Arakan Rohingya Salvation Army

Fahne der Arakan Rohingya Salvation Army

Als Arakan Rohingya Salvation Army (Abk.: ARSA, früher: Harakah al-Yaqin) wird eine separatistisch-islamistische Rebellengruppe der ethno-religiösen Minderheit der Rohingya bezeichnet, die für die Sezession des Rakhaing-Staates von Myanmar und die Gründung eines eigenen unabhängigen Staates auf Grundlage der Scharia kämpfen sollen.[1] Andere Quellen widersprachen diesen Aussagen und stellen die ARSA als Milizen dar, welche die Dörfer der Rohingya vor Übergriffen schützen sollten. Und sie setzten sich für die Rechte der Rohingya ein, welche staatenlos seien und keinerlei Rechte in Myanmar besaßen.[2][3] Ihre Größe wurde in der Vergangenheit auf wenige Hundert schlecht ausgerüstete Kämpfer geschätzt.[4] Seit den Überfällen auf Grenzschutz Polizeieinheiten im Jahr 2017 sind keine größeren Operationen der ARSA gegen die Zentralregierung mehr bekannt. Auch Meldungen über Zusammenstöße mit der Arakan Army gingen zurück.[5] Wieder andere Quellen behaupten einige Operationen der ARSA wären in Wirklichkeit False Flag Operationen der Regierung gewesen. Sie wären ausgeführt worden um ein hartes Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Rohingya zu rechtfertigen.[6]

Hintergrund

Der Begriff Rohingya ist die offizielle Bezeichnung für die muslimische Minderheit im mehrheitlich buddhistischen Staat Myanmar. Dort leben sie größtenteils im Rakhaing-Staat. Von der Regierung Myanmars werden sie nicht als autochthone Minderheit anerkannt, sondern als illegale bangladeschische Immigranten betrachtet, obwohl der überwiegende Großteil von ihnen seit mehreren Generationen in Myanmar lebt. Die Einbürgerung wird ihnen ebenso wie das Wahlrecht verweigert. Bangladesch betrachtet die Rohingya hingegen als burmesische Minderheit und lehnt ihre Aufnahme ebenso ab. Die Mehrheit der Führung der Rohingyas befürwortete in der Vergangenheit friedliche Mittel um das Los der Rohingya Gemeinschaften zu verbessern. Sie setzten auf Internationale Hilfe und nicht auf den bewaffneten Kampf.

Vorläufer der ARSA existierten bereits im Jahre 2012[7] und waren großteils radikal-islamische Gruppen. Diese Gruppen waren aber klein und umfassten wenige dutzend Mitglieder.

Bei anti-muslimischen Unruhen im Jahr 2012 wurden über 200 Menschen getötet[8] und rund 120.000 Rohingya vertrieben. Nach Einschätzung von Zachary Abuza (Radio Free Asia) tolerierte die internationale Gemeinschaft diese Diskriminierung und Unterdrückung der muslimischen Minderheit, weil sie die demokratische Regierung von Aung San Suu Kyi stärken wollte und den Zustand deshalb hinnahm.[9]

Die Rohingya durften auch nicht an der Parlamentswahl 2015 teilnehmen.[10] Dies löste große Unzufriedenheit und Feindschaft gegenüber der buddhistischen Mehrheit bei vielen Rohingya aus.

Geschichte

Gründung

Nach Angaben der International Crisis Group (ICG) wurde die ARSA 2016 von mindestens zwanzig Rohingya gegründet, die sich im saudi-arabischen Exil befanden. Als Führer der Gruppe gilt Attullah Abu Amar Jununi, ein in Pakistan geborener Rohingya, der in Mekka aufwuchs. Jununi und andere Mitglieder sollen in Pakistan und Afghanistan eine militärische Ausbildung absolviert haben[9] und von Spendern aus Saudi-Arabien und anderen Ländern des Nahen Ostens finanziert worden sein.[10] Die Gruppierung formierte sich bereits 2013 unter dem Namen Harakah al-Yaqin und ging schließlich im Oktober 2016 in der ARSA auf.[11][12]

Rohingya-Aufstände seit 2016

Jununi und andere Mitglieder kehrten 2016 nach Myanmar zurück.[9] Im Oktober 2016 überfielen ARSA-Kämpfer bewaffnet mit Macheten und anderen einfachen Waffen Polizeiposten in Myanmar und töteten neun Polizisten.[9][13] Staatliche Sicherheitskräfte griffen daraufhin in mehreren Razzien hart durch. Das führte zu andauernden Auseinandersetzungen zwischen dem burmesischen Militär (Tatmadaw) und den Aufständischen, bei denen weitere Menschen getötet wurden.

Den Tatmadaw werden ebenso wie der ARSA Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. So sollen Rohingya vergewaltigt, gefoltert und ermordet und deren Dörfer niedergebrannt worden sein.

