Wolinia

Wolinia
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Wolinia (Polen)
Wolinia (Polen)
Wolinia
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Pommern
Powiat: Słupsk
Gmina: Główczyce
Geographische Lage: 54° 37′ N, 17° 32′ OKoordinaten: 54° 36′ 51″ N, 17° 32′ 25″ O
Einwohner:



Wolinia (deutsch Wollin, slowinzisch[1] Vʉ̀ɵ̯lämɵ[2]) ist ein Dorf im Powiat Słupski (Stolper Kreis) der polnischen Woiwodschaft Pommern.

Geographische Lage

Das Dorf liegt in Hinterpommern, an der Westseite des Lebatals, etwa 16 Kilometer nordwestlich der Stadt Lauenburg in Pommern, 16 Kilometer südlich der Stadt Leba und drei Kilometer südlich des Dorfs Cecenowo (Zezenow).

Wollin, nordwestlich von Lauenburg in Pommern und südlich der Stadt Leba, auf einer Landkarte von 1910

Geschichte

Das ehemalige Rittergut Wollin war in älterer Zeit ein Lehen der Familie Puttkamer, die dort seit mindestens dem Jahr 1457 ein Stammhaus hatte. Der Gut wurde stets im gleichen Mannesstamm weitervererbt, wobei seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Erbteilungen vorkamen. 1523 wird Baltzar to puttkummer to Wollineke genannt. Im Jahr 1590 hatte Wollin noch dreizehn Bauernhöfe, von denen allerdings einige unbewirtschaftet waren, und sechs Kossäten. Am Anfang des 17. Jahrhunderts war Albrecht Puttkamer der Gutsbesitzer. In einem 1621 zu Groß Stepenitz von dem pommerschen Herzog Bogislaw X. ausgefertigten Gnadenbrief wird der Familie Puttkamer das Recht freier Fischerei in der Leba auf den beiden Feldmarken Wollin und Zezenow von Podel bis Poblotz eingeräumt, jedoch unter Ausklammerung des Lachsfangs, den der Herzog für sich selbst beanspruchte.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde Wollin durch den in polnischen und russischen Diensten zu Reichtum gelangten Georg-Dietrich von Puttkamer wieder in einer Hand vereinigt. Bis 1715 erwarb er alle Anteile an Wollin zusammen. Er ließ ein repräsentatives Gutshaus erbauen, das von seinem Sohn gleichen Namens erweitert wurde. Um 1780 gab es in Wollin ein Vorwerk, eine wassergetriebene Mahl- und Häckselmühle, acht Vollbauern, sechs Halbbauern, sechs Kossäten, einen Gasthof, eine Schmiede, einen Schulmeister, auf der Feldmark das Vorwerk Morhof mit einer Reihe von Kolonistenhäusern, eine Ziegelei, einen Kalkofen und insgesamt 82 Haushaltungen.[3] Um 1800 gab es nur noch wenige Kaschubisch sprechende Dorfbewohner.

1878 verlor Baron Georg von Puttkamer das Gut Wollin durch außergewöhnliche Umstände; er hatte einem Geschäftspartner einen Blankoscheck ausgestellt. Das Gut kam danach an Philipp Georg von Braunschweig, der damit Herr auf Sorchow, Groß Podel und Wollin war.

Am 1. April 1927 hatte das Gut Wollin eine Flächengröße von 1281 Hektar, und am 16. Juni 1925 hatte der Gutsbezirk 350 Einwohner.[4] Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Wollin in die Landgemeinde Wollin eingegliedert.[5]

Anfang der 1930er Jahre hatte die Landgemeinde Wollin eine Flächengröße von 15,3 km². Innerhalb der Gemeindegrenzen standen insgesamt 57 bewohnte Wohnhäuser an zwei verschiedenen Wohnstätten:[6]

  1. Friedrichswerder
  2. Wollin

Um 1935 gab es im Dorf einen Gasthof und einen Gemischtwarenladen.[7]

Vor 1945 gehörte die Landgemeinde Wollin zum Landkreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern. Auf dem Gemeindegebiet gab es neben dem Dorf Wollin den Wohnplatz Friedrichswerder. Auf der insgesamt 1823 Hektar großen Gemeindefläche standen 57 Wohngebäude. 1938 wurden insgesamt 91 Haushaltungen und 402 Einwohner gezählt.

