Das Weapon Storage and Security System (WS3) ist ein Lagersystem, um Nuklearwaffen in den Flugzeughangars in Unterflurmagazinen zu lagern. Es wird von den US-Streitkräfte auf Flugplätzen in anderen NATO-Ländern eingesetzt. Aus den Magazinen können Atombomben B61 unmittelbar an die Kampfflugzeuge wie zum Beispiel Kampfjets F-16 montiert werden. Das Bauprogramm für WS3-Lagersysteme umfasste Ende der 1980er-Jahre insgesamt 437 Magazine, wurde aber nach dem Ende des Kalten Krieges auf 208 Magazine begrenzt.
Die Magazine wurden Anfang der 1990er-Jahre auf allen Flugplätzen in Deutschland, aber auch in Belgien, den Niederlanden, in Italien, der Türkei und in Großbritannien installiert und blieben weiterhin für Atomwaffeneinsätze eingeplant.
Eine interne Untersuchung der US Air Force ergab 2008 dennoch generelle Bedenken bei der Sicherheit.[1]
Die nukleare Verwahrung der Atomwaffen für die US Air Force und die verbündeten NATO-Partner geschieht seit 1986 über das Weapon Storage and Security System (WS3). Für die Landstreitkräfte bestand die 59th Ordnance Brigade mit Sitz in Pirmasens.
Die Anfänge der nuklearen Verwahrung
Die nukleare Ausrüstung der deutschen Luftwaffe begann mit dem Programm Wagon Train[2]. Als erste Einheit erhielt 1./JaboG 33 auf dem Fliegerhorst Büchel Atomwaffen. Unter strengster Bewachung des US-Custodial Detachments trafen die Waffen 1962 auf dem Fliegerhorst ein. Weiterhin wurden auch die Jabo-Geschwader in Memmingen und Nörvenich nuklearfähig gemacht. Für die Unterstützung der verbündeten Einheiten der kanadischen Luftstreitkräfte sowie der Verbände in Belgien und Norddeutschland wurde 306th Munitions Maintenance Squadron aufgestellt, die Detachments auf die Einsatzflugplätze entsandte.[3] 1968 stellte HQ USAFE die 7232nd Munitions Maintenance Group (MMG) auf der Ramstein Air Base in Dienst, um die zentrale Führung gemäß dem NATO Atomic Stockpile Program sicherzustellen. 7232nd MMG entsandte Detachments (Munitions Maintenance Squadron, MMS, dann Munitions Support Squadron, MUNSS) an die Einsatzgeschwader der Host Tactical Units.
Det 600/306 MMS, Kleine Brogel (BE) (1962–1964 Det 0600/306 MMS, 1964–1967 Det 0600/7232 MMG)
Am 1. April 1974 stellte HQ USAFE 7232nd MMG außer Dienst und unterstellte die einzelnen Detachments der 7000th Munitions Support Squadron (MUNSS), die ebenfalls in Ramstein ihren Sitz hatte und Seventeenth Air Force in Sembach Air Base unterstellt wurde. 1985 – 1993 wurde 7000th MUNSS (1988 aufgelöst, dafür 7100th Mission Support Squadron in Dienst gestellt) dem 7100th Combat Support Wing in Lindsey Air Station, Wiesbaden, unterstellt. Ziel der Reorganisation war die Verbesserung der Dienstaufsicht und der Verwaltung der nuklearen Vorräte. Von 1994 bis 1996 bestanden drei regionale Zwischenebenen in der Führungsstruktur unterhalb Seventeenth Air Force (ebenfalls 1996 aufgelöst). Mit der Schulung des alliierten Personals im Umgang mit US Nuklearwaffen wurde 7055th Operations Squadron in Kapaun Air Station (Kaiserslautern-Vogelweh) beauftragt. Die nukleare Verwahrung erfolgte durch:
601 MUNSS, 1994 617 MUNSS, 1996 52 MUNSS, Kleine Brogel (BE) (support Base: 52nd TFW Spangdahlem AB 1976–1992 und 1993, 32nd Fighter Group Soesterberg AB (NL) 1992–1993)
604 MUNSS, Nörvenich (GE)
605 MUNSS, Memmingen (GE)
617 MUNSS, Morbach (GE) Ammunition Storage Station
752 MUNSS, Volkel (NL)
817 MUNSS, 1996 852 MUNSS, Büchel (GE)
sowie 39th Wing in TR
39 MUNSS, Balıkesir (TR)
739 MUNSS, Mürted-Akıncı (TR)
INF und WS3
Die sogenannte Nachrüstung in Europa mit dem NATO-Doppelbeschluss im Bereich der Intermediate Range Nuclear Forces (INF-Vertrag) und der Stationierung von Marschflugkörpern oder Ground Launched Cruise Missiles (GLCM) in Europa erfolgte unter den Richtlinien des neuen Programms WS3 der US Air Force, das zugleich verbindliche Größen für die Anzahl der Kammern (Vaults) vorsah. Zentraler Ort für WS3 ist wiederum Ramstein.
