Nach seiner Ausbildung, unter anderem bei Carl Ditters von Dittersdorf, war Wenzel Müller ab 1782 für das Theater tätig. 1786 übernahm er das Amt des Kapellmeisters und Hauskomponisten am WienerTheater in der Leopoldstadt. Nach einem kurzen Intermezzo an der Deutschen Oper in Prag von 1807 bis 1813 kehrte er an seine angestammte Wirkstätte zurück, wo er bis 1830 arbeitete.
Wenzel Müller starb im Haus Johannesgasse 25, Baden bei Wien, wo eine (1980 wieder angebrachte) Gedenktafel an ihn erinnert.[3] Sein Leichnam wurde selben Ortes auf dem Stadtfriedhof (Grablage 6/1/M/07) beigesetzt.
Müller hat vor allem volkstümliche Bühnenwerke und Singspiele geschaffen, darunter zahlreiche Vertreter der sog. Wiener Kasperl- und Zauberoper. Die meisten davon wurden im Leopoldstadt-Theater uraufgeführt. Bekannt geworden sind insbesondere
Beide Stücke befassen sich nämlich mit einem ähnlichen Stoff wie die etwa zeitgleich entstandene, aber weitaus berühmtere Oper Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart, sie wurden vom zeitgenössischen Publikum zunächst durchaus als gleichwertige Konkurrenzstücke betrachtet.
Pizzichi, oder: Fortsetzung, des Fagottisten : Ein Singspiel in drey Aufzügen, Libretto Joachim Perinet, Uraufführung am 10. Februar 1792[Digitalisat 1]
Das Neusonntagskind. Ein komisches Singspiel nach einem Libretto von Karl Friedrich Hensler. Es wurde seit 1796 mit großem Erfolg am Berliner Nationaltheater aufgeführt und erlebte bis 1828 101 Aufführungen.
Einige Lieder aus Müllers Bühnenwerk haben sich verselbständigt und wurden in Wien zu volkstümlichen Gassenhauern. Ein Beispiel hierfür ist etwa das Lied Ich bin der Schneider Wetz (auch: Ich bin der Schneider Kakadu) aus Die Schwestern von Prag,[4] in dem eine Parodie auf Arien aus der Zauberflöte gesehen wird. Es wurde später sogar von anderen Komponisten bearbeitet, darunter Ludwig van Beethoven, der seine Variationen für Klaviertrio op. 121a über das Lied schrieb.[5]
Mehrere Kompositionen Müllers erlangten volksliedhaften Charakter. Für das Studentenlied Ich hab den ganzen Vormittag aus Müllers Singspiel Irrtum in allen Ecken oder die Schwestern von Prag (1794)[6][7] hat sich Müller verschiedener Melodielemente bedient, die schon im 18. Jahrhundert volkstümlich waren;[8][9] die Melodie des Kinderliedes Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann weist seinerseits große Ähnlichkeit mit Müllers Studentenlied auf. Die Melodie des Volkslieds Bald gras ich am Neckar erscheint erstmals 1821 in einem Quodlibet aus dem Stück Die Fee aus Frankreich; es ist allerdings nicht gesichert, dass sie von Müller komponiert wurde.[10][11] Demgegenüber basiert die häufig zu findende Angabe, Müller habe auch die Melodie zu Kommt ein Vogel geflogen komponiert, auf einem Missverständnis.[12]
Weiter hat Müller auch Ballette und Pantomimen, aber auch Blasmusik geschaffen. Auch die Messe in G/C KV Anh. 232, in den angelsächsischen Ländern bekannt als »Mozarts 12. Messe«, wird heute Wenzel Müller zugeschrieben.[13] Insgesamt umfasst sein Œuvre etwa 250 Werke.
Literatur
Rudolph Angermüller: Wenzel Müller und „sein“ Leopoldstädter Theater. Mit besonderer Berücksichtigung der Tagebücher Wenzel Müllers (= Wiener Schriften zur Stilkunde und Aufführungspraxis, Band 5). Böhlau, Wien 2009, ISBN 978-3-205-78448-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑laut Geburtsmatrikel des Pfarramtes Markt Türnau ist 1759 das Geburtsjahr; in älteren Nachschlagewerken wie Wurzbach (1868) oder ADB (1885) ist als Geburtsjahr 1767 angegeben.
↑Müller, Wenzel. In: Lexikon zur deutschen Musikkultur – Böhmen-Mähren-Sudetenschlesien (Band 2: M–Z, S. 1789) des SMI (Sudetendeutsches Musikinstitut) Regensburg 2000 und Český hudební slovník osob a institucí (tschechisch)
↑Joachim Perinet, Wenzel Müller: Die Schwestern von Prag: Ein Singspiel in zwey Aufzügen. Libretto. Schmid, Nürnberg 1796, S. 8 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
↑Johann Lewalter: Deutsches Kinderlied und Kinderspiel. In Kassel aus Kindermund in Wort und Weise gesammelt. Mit einer wissenschaftlichen Abhandlung von Georg Schläger. Vietor, Kassel 1911, S. 25 u. 284.
↑Theo Mang, Sunhilt Mang (Hrsg.): Der Liederquell. Noetzel, Wilhelmshaven 2007, ISBN 978-3-7959-0850-8, S.671–672.
↑Walter Krone: Wenzel Müller. Ein Beitrag zur Geschichte der komischen Oper. Diss. FWU Berlin 1906, S. 68 f. (Textarchiv – Internet Archive).
↑Jürgen Libbert: Ein unbekanntes Werk des böhmischen Gitarristen Wenzel Matiegka. Mit einem historisch-biographischen Abriß und einem Werkverzeichnis. In: Gitarre & Laute 1 (1979), 5, ISSN0172-9683, S. 14–24; hier: S. 18 f.