Kolleritsch wuchs als Sohn des Forstverwalters der Herrschaft Brunnsee, Alfred Gottfried Kolleritsch (1904–1972), sowie der Postangestellten Lukretia, geb. Semlitsch (geb. 1907), auf und absolvierte ein Grazer Gymnasium mit der Reifeprüfung im Jahr 1950.[4] Er war der ältere Bruder des steirischen Musikwissenschaftlers Otto Kolleritsch. 1939, acht Jahre nach Alfred Kolleritschs Geburt, kam als Dritte im Bunde schließlich auch Helga Kolleritsch zur Welt. Alfred Kolleritsch studierte an der Universität GrazGermanistik, Anglistik, Philosophie und später auch Geschichte. Er legte die Lehramtsprüfung für Geschichte, Philosophie und Germanistik 1955 ab und absolvierte anschließend ein Probejahr am Akademischen Gymnasium in Graz. Ab 1958 arbeitete er als Lehrer in Leibnitz, ab 1963/64 am Akademischen Gymnasium in Graz. 1964 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Arbeit über Martin Heidegger. Auf ihn wurde Kolleritsch noch vor der Matura aufmerksam, als er den Wiener Philosophen Leo Gabriel (geb. 1902) kennenlernte und dieser ihm Heideggers Werk Platons Lehre von der Wahrheit in die Hand drückte. Ab dem Sommersemester 1972 hat Kolleritsch immer wieder Lehraufträge für Philosophie und Literatur an der Karl-Franzens-Universität Graz angenommen.
1958 veröffentlichte Alfred Kolleritsch sein erstes Gedicht Es ist zu spät. 1959 war Alfred Kolleritsch Mitbegründer und von 1968 bis 1995 Präsident des Forum Stadtpark in Graz. 1960 gründete er eine der wichtigsten österreichischen Literaturzeitschriften, die manuskripte, als literarische Plattform des Forum Stadtpark, in der er vor allem experimentellen Autoren eine Möglichkeit der Veröffentlichung bot und die er zuletzt mit Andreas Unterweger herausgab. Dies war in der Gründungszeit ein durchaus gewagtes Unterfangen. Auch Kolleritschs Ehefrau Hedwig Tax (geb. 1939), mit der er von 1958 bis 1966 verheiratet war, leistete zahlreiche Beiträge für die manuskripte. Zuerst erschienen die manuskripte dreimal, dann viermal pro Jahr. Bereits ein Jahr nach der Gründung waren neben der „Grazer Gruppe“ auch Autoren der „Wiener Gruppe“ mit ihren Arbeiten in den manuskripten vertreten. Der Autorenkreis erweiterte sich von Jahr zu Jahr und ab 1976 fanden auch Symposien statt. Seit 1995 sind die manuskripte unabhängig vom Forum Stadtpark und werden vom „manuskripte Literaturverein“ herausgegeben. Kolleritsch verhalf mit den manuskripten Autoren wie Oswald Wiener oder Ernst Jandl zu Aufmerksamkeit. Zu den jüngeren Autoren, die hier eine erste Möglichkeit zur Veröffentlichung fanden, zählen weiters beispielsweise Wolfgang Bauer, Barbara Frischmuth, Michael Scharang, Gunter Falk und Peter Handke. Sie alle verdanken ihm damit den Durchbruch als anerkannte Autoren.
1968 heiratete Alfred Kolleritsch Hildegard Leikauf (geb. 1948), die zu dieser Zeit Kunstgeschichte studierte. Die Ehe hielt bis 1982.
1972 veröffentlichte Alfred Kolleritsch Die Pfirsichtöter. Seismographischer Roman. Trotz des regelmäßigen Schreibens eigener Texte für die „Manuskripte“ brachte er erst relativ spät diese selbstständige Publikation heraus.
Alfred Kolleritsch erhielt sowohl Ehrenmedaille und Ehrenurkunde der Stadt Graz (1981) als auch das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark für besondere Verdienste (1984).
1982 kam Sohn Julian (*12. August) zur Welt. Dieser unterstützte seinen Vater später in der Literaturzeitschrift manuskripte intensivst.
1987 heiratete Kolleritsch Gabriele Margarethe Lichtenegger (geb. 1952); im selben Jahr kam sein Sohn Philipp Jovan zur Welt.
