahrelanger Bemühungen der Städte Kitzingen und Gerolzhofen nie wieder aufgebaut. Schrittweise Einstellung des VerkehrsDer Personenverkehr auf der Strecke Kitzingen–Gerolzhofen wurde bereits am 31. Mai 1981 auf Regionalbusverkehr umgestellt, am 29. Mai 1987 auch der Betrieb von Gerolzhofen nach Schweinfurt. Bis zum 31. Dezember 2001 gab es noch planmäßigen Güterverkehr zwischen Kitzingen und Schweinfurt. Bis Mitte 2006 wurde die Strecke von der in Kitzingen stationierten US-Army gelegentlich für Militärtransporte benutzt. Durch den Truppenabzug vom Kitzinger Standort hatte die Strecke im Frühjahr 2006 letztmals eine kurze „Blütezeit“, in der mehrere Ganzzüge wöchentlich zum Flugplatz Kitzingen und von dort zurück nach Schweinfurt in das Hauptstreckennetz verkehrten. Der Streckenabschnitt zwischen Schweinfurt Hauptbahnhof und Gochsheim wurde von der DB Netz betrieben, da es in diesem Bereich noch Güterverkehrskunden (Holzverladung) gab. Zum 9. Dezember 2007 stellte DB Schenker die Bedienung der Ladestelle Gochsheim dauerhaft ein. Seitdem findet nur noch auf einem kurzen Stück der Strecke Güterverkehr statt, zwischen dem nordmainischen Schweinfurter Hauptbahnhof und einem nach der Gerolzhöfer Brücke abzweigenden südmainischen Industriegleis in den Hafen Schweinfurt. Weitere EntwicklungenDie Bayerische Regionaleisenbahn (BRE), eine Tochtergesellschaft der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE), übernahm die Strecke von Kitzingen-Etwashausen bis Gochsheim im Mai 2005 von der Deutschen Bahn. Der Streckenabschnitt zwischen Großlangheim und Kitzingen-Etwashausen wurde im März 2007 wegen vermuteter Altlasten aus dem Zweiten Weltkrieg für den Zugverkehr gesperrt. Deswegen hatten die Städte Wiesentheid und Kitzingen kein Interesse mehr an Sonderfahrten des Fördervereins Steigerwald-Express. Da dadurch die größten Zuschussgeber entfallen waren und sich auch die anderen Kommunen finanziell zurückhielten, konnte der Fahrbetrieb nicht mehr kostendeckend durchgeführt werden. Der Förderverein beschaffte daraufhin eigene Personenwagen, um auch in Zukunft Sonderfahrten anbieten zu können.[7] Im Mai 2009 wurde das Befahrungsverbot des Streckenabschnitts zwischen Großlangheim und Kitzingen aufgehoben, jedoch wurde die Strecke ab Gochsheim bis zum Streckenende bereits im März 2010 wegen Oberbaumängeln gesperrt. Daraufhin setzte die Regierung von Mittelfranken als zuständige Aufsichtsbehörde der DRE/BRE eine bereits verlängerte Frist bis Ende April 2011, um die Strecke in einen sicheren Zustand zu versetzen.[8] Da die Frist von der BRE nicht eingehalten wurde, verhängte die Bezirksregierung ein Zwangsgeld gegen den Streckenbetreiber. Die BRE konnte die Befahrbarkeit erst Ende Mai 2011 wiederherstellen.[9] Im Mai 2013 schrieb die BRE wegen fehlender Einnahmen den 12,5 Kilometer langen Abschnitt Kitzingen-Etwashausen – Wiesentheid-Gewerbegebiet zur Übernahme durch andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) aus.[10] Schrittweise StilllegungZum 10. Juli 2014 wurde der erste Abschnitt der bestehenden Strecke von Kitzingen-Etwashausen bis zur Kitzinger Stadtgrenze (Bahn-km 5,37) nach Genehmigung durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr stillgelegt.[11] Aufgrund mangelnder Rentabilität und anstehender, vermeidbarer Investitionen wurde Anfang September 2014 der verbleibende Streckenabschnitt von km 5,37 bis Gochsheim (ausschließlich) von der BRE anderen EIU zur Übernahme angeboten.[12] Nach zwischenzeitlicher Unterbrechung der BRE-Ausschreibung[13] wurde die Strecke Schweinfurt – Kitzingen-Etwashausen aufgrund des Scheiterns der Verhandlungen mit potentiellen Interessenten Anfang Januar 2016 vom bayerischen Innenministerium stillgelegt und die BRE gab daraufhin am 10. Februar ihren Streckenteil an DB Netz zurück.[14] Im April 2015 schrieb DB Netz auch den Streckenabschnitt vom Abzweig zum Hafen Schweinfurt unweit des Bahnhofs Schweinfurt Sennfeld bis zum Bahnhof Gochsheim aus.[15] Obwohl es anfangs drei Interessenten gab, kam keine Einigung über den Kaufpreis zustande.[16] Das Eisenbahn-Bundesamt erteilte daraufhin am 25. April 2016 die Genehmigung, diesen Abschnitt bis Ende 2017 stillzulegen.