Ausweichregeln zwischen WasserfahrzeugenDie Ausweichregeln zwischen Wasserfahrzeugen sind Teil B der Kollisionsverhütungsregeln (KVR), die für Fahrzeuge auf hoher See oder den mit ihr verbundenen Gewässern gelten. Sie bestimmen die Regeln, nach denen sich Wasserfahrzeuge (Motorschiffe, Segelschiffe, Wasserflugzeuge etc.) auszuweichen haben, wenn sie einander so begegnen, dass ein Zusammenstoß möglich ist. Anders als im Straßenverkehr, wo festgelegt ist, wer fahren darf, gibt es bei Wasserfahrzeugen keine Vorfahrt. Wasserfahrzeuge können nicht „stehen bleiben“ wie ein Landfahrzeug, da sie ständig der Abdrift durch Wind und Wasserströmungen ausgesetzt sind. Daher beschreiben die Ausweichregeln, wer unter welchen Bedingungen ausweichen muss („Ausweichpflichtiger“) und wer seinen Kurs und seine Geschwindigkeit beibehalten muss („Kurshalter“). PrioritätenGrundsätzlich gilt: Fahrzeuge, die aufgrund ihres gegenwärtig verwendeten Antriebs schlechter manövrieren können, haben Vorrang vor solchen, die einfacher zu manövrieren sind (Regel 18 KVR):
Während die Ausweichregeln in der KVR nur diese Schiffstypen behandeln, gelten auf vielen Binnengewässern zusätzliche Ausweich- und Vorfahrtsregeln. So haben dort oftmals Kursschiffe (öffentliche Fahrgastschiffe) Vorrang vor allen anderen Verkehrsteilnehmern. Die Ausweichregeln der KVR gelten unabhängig von der Schiffsgröße. Im Prinzip muss also ein Öltanker einer kleinen Segeljolle ausweichen. Allerdings muss man auf der Segeljolle ebenfalls Maßnahmen zur Vermeidung eines Zusammenstoßes ergreifen, sobald feststeht, dass der Öltanker seiner Ausweichpflicht nicht nachkommt. In der Praxis weichen Sportboote allen Berufsschiffen sofern möglich so rechtzeitig aus, dass es gar nicht zu einer kritischen Situation mit Kollisionsgefahr kommt. Begegnungen von Motorbooten
– P. Wendling: Seestraßenordnung – Für den praktischen Gebrauch[1] Begegnungen von SegelfahrzeugenDie Regel Nr. 12 der Internationalen Kollisionsverhütungsregeln beschreibt die Ausweichregeln zwischen zwei Segelfahrzeugen. Segelfahrzeuge, die ihren Antriebsmotor benutzen, gelten hierbei nicht als Segelfahrzeuge, sondern als Maschinenfahrzeuge. Maschinenfahrzeuge, die weder manövrierunfähig oder manövrierbehindert sind, noch fischen, müssen Segelfahrzeugen ausweichen.
Auf österreichischen Wasserstraßen darf ein Segelfahrzeug ein anderes nur auf dessen Luvseite überholen. ÜberholenEin Fahrzeug (dies gilt für alle Fahrzeuge, auch Segelfahrzeuge), das überholt, muss dem anderen Fahrzeug ausweichen. Als Überholer gilt ein Fahrzeug in Bezug auf ein anderes, wenn es sich diesem aus einer Richtung von mehr als 22,5 Grad achterlicher als querab nähert und daher gegenüber dem zu überholenden Fahrzeug so steht, dass es bei Nacht nur dessen Hecklicht, aber keines der Seitenlichter sehen könnte. Der Überholer bleibt so lange ausweichpflichtig, „bis er klar passiert hat“; er verliert diese Pflicht nicht allein dadurch, dass er den oben bezeichneten Bereich verlässt. (Regel 13 KVR) Maßnahmen des Ausweichpflichtigen und des Kurshalters
VerkehrstrennungsgebieteVerkehrstrennungsgebiete sind die „Autobahnen“ der See. Es sind deutlich auf den Seekarten vermerkte Abschnitte, in denen der Verkehr richtungsgetrennt abgewickelt wird. Motorschiffe, die länger als 20 Meter sind, müssen vorhandene Verkehrstrennungsgebiete benutzen und haben dort Vorrang vor kleinen Schiffen (Fischerboote, Jachten, Segelschiffe). Manöver des letzten AugenblicksSind sich die beiden Fahrzeuge so nahegekommen, dass ein Manöver des Ausweichpflichtigen allein eine Kollision nicht mehr verhindern kann, muss auch der Kurshalter ein eigenes Ausweichmanöver einleiten, um den Zusammenstoß zu vermeiden. Dieses Manöver wird Manöver des letzten Augenblicks genannt. GeltungsbereichDie in den Kollisionsverhütungsregeln enthaltenen Ausweichregeln für Wasserfahrzeuge finden gemäß Regel 1 weltweit auf den internationalen, von Seeschiffen befahrbaren Gewässern, Anwendung. In nationalen Gewässern kann es Sonderregelungen geben. Die Ausweichregeln sind teilweise in die deutsche See- und Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung sowie in viele Nutzungsvorschriften für deutsche Binnenseen übernommen worden. Eine praktisch sehr wichtige nationale Ausnahme enthält § 25 SeeSchStrO: Schiffe, die dem Verlauf eines Fahrwassers folgen, haben Vorfahrt. Unter Segelschiffen gilt dies aber nur, wenn das Segelschiff deutlich dem Verlauf eines Fahrwassers folgt (Abs. 3). Für die Teilnehmer an Segelregatten gelten untereinander oft spezielle Wettfahrtregeln, beispielsweise hinsichtlich des Wegerechtes an den Wendemarken. Auch wenn es unter Seglern als gute Sitte gilt, die Teilnehmer einer Wettfahrt nicht zu beeinträchtigen, bedingt sie rechtlich keine Ausweichpflicht für Nicht-Teilnehmer, sofern nicht von den örtlichen Behörden spezielle Regelungen getroffen und bekanntgemacht werden. Weblinks
Einzelnachweise
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