Die ARSA habe über 100 Hindus getötet, einige Hindu-Männer entführt und soll sie gezwungen haben zum Islam zu konvertieren. Des Weiteren zwang die ARSA konvertierte Hindus Buddhisten der Arakan Army für die Verbrechen verantwortlich zu machen.[14][15][16][17] Andere Organisationen widersprachen den Vorwürfen welche Amnesty International gegen die ARSA erhoben hatte. Es würde sich bei den Vorwürfen um Propagandatricks der Regierung handeln stellte die Burma Task Force fest, einen Zusammenschluss von 19 kanadischen und US-amerikanischen Muslim Organisationen.[18]

Die Auseinandersetzungen führten zur Flucht von 80.000 Rohingya nach Bangladesch bis August 2017.[13] Die UN ging im September 2017 von 290.000 Menschen auf der Flucht aus[19], während die UNO-Flüchtlingshilfe 2022 von 926.000 Rohingya-Flüchtlingen in Bangladesh ausgeht.[20]

Am 25. August 2017 kam es erneut zu schweren Angriffen der ARSA auf etwa 30 Stützpunkte der Polizei und des Militärs[21] und verstärkten Reaktionen des Militärs. Bei den Angriffen starben mindestens 89 Menschen. An den Auseinandersetzungen im Rakhaing-Staat waren 150 ARSA-Kämpfer beteiligt.[22][23]

Am 9. September 2017 erklärte die ARSA einen einseitigen Waffenstillstand ab sofort für einen Monat. Damit sollten laut der Mitteilung die Hilfslieferungen für die Not leidenden Menschen in Rakhaing-Staat ermöglicht werden.[19]

Amnesty International erklärte am 22. Mai 2018, dass die ARSA alleine im Jahr 2017 über 100 Menschen hinduistischen Glaubens getötet und gefoltert habe.[24][25][26]

Nach dem Putsch am 1. Februar 2021

Nach dem Militärputsch am 1. Februar 2021 verhielt sich die ARSA zunächst ruhig, während große Teile des Arakan Staates von der Arakan Army (AA) überrannt wurden. Am 15. April 2024 berichtete Radio Free Asia, dass die ARSA zusammen mit der Militärregierung die Einheiten der AA bekämpfen würde. Die AA bestand zu großen Teilen aus buddhistischen Arakanesen. In der Vergangenheit war es zu massiven Spannungen zwischen der buddhistischen Mehrheit und der muslimischen Minderheit im Staat gekommen.[27]

Ziele

Anfang September 2017 erklärt Jununi in einem Video: „Unser erstes Ziel mit ARSA ist die Befreiung unserer Menschen von inhumaner Unterdrückung, die durch alle burmesischen Regime erfolgte.“ Die Attacken seien die Reaktion von Myanmars Regierung auf die Behandlung der Rohingya und der Blockade ihrer Dörfer. Er forderte die Internationale Hilfsorganisationen auf, in der Region zu bleiben, nachdem diese zuvor begonnen hatten, alle nicht dringend benötigten Mitarbeiter abzuziehen.[28]

Das Ziel der ARSA ist die Errichtung eines unabhängigen Islamischen Staates.[29][30]

Bewertung

Die (durch den Militärputsch 2021 mittlerweile abgesetzte) Regierung der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bezeichnet die ARSA-Kämpfer als „extremistische bengalische Terroristen“. Einige Politiker werfen der Organisation vor, einen Islamischen Staat errichten zu wollen.