[17] Der Projektentwickler des Kitzinger Technologieparks conneKT wollte jedoch weiterhin die Strecke von der Deutschen Bahn zu einem akzeptablen Preis kaufen, um ihn an das Schienennetz anzuschließen.[18] Entwidmung der Strecke innerhalb KitzingensAm 12. Mai 2016 genehmigte die hierfür zuständige Regierung von Mittelfranken in Ansbach einen Antrag der unterfränkischen Stadt Kitzingen. Die Freistellung von Bahnbetriebszwecken (Entwidmung) nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), des drei Kilometer langen Streckenabschnitts innerhalb des Kitzinger Stadtgebietes, war beantragt worden.[16] Die entsprechenden Flächen wurden dadurch in die Planungshoheit der Stadt Kitzingen zurückgegeben. Hier liegt auch der Bahnanschluss des Technologieparks conneKT, der bis auf Weiteres damit obsolet wurde. Zurückstellung der Entwidmung der restlichen StreckeEntsprechende Anträge zur Entwidmung wurden auch von anderen Gemeinden entlang der Strecke gestellt.[19] Die Stadt Gerolzhofen nahm ihren Antrag im Januar 2019 zurück, um das Ergebnis einer Potentialanalyse abzuwarten.[20][21] Diese und diverse Petitionen waren auch für den Bayerischen Landtag Anlass, darauf hinzuwirken, dass die laufenden Verfahren zur Entwidmung und zum Verkauf der Strecke zunächst zurückgestellt werden.[22] Diese wurde jedoch Ende Juli 2019 an die Firma Meißner in Bad Mergentheim verkauft, die sich mit Abbau von Gleisanlagen beschäftigt und im Jahre 2016 die Sinntalbahn abgebaut hat. Seit Januar 2020 läuft der Abbau des Abschnittes zwischen Kitzingen-Etwashausen und dem Bahnkilometer 5,37. Da der Verkauf an Meißner ohne vorherige Entwidmung der Strecke geschah, kam es zu heftigen Protesten von Befürwortern einer Reaktivierung der Bahn. Anfang April 2021 hat das Eisenbahninfrastrukturunternehmen Thüringer Eisenbahn (ThE) einen Antrag zum Betrieb der unteren Steigerwaldbahn beim Bayerischen Verkehrsministerium und bei der Regierung von Mittelfranken eingereicht.[23][24] Dieser wurde jedoch Ende November 2021 vom Ministerium abgelehnt,[25] wogegen die ThE einen Monat später Widerspruch einlegte.[26] Ablehnung der Reaktivierung durch das Land BayernAm 5. März 2021 veröffentlichte die für die Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs zuständige Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) eine Fahrgast-Potentialanalyse für die untere Steigerwaldbahn. Unter Zugrundelegung eines Stundentaktes wird für die Gesamtstrecke Schweinfurt Hbf – Kitzingen-Etwashausen eine mögliche Nachfrage von 563 Personenkilometern pro Kilometer Strecke ermittelt. Dabei ist diese im Nordabschnitt Schweinfurt Hbf – Gerolzhofen mit 838 Pkm/km Streckenlänge höher als im Südabschnitt Gerolzhofen – Kitzingen-Etwashausen, auf dem nur 365 Pkm/km Streckenlänge erreicht werden. Damit wird der in Bayern für eine Streckenreaktivierung gültige Schwellenwert von 1.000 Personenkilometern pro Kilometer Streckenlänge verfehlt und deswegen eine Wiederinbetriebnahme der Strecke zurzeit nicht weiter verfolgt.[27] Dieses Gutachten wurde kritisiert, da laut den Kritikern das Zustandekommen der Nachfrage nicht nachvollziehbar sei. Andere Gutachter kamen unter Berücksichtigung weiterer Verkehrsarten (d. h. auch Ausbildungs-, Einkaufs- und touristischer Verkehr) auf eine annähernd doppelt so hohe Nachfrage.[28] Die ablehnende Haltung der BEG führte dazu, dass der Kreistag des Landkreises Schweinfurt am 4. November 2021 seine Bemühungen hinsichtlich der Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs auf dieser Strecke aufgab.[29] Geforderte WiederinbetriebnahmeAls herkömmliche BahnErste VersucheDa die Strecke, mit Ausnahme des Abschnittes in Kitzingen, bisher nicht entwidmet wurde, wäre eine Wiederinbetriebnahme ohne Planfeststellungsverfahren möglich. Auch für heute nicht mehr im Neubau genehmigungsfähige Bauten wie höhengleiche Bahnübergänge besteht so lange Bestandsschutz bis keine Freistellung von Bahnbetriebszwecken erfolgt ist. Nach dem ab 11. Dezember 2005 gültigen Jahresfahrplan der Deutschen Bahn ging die gesamte Strecke im Laufe des Fahrplanabschnittes an die Bayerische Regionaleisenbahn (BRE) über. Ab 15. Juli 2006 war die Wiederaufnahme des Personenverkehrs an Wochenenden und Feiertagen vorgesehen. Der