Aloïse CorbazAloïse Corbaz, genannt auch Aloyse oder Aloïse (* 28. Juni 1886 in Lausanne; † 5. April 1964 in Gimel), war eine Schweizer Künstlerin der Art brut und gilt als eine der wichtigsten Vertreterinnen. LebenAloïse Corbaz wurde als Tochter eines Postangestellten in Lausanne geboren. Sie hatte sieben Geschwister. Der Vater war alkoholkrank, zudem galt er als roh und grob. Als sie 12 Jahre alt war, starb ihre herzkranke Mutter.[1][2] Ihre Matura machte Corbaz 1906. Danach besuchte sie eine Fachschule für Schneiderei. Als Schneiderin hat sie jedoch nie gearbeitet. Aloïse Corbaz hatte eine schöne Stimme und wollte Sängerin werden. Dazu nahm sie privat Gesangsunterricht. Auch gehörte sie zum Kirchenchor der Kathedrale von Lausanne. Sie verliebte sich in einen ehemaligen französischen Priester, der in Lausanne evangelische Theologie studierte. Diese Beziehung wurde durch ihre Schwester unterbunden. Es folgte 1911 die Übersiedlung nach Potsdam. Dort arbeitete sie als Lehrerin und später als Gouvernante für die drei Töchter im Haushalt des Hofkaplans im Schloss Sanssouci. Auch dort sang sie in der Schlosskapelle, auch in Gegenwart des Kaisers. Sie entwickelte eine starke, obsessive Leidenschaft für Wilhelm II.[1] Zurück nach Lausanne zog sie im Jahr 1913. Dort fand sie Arbeit und hatte mehrere zeitlich begrenzte Arbeitsverhältnisse. Zunehmend zeigten sich bei ihr Wahnvorstellungen. Um die Welt zu retten, schrieb sie religiöse Texte. Sie verbreitete antimilitärische Propaganda und zählte zu den frühen Verfechterinnen für eine vegetarische Lebensweise. Von 1918 bis 1920 war sie in der psychiatrischen Universitätsklinik von Cery. Später wurde sie in das Heim La Rosière in Gimel verlegt. Dort lebte sie bis zu ihrem Tod.[1] 1975 verfilmte Liliane de Kermadec Corbaz Lebensgeschichte in Aloïse mit Isabelle Huppert und Delphine Seyrig. WerkIn den psychiatrischen Anstalten schuf sie ein umfangreiches Werk aus Zeichnungen und Texten mit bunter Fettkreide auf Einschlagpapier. Sie benutzte immer beide Seiten des Papiers und schuf ihre Werke mit Buntstiften oder Ölkreiden. Manchmal ergänzte sie diese um Zahnpasta, Fruchtsaft oder Blütenblätter. Zu ihren Motiven zählten mystisch anmutende Liebesszenen in grosser Farbenpracht und Komplexität. Sie zeichnete Sängerinnen, Blumenverkäuferinnen, sich umarmende oder festhaltende Paare, aber auch den deutsche Kaiser Wilhelm II. und andere historische Persönlichkeiten.[3] Ihr Werk kreist um den Eros, sie fühlte sich unfähig zu Partnerschaft und Liebe und thematisierte diese Unfähigkeit in ihrem Werk. Es entstanden Zeichnungen von Sirenen und Sphinxe, auch Damen ohne Unterleib oder Zwitterwesen. Aloïse Corbaz bezeichnete diese Wesen ironisch als die «alten Fräuleins, die weder ja noch nein zu sagen wagen».[2] Ihre Hausärztin Jacqueline Porret-Forel, die sie seit 1941 in der Anstalt La Rosière in Gimel-sur-Morges betreute, interpretierte Motivik und Inhalte als ein Theater des Universums. Nachdem erkannt wurde, dass sich Aloïse Corbaz künstlerisch betätigte, wurde sie weiter gefördert und erhielt Materialien zum Zeichnen.[1] 1948 wurden Werke von Corbaz durch den französischen Künstler Jean Dubuffet erstmals im Kunstkontext, in der Compagnie de l’art brut in Paris ausgestellt. Seitdem gilt sie als eine der wichtigsten Vertreterinnen der Art brut oder der Outsider Art. Umfassende Bestände ihres Werks befinden sich in der Collection de l’Art Brut in Lausanne und im Kunstmuseum Solothurn. Literatur
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Einzelnachweise
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