Verwechslungsgefahr

Die Arakan Rohingya Salvation Army ARSA darf nicht mit der Arakan Army AA verwechselt werden. Die AA kämft für die Wiederentstehung eines unabhängigen Arakan Staat und gilt als mehrheitlich buddhistisch geprägt. Die AA war 2024 eine der größten bewaffneten ethnischen Organisationen im myanmarischen Bürgerkrieg mit einer Truppenstärke von 30.000 Personen und Teilnehmer an der erfolgreichen Operation 1027 gegen die Militärregierung. Im Gegensatz zur ARSA kontrollierte die AA 2024 große Teile des Rakhine-Staates. In der Vergangenheit kam es zu Gefechten zwischen der ARSA und der AA.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. hermes: Pakistan-born leader of Arsa militants trained in modern guerilla warfare. In: The Straits Times. 11. September 2017 (straitstimes.com [abgerufen am 15. August 2018]).
  2. LAWFARE Arakan Rohingya Salvation Army: Not the Jihadis You Might Expect
  3. https://edition.cnn.com/2017/09/12/asia/arsa-rohingya-militants-who-are-they/index.html CNN Who are Myanmar’s militants? Five questions about ARSA ARSA says it is fighting on behalf of the million Rohingya living in virtual detention in the western coastal state of Rakhine, who have few if any rights according to Myanmar’s government. They are fighting for freedom of movement, a right to basic education and healthcare, and citizenship]
  4. The Express Machetes vs machine guns: Rohingya salvation army outgunned in Myanmar
  5. India Today: The Rohingya insurgent group may just be following a strategy of wait and watch, allowing other ethnic armed organisations to fight this battle for them. Their silence could also mean their consolidation.
  6. Roman Lee Perspectives of Terrorism Value 15 Issue 6. Myanmar’s Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA): An Analysis of a New Muslim Militant Group and its Strategic Communications, Seite 5: is has led some to question whether some ARSA actions might actually represent ‘false flag’ attacks by Myanmar’s security forces with the objective of misdirecting blame for the attacks in order to discredit the Rohingya community and justify a disproportionately violent military response in the form of ‘clearance operations’.[5
  7. An army crackdown sends thousands fleeing in Myanmar. In: The Economist. 31. August 2017 (economist.com [abgerufen am 15. August 2018]).
  8. Udo Schmidt: Rohingyas in Myanmar – Verfolgt, vertrieben, zum Nichtstun verurteilt. In: Deutschlandfunk online. 29. Juli 2015, abgerufen am 5. September 2017.
  9. a b c d Zachary Abuza: Who Are the Arakan Rohingya Salvation Army? In: rfa.org. 1. September 2017, abgerufen am 5. September 2017 (englisch).
  10. a b Das steckt hinter der Gewaltwelle in Myanmar. In: 20 Minuten online. 2. September 2017, abgerufen am 5. September 2017.
  11. F.Edroos: ARSA: Who are the Arakan Rohingya Salvation Army? Al Jazeera, 13. September 2017, abgerufen am 9. Januar 2018 (englisch).
  12. ARSA. USDP Conflict Data Program, archiviert vom Original am 29. August 2017; abgerufen am 17. März 2024 (englisch).
  13. a b Myanmar: Who are the Arakan Rohingya Salvation Army? In: BBC online. 6. September 2017, abgerufen am 6. September 2017 (englisch).
  14. KYODO NEWS: Death toll tops 100 in Myanmar's Rakhine as bloodshed continues. In: Kyodo News+. 27. August 2017 (kyodonews.net [abgerufen am 15. August 2018]).
  15. Mass grave of 28 Hindus found in Myanmar: army. 24. September 2017 (yahoo.com [abgerufen am 15. August 2018]).
  16. 'Mass Hindu grave' found in Myanmar. In: BBC News. 25. September 2017 (bbc.co.uk [abgerufen am 15. August 2018]).
  17. Amnesty International Myanmar: New evidence reveals Rohingya armed group massacred scores in Rakhine State
  18. Business Standard US seeks probe on Hindus massacred in Myanmar; Muslim groups slam Amnesty In a statement Burma Task Force, a coalition of 19 US and Canadian Muslim organisations, slammed the Amnesty International for "such a report". "It is a major public relations bonanza for the genocidal Burmese regime. It puts 60,000 Rohingyas in India even at more risk than they already are," it said. "The Amnesty International report presents, as fact, evidence and conclusions that are both seriously questionable, and by doing so it aids the propaganda efforts of a regime whose every action suggests it is bent on carrying out genocide," the task force said.
  19. a b Myanmar: Rohingya-Rebellen rufen Waffenstillstand aus. In: Zeit Online. 10. September 2017, abgerufen am 11. September 2017.
  20. https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/bangladesch
  21. Till Fähnders: Ein uralter Konflikt, in: F.A.S. Nr. 36, 10. September 2017, S. 5.
  22. Burma: 89 Tote bei Angriff von Rohingya-Rebellen auf Grenzposten. In: Spiegel Online. 25. August 2017, abgerufen am 9. September 2017.
  23. Machetes vs machine guns: Rohingya salvation army outgunned in Myanmar. In: The Express Tribune. 6. September 2017, abgerufen am 9. September 2017 (englisch).
  24. hermesauto: Rohingya militants massacred Hindus: Amnesty International report. In: The Straits Times. 23. Mai 2018 (straitstimes.com [abgerufen am 15. August 2018]).
  25. Amnesty: Rohingya fighters killed scores of Hindus in Myanmar. Abgerufen am 15. August 2018.
  26. Myanmar: New evidence reveals Rohingya armed group massacred scores in Rakhine State. Abgerufen am 15. August 2018 (englisch).
  27. Radio Free Asia အာဆာ (ARSA) အဖွဲ့ဟာ အဲဒီရွာတွေမှာ ခြေကုပ်ယူပြီး စစ်ကောင်စီတပ်နဲ့ ပူးပေါင်းတိုက်ပွဲဖော်ဆောင်နေတာလို့ အမည်မဖော်လိုတဲ့ ဒေသခံ ရိုဟင်ဂျာတစ်ဦးက RFA ကို ပြောပါတယ်။
  28. Liam Cochrane: Rohingya militant group warns of 'war' against Myanmar Government. In: ABC News Online. 28. August 2017, abgerufen am 5. September 2017 (englisch).
  29. The truth behind Myanmar’s Rohingya insurgency (Memento vom 8. Oktober 2017 im Internet Archive)
  30. hermes: Pakistan-born leader of Arsa militants trained in modern guerilla warfare. In: The Straits Times. 11. September 2017 (straitstimes.com [abgerufen am 15. August 2018]).