38th MMG und 52nd MMG
Mit der Reorganisation von 2004 kehrte USAFE zur Munitions Maintenance Group als zentraler Führungsstelle zurück und stellte statt 7000th MUNSS die 38th MMG in Ramstein in Dienst. Schon drei Jahre später wurde die Einheit jedoch deaktiviert und stattdessen 52nd MMG auf Spangdahlem Air Base als Teil des 52nd Fighter Wing aufgestellt. 52nd MMG ist vorgesetzte Dienststelle der Detachments auf den Einsatzflugplätzen in
701 MUNSS, Kleine Brogel (BE), für 10e Tactical Wing mit 72 F-16
702 MUNSS, Büchel (GE), für JaboG 33 mit Tornados
703 MUNSS, Volkel (NL), für 306., 311., 312. und 313. Staffel mit F-16
704 MUNSS, Ghedi Torre (IT), für 154º und 102º Gruppo/6º Stormo mit Tornados
Die Flugplätze Balıkesir (TR) und Mürted-Akıncı (TR) befinden sich im Standby-Modus (Caretaker Status) ohne US Custodial Detachment[4]. Außerdem sind noch Atomwaffen bei den US-Verbänden in Aviano (IT) und Incirlik (TR) vorhanden.
↑Air Force Blue Ribbon Review of Nuclear Weapons Policies and Producers. Untersuchung der Air Force zur Politik und zum Umgang mit Atomwaffen, 8. Februar 2008 (online; PDF; 3,6 MB)
↑Akten hierzu im Bundesarchiv-Militärarchiv (BA-MA) in Freiburg: BW 1/12422.
↑John Clearwater, Canadian Nuclear Weapons: The Untold Story of Canada’s Cold War Arsenal, Toronto und Oxford 1998, 124.
↑Unter dem 1. Juli 1995 verzeichnet USAFE: "HQ USAFE eliminated manning at the 39th Munitions Support Squadron at Balikesir, Turkey, and the 739th MUNSS at Akinci (formerly called Murted until 2 July), Turkey, but could not inactivate the units because of disagreements with the Turks over equipment issues. Henceforth, the units existed in name only and USAFE kept six people at each site on temporary duty to serve as custodians of the equipment and facilities." Vgl. Historical Highlights, the United States Air Forces in Europe 1942-1997, Hrsg. Headquarters USAFE, Ramstein Air Base, Germany, 14 March 1997.
↑Host-B61-Kernwaffen waren für Verbände des „Gastlandes“ (host = Gastgeber) bestimmt.
↑2005 wurde Ramstein Custodian für 52nd TFW Spangdahlem (GE), dessen Ausrüstung mit F-16 C/D im Januar 1992 abgeschlossen war.
↑Von den 90 US-Kernwaffen B61 waren 20 im Jahr 2001 aus Araxos (GR) abgezogen worden.
↑Von den Kernwaffen B61 waren 20 für das JaboG 34 in Memmingen bestimmt und wurden 1996 abgezogen. Die WS3-Lagersysteme wurden bei Schließung des Fliegerhorstes ausgebaut.
↑Standort des 31st TFW (bis 1994 401st TFW), das 1992 aus Torrejon (SP) nach Aviano verlegt worden war, ausgerüstet seit 1996 mit F-16 C/D.
↑Standort des 39th TFW, ausgerüstet seit 1998 mit F-16 C/D.
↑Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei 2016 hat ein renommierter think tank, das Stimson Institute, Sorge um die Sicherheit der auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationierten US-Atomwaffen geäußert. Rund 50 Atomwaffen in Incirlik zu lagern, sei "russisches Roulette", erklärte die Ko-Autorin des Berichts, Laicie Heeley. Die Historikerin Kori Schake vom Hoover-Institut erklärte in der "New York Times", die Waffen könnten nicht ohne Code genutzt werden. Es sei nicht möglich, sie ohne Genehmigung zu aktivieren. Selbst wenn die Türkei zum Gegner der USA würde, seien die dort stationierten Waffen nicht gefährlich, erklärte sie.
↑Standort des 48th TFW, ausgerüstet seit 1994 mit F-15 E.
↑Von 1995 bis 1998 wurde WS3 auch für die WE-177 Kernwaffen der RAF eingesetzt, bis GB die flugzeuggestützte Komponente der nuklearen Abschreckung aufgab (1998).
↑1984 beendete die kanadische Regierung die bilateralen Nuklearabkommen mit den USA und beendete damit auch die nukleare Rolle Söllingens.
↑1969–1971 kanadische Alarmrotte, zuvor 1962–1964 französische Alarmrotte. Vgl. Badische Zeitung vom 5. Juli 2019, S. 3 Lahrs atomares Geheimnis (Erkenntnisse von Werner Schönleber).
↑1962–1964 französische Alarmrotte, danach 1969–1971 kanadische Alarmrotte. Vgl. Badische Zeitung vom 5. Juli 2019, S. 3, Lahrs atomares Geheimnis (Erkenntnisse von Werner Schönleber).
↑1966 beendete die französische Regierung die Mitwirkung an der integrierten Verteidigung der NATO und beendete damit auch die nukleare Rolle Bremgartens.