Werner Renz (* 1950[1]) ist ein deutscher Germanist.
Werdegang
Werner Renz schloss mit dem Grad eines Magister artium ein Studium der Germanistik, Linguistik und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main ab.[2] Von 1995 bis 2016 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fritz Bauer Instituts[3]. Dort baute er Archiv und Bibliothek des Instituts auf und forschte im Rahmen des Forschungsprojekts „Gerichtstag halten über uns selbst...“ zur Geschichte des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses.[4]
Im Verlauf des Forschungsvorhabens veröffentlichte er seit dem Jahr 2000 die ersten, auf der Grundlage der Verfahrensakten verfassten Darstellungen zur Geschichte der „Strafsache gegen Mulka u.a.“.[5] 2004 publizierte das Fritz Bauer Institut eine DVD-ROM-Edition, die u. a. die komplette, indexierte Transkription des Tonbandmitschnitts (430 Stunden) des ersten, 100 Stunden O-Ton, Dokumente aus den Akten des Verfahrens und insbesondere Fotos der Auschwitz-Überlebenden enthält, die in Frankfurt am Main vernommen worden sind.[6]
Renz veröffentlichte im Verlauf seiner Tätigkeit am Fritz Bauer Institut zahlreiche Aufsätze über den gesellschaftspolitisch und rechtshistorisch bedeutenden Prozess. Neben den Frankfurter Auschwitz-Prozessen (1963–1981) publizierte er auch über die Geschichte des Lagers Auschwitz, über den Jerusalemer Eichmann-Prozess (1961) und in jüngster Zeit vermehrt über den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903–1968).[7] Von 1995 bis 2016 war Renz Mitglied der Redaktion des Bulletins des Instituts (Newsletter, Einsicht), in dem er neben Aufsätzen Rezensionen veröffentlichte.
Zu seiner Verabschiedung im Fritz Bauer Institut wurde Renz mit einem Symposium geehrt.[8]
Werke
- Auschwitz. Annotierte Bibliographie der deutschsprachigen Auschwitzliteratur. Arbeitsstelle Fritz-Bauer-Institut, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-88270-805-0.
- mit Friedrich-Martin Balzer (Hrsg.): Das Urteil im Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965). Pahl-Rugenstein, Bonn 2004, ISBN 978-3-89144-352-1.
- Rudolf Vrba: Ich kann nicht vergeben. Meine Flucht aus Auschwitz. Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier und Brigitte Walitzek. Mit einem Vorwort von Beate Klarsfeld. Hrsg. und mit einem Nachwort von Dagi Knellessen und Werner Renz. Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-89561-416-3.
- als Hrsg.: Interessen um Eichmann. Israelische Justiz, deutsche Strafverfolgung und alte Kameradschaften. Campus, Frankfurt am Main/New York 2012, ISBN 978-3-593-39750-4.
- mit Raphael Gross (Hrsg.): Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965). Kommentierte Quellenedition. Mit Abhandlungen von Sybille Steinbacher und Devin O. Pendas mit historischen Anmerkungen von Werner Renz und juristischen Erläuterungen von Johannes Schmidt. 2 Bände. Campus, Frankfurt am Main/New York 2013, ISBN 978-3-593-39960-7.
- mit Katharina Rauschenberger (Hrsg.): Henry Ormond – Anwalt der Opfer. Plädoyers in NS-Prozessen. Unter Mitarbeit von Steven Schindler. Campus, Frankfurt am Main/New York 2015, ISBN 978-3-593-50282-3.
- als Hrsg.: ‚Von Gott und der Welt verlassen‘. Fritz Bauers Briefe an Thomas Harlan. Campus, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-593-50468-1.
- Fritz Bauer und das Versagen der Justiz. Nazi-Prozesse und ihre 'Tragödie'. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2015, ISBN 978-3-86393-068-4.
- Auschwitz vor Gericht. Fritz Bauers Vermächtnis und seine Missachtung. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2018, ISBN 978-3-86393-089-9.
- ad Hannah Arendt. Eichmann in Jerusalem. Die Kontroverse um den Bericht „von der Banalität des Bösen“. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2021, ISBN 978-3-86393-584-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag bei der Deutschen Nationalbibliothek.
- ↑ Fritz Bauer Institut: Wissenschaftliche Reihe. Abgerufen am 30. November 2018 (englisch).
- ↑ Rede zur Eröffnung der Ausstellung. Fritz Bauer Institut, 10. Oktober 2017, abgerufen am 2. September 2019.
- ↑ Sven Felix Kellerhoff: „Viele Täter wurden nur als Gehilfen verurteilt“. In: welt.de. 30. August 2016, abgerufen am 2. September 2019.
- ↑ Der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess. Völkermord als Strafsache. In: Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. Jg. 15, H. 2, 2000, S. 11–48.