Als Lehrer des Akademischen Gymnasiums Graz wurde Alfred Kolleritsch mit Ende des Schuljahres 1992/93 pensioniert.[5] Anlässlich seines 85. Geburtstages hielt er im Akademischen Gymnasium Graz, dem er bis zuletzt sehr verbunden war,[6] eine Lesung aus seinen Werken. Darunter war auch sein von ihm voll Poesie, aber auch Kampfesgeist verfasstes, wortstarkes Vermächtnis an „die Jungen“.[7]
Kolleritsch galt als Kämpfer gegen die „Wiederkehr des Immergleichen“. In seinen Werken wandte er sich gegen die Einengung und Erstarrung des Lebens sowie gegen Totalitarismus und Faschismus.
Alfred Kolleritsch kooperierte auch immer wieder mit Künstlern anderer Genres, dabei ist vor allem die Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Kollegen am Akademischen Gymnasium Graz und engen Freund, dem Maler und Grafiker Hartmut Urban, hervorzuheben. Hartmut Urban illustrierte beispielsweise einige literarische Werke von Alfred Kolleritsch wie 1992 das Buch Hemler der Vogel (siehe Literaturhinweise). 1995 gestaltete Hartmut Urban eine Intervention im Stiegenhaus der Neuen Galerie in Graz. Dafür strukturierte und verdichtete er die Textur von Buchseiten aus Dichtungen von Alfred Kolleritsch mittels gestischer Übermalung.[8] Diese Intervention, der großflächige, mehrteilige Literaturfahrplan, heute im Akademischen Gymnasiums Graz befindlich, wurde von Hartmut Urbans Bruder Gerolf Urban aus dem Nachlass der Schule geschenkt.[9]
„Die Welt ist ein Knabenregiment, sagt Heraklit, sie ist ein Spiel, die Weisheit, das Lehrer-Schüler-Spiel zu meistern, liegt in der Ferne. Wir sollten wissen, dass wir letztlich ein Chaos zu bewältigen haben, in das wir Spuren möglicher Wege legen. Kaum ein anderer Beruf ist diesem Wagnis ausgesetzt.“
– Aus der Rede Alfred Kolleritschs „Stolpernder Abschied“ zu seinem eigenen Abschied als Lehrer (1993)[16]
„Sag mir etwas, das nicht verschwindet. Was war, ist weggeraten. Auf der Hand klebt der Gedanke den Flügelschlag eines Vogels lang.“
– Eines der letzten Gedichte, die Kolleritsch im Jänner 2020 in seinem Gedichtband Die Nacht des Sehens veröffentlichte[1]
„Im Zimmer ist Sonne, eine Blume bleibt, eine Hand sucht die Geschichte der anderen. Die Zeit nimmt uns hin. Ihr einziger Anspruch.“
„Alfred Kolleritsch ist ein freundlicher Mensch mit einem ziemlich bösen Blick. Mit diesem bösen Blick für die ihn umgebenden Zustände und der Freundlichkeit für die einzelnen Leute hat er auch sein Buch geschrieben.“
– Peter Handke zu Kolleritschs Buch „Der letzte Österreicher“ (1995)[18]
„Alfred Kolleritsch war und ist Förderer und Entdecker, Wegbereiter für eine moderne Literaturlandschaft und das Substrat, auf dem sich viele Literaten sowie Kunst- und Kultur-Gruppierungen weit über die Grenzen der Steiermark hinaus entfalten konnten und eine Avantgarde innerhalb des arrivierten Betriebs bildeten. Ich bin stolz, dass wir so eine Persönlichkeit wie sie auszeichnen dürfen.“
– LandeshauptmannFranz Voves in seiner Rede zur Verleihung des Ehrenringes des Landes Steiermark an Alfred Kolleritsch am 18. September 2013[19]
„Wie glücklich darf man sich schätzen, Dich, einen der ganz großen österreichischen Lyriker seinerzeit am Akademischen Gymnasium Graz als Deutschlehrer erlebt zu haben.“
– Markus Schirmer, international erfolgreicher österreichischer Pianist über seinen ehemaligen Lehrer Alfred Kolleritsch[3]
„Es gibt, glaube ich, keinen, der sich im Schreiben der Vorläufigkeit so bewußt ist wie Kolleritsch. [...] Denn dieser Schriftsteller zwingt uns garantiert zu nichts, er zeigt uns nur alles.“