Betrieb war von vornherein bis 9. Dezember 2006 (Ende des Jahresfahrplans) befristet. Bei erfolgreichem Probebetrieb wurde sogar die komplette Wiederaufnahme des Personenzugverkehrs an allen Wochentagen zwischen Schweinfurt und Gerolzhofen, eventuell auch Etwashausen, erwogen. Der Betrieb sollte durch die Erfurter Bahn mit Triebwagen des Typs Regio-Shuttle erfolgen. Dieser Probebetrieb fand jedoch nie statt, stattdessen wurden Sonderfahrten angesetzt. Die ersten beiden geplanten Fahrten am 15. und 16. Juli 2006 wurden abgesagt. Da die angeblich vorgesehene Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h nicht erlaubt und die Strecke nur für den Güterverkehr freigegeben sei, wäre eine Fahrt im Personenverkehr nicht möglich. Weitere BemühungenAm 19. November 2007 wurde aus der gleichnamigen Interessengemeinschaft der Förderverein Steigerwald-Express gegründet. Dessen Ziel ist der Erhalt der Strecke durch den Einsatz touristischer Sonderzüge und die Reaktivierung des Güterverkehrs.[30] In der Fahrsaison 2008 konnte der Verein an vier Fahrtagen anlässlich von lokalen Festen etwa 1300 Fahrgäste mit Zügen befördern, die zumeist aus der vereinseigenen Kleinlok der Baureihe 310 und zwei gemieteten „Donnerbüchsen“ bestanden.[31][32] Seit Juli 2018 setzt sich die IHK Würzburg-Schweinfurt für eine Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke für den Personenverkehr im Abschnitt Schweinfurt Hauptbahnhof – Gerolzhofen ein. Die IHK stützt sich auf eine Potentialanalyse, deren Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsforderung des bayerischen Wirtschaftsministeriums entspricht.[33] Bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft gibt es Planungen hinsichtlich einer möglichen Reaktivierung des Personenverkehrs auf der Strecke.[34][35] Am 19. Juli 2019 führten Bündnis 90/Die Grünen zusammen mit dem Förderverein Steigerwald-Express, dem Verkehrsclub Deutschland sowie der Wählergemeinschaft Kommunalpolitisches Netzwerk für Gerolzhofen geo-net eine Infoveranstaltung durch, in der für eine mögliche Reaktivierung der Steigerwaldbahn geworben wurde.[36][37] Im Dezember 2019 entschied der Kreistag des Landkreises Schweinfurt in großer Mehrheit, dass geprüft wird, ob und unter welchen Rahmenbedingungen der Personenverkehr auf der stillgelegten Steigerwaldbahn wieder aufgenommen werden kann.[38] Als RegionalstraßenbahnIm August 2019 wurde ein neues Konzept zur Steigerwaldbahn vom Verkehrsplaner Robert Wittek-Brix öffentlich vorgestellt, mit einer Regionalstraßenbahn, die sich von einer herkömmlichen Strecken-Reaktivierung in mehrfacher Hinsicht unterscheidet. Im Vorschlag soll die Bahn nicht in Kitzingen-Etwashausen enden, sondern im Straßenbahnbetrieb über die Nordbrücke bis zum Bahnhof Kitzingen fahren und damit wieder zwei Hauptbahnen verbinden. Als Integralbahn soll sie aus Richtung Kitzingen am Bahnhof Schweinfurt Sennfeld geteilt werden. Der eine Ast soll, wie einst, auf der bestehenden Bahnstrecke über die Gerolzhöfer Brücke zum Schweinfurter Hauptbahnhof fahren. Der zweite Ast soll, als Straßenbahn mit zahlreichen Haltestellen, über die Maxbrücke durch die Schweinfurter Innenstadt fahren, danach die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und das Schulzentrum West passieren und schließlich an die bestehende Bahnstrecke Schweinfurt–Meiningen angebunden werden.[39] Befürworter brachten daraufhin nur noch dieses Konzept in die Diskussion, das Gegner meist vermieden anzusprechen. Die CSU machte daraufhin einen Alternativvorschlag, die Trasse der Steigerwaldbahn als Fahrbahn für Autonomes Fahren für Busse und als Expressradweg umzubauen.[40] Dieser Vorschlag wurde von den Befürwortern einer Reaktivierung scharf kritisiert und von den Gegnern negiert. Zum CSU-Vorschlag wies eine Ausarbeitung über die Potenziale von autonomen Straßenfahrzeugen auf dem Bahnkörper der Steigerwaldbahn von Andreas Witte vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), Kreisgruppe Kitzingen, auf erhebliche Probleme hin.[41] Da im Vorschlag von Wittek-Brix auch das Schweinfurter Stadtgebiet einbezogen ist, will die Stadt Schweinfurt eine Machbarkeitsstudie für diesen Vorschlag erstellen lassen. Weblinks
Einzelnachweise
|