Wilhelm Hallermann (Mediziner, 1901)Wilhelm Hallermann (* 14. März 1901 in Arnsberg/Westf.; † 28. März 1975 in Kiel) war ein deutscher Rechtsmediziner und Hochschullehrer. AusbildungSein Medizinstudium begann Hallermann 1920 an der Universität München. Es folgten Studienaufenthalte in Göttingen, Hamburg und Würzburg, wo er 1925 – gemeinsam[1] mit dem späteren Euthanasie-Gutachter Werner Heyde – sein Staatsexamen ablegte und zum Dr. med. promovierte. Anschließend arbeitete Hallermann bis 1929 in der pathologisch-anatomischen Abteilung des Stadtkrankenhauses Dresden-Friedrichstadt unter Georg Schmorl,[2] zuletzt als Oberarzt.[3] Nach kurzer Zeit als Assistent und Facharzt für Innere Medizin an der Medizinischen Universitätsklinik Leipzig unter Paul Morawitz wirkte Hallermann von 1931 bis 1940 am Berliner Institut für gerichtliche Medizin unter Victor Müller-Heß. Dort legte Hallermann auch sein Amtsarztexamen 1932[4] ab und habilitierte sich 1935 mit einer Arbeit zum Thema „Der plötzliche Herztod bei Kranzgefäßerkrankungen“, die 1939 als Monographie erschien.[5] LehrtätigkeitNach dem Beginn seiner Berliner Dozententätigkeit im Jahre 1935[6] vertrat Hallermann im Wintersemester 1940/41 nach dem Tod von Rolf Hey den Lehrstuhl für gerichtliche Medizin in Frankfurt am Main, um zum 1. April 1941 zum Direktor des Instituts für gerichtliche und soziale Medizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ernannt zu werden, zunächst als außerordentlicher Professor.[7] 1946 wurde die Professur in ein Ordinariat umgewandelt, so dass Hallermann nun ordentlicher öffentlicher Professor war.[8] Von 1946 bis 1969 hielt er die Leitung des Studentenwerkes an der Universität Kiel in Händen,[9] übernahm 1956 die Leitung des Deutschen Studentenwerks[10] und war von 1947 bis 1949 Dekan der Medizinischen Fakultät.[11] 1969 wurde Hallermann hochgeehrt emeritiert und gab 1971 auch die Leitung des Kieler Instituts an Oskar Grüner ab.[12] Zeit des NationalsozialismusHallermann war Mitglied im NS-Dozentenbund[13] sowie seit 1933 in der SA. Am 17. August 1937 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 4.358.616).[14][15] 1937, im Jahr seines Beitritts in die NSDAP, beschrieb Dr. Hallermann im Eintrag „Die Entmannung insbesondere“ im Handwörterbuch der Rechtswissenschaft ausführlich die medizinischen Bedenken und Einschränkungen, die seiner Ansicht nach bei der seit 1934 möglichen Zwangskastration zu bedenken seien. Abschließend verwies er aber auf die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele, um dann zu resümieren:
Inwieweit Hallermann als Gutachter auch in der Praxis die Zwangskastration beförderte, kann nur die Auswertung der zahlreichen Originalakten im Landesarchiv in Schleswig[17] erweisen. Zwischen 1941 und 1945 erstellte Hallermann allein 97 der insgesamt 167 Gutachten für das Sondergericht Kiel[18] und verfasste etliche Gutachten, die gerade in Heimtücke-Fällen politische Abwertungen Hallermanns enthielten, die das Sondergericht wortwörtlich in das Urteil übernahm.[19] Während des Zweiten Weltkrieges war er ab 1939 in der Militärärztlichen Akademie tätig und war ab 1942 zusätzlich zu seiner Lehrtätigkeit Beratender Psychiater beim Oberkommando des Heeres und bei der Kriegsmarine.[20] 1964 erstellte er ein Gutachten, in dem er in den Krankenakten der 216 im Rahmen der Euthanasie in der Kinderfachabteilung Schleswig getöteten Kinder keine Auffälligkeiten erkennen konnte. Die Staatsanwalt erhob daraufhin keine Anklage.[21] Hallermann wusste, dass Werner Heyde, tief verstrickt in die NS-Euthanasiemorde, vor dessen Verhaftung unter dem Pseudonym Fritz Sawade lebte und praktizierte.[20] Tätigkeit als SachverständigerWilhelm Hallermann resümierte im Zusammenhang mit der Mordanklage gegen den Serienmörder Adolf Seefeldt, dass der elfjährige Schüler Gustav Thomas nicht vergiftet worden sei, sondern aufgrund mikroskopischer Untersuchungen blutunterlaufe Druckstellen am Hals auf Erwürgen hinweisen würden.[22] EhrungenHallermann war (Ehren-)Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Fachgesellschaften und Akademien, darunter der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Wahl 1964, Sektion Gerichtliche Medizin[23]), Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (1964 bis 1969 im Vorstand, ab 1966 Vorsitzender) und der Deutschen Kriminologischen Gesellschaft, sowie Träger mehrerer Auszeichnungen, u. a. war er Ehrensenator der Kieler Universität.[20] 1971 erhielt er von der Stadt Kiel die Andreas-Gayk-Medaille.[24] Literatur
WeblinksEinzelnachweise
|