Auschwitz als Augenscheinsobjekt. Anmerkungen zur Erforschung der Wahrheit im ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess. In: Mittelweg. 36, Jg. 10, H. 1, 2001, S. 63–72. Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess. Zwei Vorgeschichten. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Jg. 50, H. 7, 2002, S. 622–631. Die unwillige Frankfurter Anklagebehörde. Hessens Generalstaatsanwalt Fritz Bauer musste viele Hindernisse überwinden, ehe der Auschwitz-Prozess beginnen konnte. In: Frankfurter Rundschau. 19. Dezember 2003, Nr. 296, S. 8; ebenso in: Newsletter. Nr. 26, Herbst 2004, S. 13–16. Auf schwankendem Grund. Täterexkulpation und Opfergedenken 40 Jahre nach dem Urteil im Frankfurter Auschwitz-Prozess. In: Frankfurter Rundschau. 19. August 2005, Nr. 192, S. 7; ebenso in: Newsletter. Nr. 27, Herbst 2005, S. 14–17.
- ↑ Der Auschwitz-Prozess. Tonbandmitschnitte, Protokolle und Dokumente. Hrsg. vom Fritz Bauer Institut und dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. DVD-ROM, Digitale Bibliothek, Band 101, 48.794 Bildschirmseiten, 504 Abb., 100 h Audiofiles, Directmedia Publishing GmbH. Berlin 2004.
- ↑ Werner Renz: Fritz Bauer und das Versagen der Justiz: Nazi-Prozesse und ihre »Tragödie«. CEP Europäische Verlagsanstalt: Hamburg, 2015, ISBN 978-3-86393-068-4.
Werner Renz (Hrsg.): »Von Gott und der Welt verlassen.« Fritz Bauers Briefe an Thomas Harlan. Campus Verlag: Frankfurt am Main/New York, 2015, ISBN 978-3-86393-068-4. Fritz Bauer zum Zweck der NS-Prozesse. Eine Rekonstruktion. In: Einsicht 07. Bulletin des Fritz Bauer Instituts. April 2012, S. 40–46. Fritz Bauer und der Frankfurter Auschwitz-Prozess. In: Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht. Hrsg. von Fritz Backhaus, Monika Boll und Raphael Gross, Frankfurt am Main u. a.: Campus Verlag: Frankfurt am Main/New York, 2014, S. 149–169. Der Frankfurter Auschwitz-Prozess: ›Rechtsstaatliches Verfahren‹ oder ›Strafrechtstheater‹? Kann mithilfe der Strafjustiz politische Aufklärung geleistet werden? In: Wolfgang Form, Theo Schiller, Lothar Seitz (Hrsg.), NS-Justiz in Hessen. Verfolgung, Kontinuität, Erbe. Historische Kommission für Hessen: Marburg, 2015, S. 439–451. Staatsanwalt wider Willen. In: Die Zeit. 28. Juni 2018, Nr. 27, S. 12. Erst spät dem Vergessen entrissen. Fritz Bauer und seine Darstellung im Film. In: Informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945. Jg. 40, Nr. 81, 2015, S. 31–34. »Wider die Sittenwächter.« Fritz Bauers Kritik am überkommenen Sexualstrafrecht der 1950er und 1960er Jahre. In: Jahrbuch Sexualitäten 2017. Hrsg. im Auftrag der Initiative Queer Nations von Maria Borowski, Jan Feddersen, Benno Gammerl, Rainer Nicolaysen und Christian Schmelzer, Wallstein Verlag: Göttingen, 2017, S. 70–93. Auf der Suche nach dem Recht. Anmerkungen zum 50. Todestag Fritz Bauers. In: Recht und Politik. Zeitschrift für deutsche und europäische Rechtspolitik. Bd. 54, H. 2, 2018, S. 215–219. Fritz Bauer und der Nachruhm. In: Recht und Politik. Zeitschrift für deutsche und europäische Rechtspolitik. Bd. 55, H. 3, 2019, S. 285–296. Anmerkungen zur Entführung Adolf Eichmanns. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Jg. 67, H. 12, 2019, S. 1031–1043.
Wider die Kriminalisierung von Sexualität. Fritz Bauers Kritik des repressiven Sexualstrafrechts, in: Michael Mayer/Michael Schwartz (Hrsg.), Verfolgung – Diskriminierung – Emanzipation. Homosexualität(en) in Deutschland und Europa 1945 bis 2000, Oldenbourg: De Gruyter, 2023, S. 93–111, ISBN 978-3-11-108538-8.
Fritz Bauer – streitbarer Jurist und leidenschaftlicher Aufklärer, in: Bonner Rechtsjournal, Jg. 17, H. 2, 2023, S. 128–133, ISSN 1866-0606.
Enttarnung und Ergreifung Eichmanns, in: Frank Bajohr/Sybille Steinbacher (Hrsg.), Eichmann und der Holocaust. Ein Überblick, Berlin: Metropol Verlag, 2023, S. 79–95, ISBN 978-3-86331-717-1.
- ↑ Arbeitsstelle Holocaustliteratur: Symposium zur Verabschiedung von Werner Renz. NS-Prozesse im zeitlichen Längsschnitt | Arbeitsstelle Holocaustliteratur. Abgerufen am 30. November 2018.
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