Mit seiner Frau Edith Ogdem, die er 1906 heiratete, hatte er vier Töchter (Margaret, Rosalind, Eleanor und Katharine). Edith Ogdem starb 1953.
Lehre
Ross ist der Überzeugung, dass man grundlegende Werte intuitiv erkennen kann. Ross ist metaethischerRealist. Moral ist für Ross das, was der Mensch tun soll. Er vertritt damit im Gegensatz zu George Edward Moore eine deontologische Ethik. Als Grundlage einer Diskussion über moralische Fragen hat er eine Liste von Prima-facie-Pflichten aufgestellt, die in der Rezeption viel diskutiert wurde.[1]
1. Pflichten, die auf einer vorgängigen, von einem selbst ausgeführten Handlung beruhen:
a) Vertrags- und Versprechenstreue
b) Wahrhaftigkeitspflicht
c) Wiedergutmachungspflicht
2. Pflichten, die auf einer vorgängigen, von jemand anderem ausgeführten Handlung beruhen:
d) Dankbarkeitspflichten
3. Pflicht der (distributiven) Gerechtigkeit (= distribution of pleasure and happiness in accordance with merit)
4. Pflichten des Wohlwollens und der Wohltätigkeit (dies sind die Maximierungspflichten der Utilitaristen, die aber nun im System Einschränkung durch die anderen Pflichten erfahren)
5. die Pflicht der Selbstvervollkommnung
6. die Pflicht, anderen nicht zu schaden
Für Ross sind diese Pflichten selbst-evident und deshalb wahrheitsfähige Maßstäbe.[2] Ross betrachtet seine Liste nicht als vollständig oder endgültig, aber keineswegs als willkürlich. Jeder seiner Punkte beruht auf Umständen, deren moralische Relevanz man nicht bestreiten kann.[3] Dabei ist die historisch gewachsene moralische Praxis von großer Bedeutung:
„Die Gesamtheit der moralischen Überzeugungen der Besten ist das kumulative Ergebnis der Reflexion vieler Generationen, die ein außerordentlich feines Gespür für moralische Unterscheidungen entwickelt hat; und der Theoretiker kann sich nicht erlauben, diese anders als mit größtem Respekt zu behandeln“[4]
Im Gegensatz zu Immanuel Kant, der mit dem kategorischen Imperativ nur ein oberstes Prinzip kennt, ist Ross der Auffassung, dass moralische Grundsätze pluralistisch sind. Deshalb muss man moralische Konflikte mit einer entsprechenden Regel lösen. Hierzu hat Ross zwei Grundsätze aufgestellt:[5]
Handele stets in Übereinstimmung mit der stärkeren Prima-facie Pflicht.
Handele stets nach der größten Prima-facie Richtigkeit entgegen der größten Prima-facie Falschheit.
William David Ross: Objective Prima Facie Duties (Memento vom 29. Dezember 2015 im Internet Archive), in: Harry J. Gensler, Earl W. Spurgin und James C. Swindal (Hrsg.): Ethics: Contemporary Readings, Routledge, New York 2004, S. 89–98 (pdf S. 101–110)
↑Jean-Claude Wolf: Ein Pluralismus von prima-facie Pflichten als Alternative zu monistischen Theorien der Ethik, Zeitschrift für philosophische Forschung, (50) 4 (Okt. – Dez.) 1996, S. 601–610
↑William David Ross: The Foundations of Ethics. Clarendon Press, Oxford 1939, 190, zitiert nach: David McNaughton: An Unconnected Heap of Duties? The Philosophical Quarterly (46), 185 (Okt.) 1996, S. 433–447, hier S. 435
↑William David Ross: The Right and the Good. Clarendon Press, Oxford 1930, S. 20
↑William David Ross: Ein Katalog von Prima-facie Pflichten. In: Dieter Birnbacher, Detlev Hoerster (Hrsg.): Texte zur Ethik, dtv, München 1976, S. 253–268, 267
↑William David Ross: The Right and the Good. Clarendon Press, Oxford 1930, S. 41–42