Reproduktion eines Schwarz-Weiß-Abzuges: Personenzug der Stolper Kreisbahn
Personenzug der Stolper Kreisbahn am Haltepunkt Wollin (etwa um 1925)

Von 1902 bis 1933 war die Gemeinde mit einem eigenen Haltepunkt an die Stolper Kreisbahn (ab 1930 Stolper Kreisbahn AG) angeschlossen. Die 750-mm-Schmalspurbahn verband Wollin mit Stolp und Zezenow. Im Zuge der Umspurung der Bahn im November 1933 auf Normalspur verlor die Gemeinde ihren direkten Bahnanschluss. Der neue Endpunkt der Bahn lag seither im benachbarten Dargeröse.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Wollin am 9. März 1945 kampflos von der Roten Armee besetzt, begleitet von Plünderungen, Misshandlungen und Vergewaltigungen. Bald darauf wurde Hinterpommern zusammen mit Westpreußen und der südlichen Hälfte Ostpreußens von der Sowjetunion der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Danach trafen polnische Zivilisten im Dorf ein, von denen die einheimischen Dorfbewohner aus ihren Häusern und Gehöften gedrängt wurden. Am 25./26. Juli 1945 wurde ein polnisches Verwaltungsbüro eingerichtet. Das deutsche Dorf Wollin wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Wolinia‘ verwaltet. In der Folgezeit wurden die allermeisten einheimischen Dorfbewohner von der polnischen Administration aus Wollin vertrieben.

Im Jahr 1953 gab es in Wollin noch 23 deutsche Familien, von denen allerdings nur sechs ursprünglich aus Wollin stammten.

Nach Kriegsende wurden in der BRD 154 und in der DDR 160 aus Wollin vertriebene Dorfbewohner ermittelt.[8]

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1818 251 Dorf, mit einer Wassermühle, adlige Besitzung[9][10]
1852 511 [11]
1925 489 ausnahmslos Evangelische[6]
1933 492 [12]
1939 455 [12]

Im Jahr 2008 wurden 322 Einwohner gezählt.

Söhne und Töchter des Orts

Literatur

  • Wollin, Dorf und Rittergut, Kreis Stolp, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Wollin (meyersgaz.org)
  • Pommersches Güter-Adressbuch, Friedrich Nagel (Paul Niekammer), Stettin 1892, S. 164–165 (Google Books).
  • P. Ellerholz: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche, Band 2: Provinz Pommern, 2. Auflage, Nicolai (Stricker), Berlin 1884, S. 96–97 (Google Books).
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 1017–1018, Ziffer 159 (Google Books).
  • Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 1030–1034 (Download Ortsbeschreibung Wollin) (PDF; 1,1 MB)
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 1017–1018, Nr. 159.
Commons: Wolinia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Im Jahr 1867 gab es unter den Einwohnern des Kreises Stolp noch 188 Kaschuben in einigen Dörfern in der Nähe der Küstenseen und im Südosten (Groß Rakitt); vergleiche Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4 (Google Books).
  2. Eintrag im „Slowinzischen Wörterbuch“ von Friedrich Lorentz, bitte scan Nr. 806 (links) wählen. Zum System der Slowinzisch-Lautschrift von Lorentz, vgl. „Slowinzische Grammatik“, S. 13–16 (scan 40–43), anschließend die Lautlehre.
  3. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 1017–1018, Ziffer 159 (Google Books).
  4. Kurt Albrecht: Die preußischen Gutsbezirke, in: Zeitschrift des Preussischen Statistischen Landesamts, 67. Jahrgang, Berlin 1927, S. 344–477, insbesondere S. 400 (Google Books).
  5. Amtsbezirk Zezenow (Territorial.de)
  6. a b Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Die Gemeinde Wollin im ehemaligen Kreis Stolp in Pommern (Memento vom 3. September 2019 im Internet Archive)
  7. Klockhaus' Kaufmännisches Handels- u. Gewerbe-Adressbuch des Deutschen Reichs, Band 1 A, Berlin 1935, S. 1182 (Google Books).
  8. Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 1034 (Download Ortsbeschreibung Wollin) (PDF; 1,1 MB)
  9. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 186, Ziffer 3717 (Google Books).
  10. Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern mit einer statistischen Uebersicht. Berlin/Stettin 1827, S. 280, Ziffer 156 (Google Books).
  11. Kraatz: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Berlin 1856, S. 960.
  12. a b Michael Rademacher: Stolp. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.