Vitamin-D-bindendes Protein

Vitamin-D-bindendes Protein
Vitamin-D-bindendes Protein
PDB 1j78

Vorhandene Strukturdaten: s. UniProt

Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 458 Aminosäuren
Bezeichner
Gen-Name
Externe IDs
Vorkommen
Homologie-Familie VDBP
Übergeordnetes Taxon Euteleostomi

Das Vitamin-D-bindende Protein (VDBP) (auch: Gruppenspezifische Komponente, Gen-Name: GC) ist ein Protein, das in Wirbeltieren Vitamin-D-Metabolite bindet und so hauptsächlich ihren Transport im Blutstrom vermittelt. Man findet es beim Menschen auch im Liquor cerebrospinalis, in Aszitesflüssigkeit und auf der Oberfläche einiger Zelltypen. Neben seinen Vitamin-D-bindenden Eigenschaften bindet es auch Aktin und spielt eine Rolle in der Chemotaxis. DBP gehört zu der Familie der Albumine und ist ein Glykoprotein.

Allgemeine Funktion

Das wichtigste Trägerprotein für Vitamin D3 und seine Intermediate ist das Vitamin-D-bindende Protein (DBP), welches Vitamin-D-Metabolite mit hoher Affinität in folgender Reihenfolge bindet: 25(OH)D3 = 24,25(OH)2D3 > 1,25(OH)2D3 > D3. Die Plasmaspiegel von Vitamin-D-bindendem Protein sind 20-mal höher als die Gesamtmenge der Vitamin-D-Metaboliten, von denen im Blut weniger als 1 % frei, also ungebunden vorkommen. Etwa 85–90 % sind hingegen an VDBP und 10–15 % an Albumin und andere Lipoproteine gebunden. Das Vitamin-D-bindende Protein hat unter normalen Bedingungen eine maximale Bindungskapazität für Vitamin-D-Metabolite von ca. 1900 ng/ml.[1] Da vermutlich nur der geringe freie Anteil der Vitamin-D-Metaboliten verstoffwechselt werden kann oder hormonelle Wirkungen entfaltet, dient das DBP im Wesentlichen als Pufferfunktion gegen Spiegel-Schwankungen im Gewebe und als Reservoir. Darüber hinaus hilft es bei der Rückabsorption freien Vitamin Ds durch Megalin in der Niere.[2]

Klinische Studien und Tiermodelle haben gezeigt, dass DBP ein wichtiger Faktor bei der Entfernung von Aktin aus dem Blutplasma ist, das während Nekrosen oder Verletzungen frei wird. Außerdem ist es an der körperlichen Antwort auf Verletzungen als Makrophagen-aktivierender Faktor, durch chemotaktische Aktivität von Neutrophilen und durch Verstärkung C5a-vermittelter Signale beteiligt.[3][4]

Varianten von DBP sind mit einem erhöhten Vitamin-D-Bedarf bei Dialyse-Patienten assoziiert. Die Anwesenheit der Isoform GC2 des Proteins stellt möglicherweise einen Risikofaktor für familiäre amyotrophe Lateralsklerose (FALS) dar. Dieselbe Variante verringerte in einer anderen Studie das Risiko an Brustkrebs zu erkranken.[5][6][7]

Regulation des VDBP-Plasmaspiegels

Der Blutspiegel von Vitamin-D-bindendem Protein ist nicht durch Vitamin-D-Metabolite selber reguliert. Er vermindert sich vielmehr bei Leberkrankheiten, Mangelernährung (verminderte Bildung) und bei nephrotischem Syndrom (vermehrte Ausscheidung in der Niere), er erhöht sich bei Schwangerschaft und Östrogentherapie. Daneben ist er abhängig von zwei häufigen Polymorphismen, die 80 % der Variation zwischen Afroamerikanern und weißen Amerikanern erklären, und zeigt eine deutliche saisonale Variation.

Die Konzentration von freiem 1,25(OH)2D3 (Calcitriol) bleibt jedoch gleich, wenn sich der DBP-Spiegel ändert (eines von vielen Beispielen für die vielschichtige und strenge Selbstregulation im Vitamin-D-Stoffwechsel).[2][8]

VDBP in der Niere

In der Niere wird VDBP glomerulär filtriert. Im Bürstensaum der proximalen Tubuluszellen befindet sich ein Komplex von Proteinen (ein Teil davon ist der DBP-bindende Rezeptor Megalin), der die rückresorbierende Endozytose von VDBP aus dem Primärharn zusammen mit den daran gebundenen Vitamin-D-Metaboliten ermöglicht. Ein VDBP-unabhängiger Transport von 25(OH)D3 in die Nierenzelle muss aber auch möglich sein, da Mäuse, die kein VDBP bilden können, keine Rachitis bekommen, im Gegensatz zu Mäusen, die über kein Megalin verfügen und ihre Vitamin-D-Metaboliten daher über den Urin verlieren.[2] In der Tubuluszelle der Niere wird VDBP abgebaut und die daran gebundenen Vitamin-D-Metaboliten werden zur weiteren – vielfältig regulierten – Verstoffwechselung frei.

Genetik

Das Vorläuferprotein wird auf dem Chromosomenabschnitt 4q12-q13 codiert, enthält 474 Aminosäuren und hat eine Molekülmasse von ca. 55 kDa. Es existieren über 80 Varianten des menschlichen VDBP.

Im Wesentlichen gibt es zwei bedeutende Polymorphismen, die die Blut-Konzentration des VDBP und darüber die Konzentration freien Vitamin Ds im Blut beeinflussen. Beides sind Einzelnukleotid-Polymorphismen. Ein Polymorphismus betrifft das Nukleotid rs7041 und codiert normalerweise ein Guanosin (G), alternativ ein Thymin (T), woraus im VDBP an Stelle von Glutamin dann Asparagin steht. Die zweite Mutation betrifft rs4588 mit einem Austausch von Cytosin gegen Adenin, woraus statt Threonin dann Lysin eingebaut wird. Daraus ergeben sich drei verschiedene Phänotypen (die wegen der alternativen Bezeichnung des VDBP als Gruppenspezifische Komponente typischerweise GC abgekürzt werden):

  • GC-1F mit rs7041-T und rs4588-C findet sich bei 93 % der homozygoten Afroamerikaner und 6 % der homozygoten weißen Amerikaner und hat die höchste Bindungsaffinität für Vitamin D und seine Metaboliten.
  • GC-1S mit rs7041-G und ebenfalls rs4588-C findet sich bei 5 % der homozygoten Afroamerikaner und 76 % der weiße Amerikaner und hat eine geringere Bindungsaffinität zu Vitamin D und seinen Metaboliten als GC-1F.
  • GC-2 mit rs7041-T und rs4588-A findet sich bei 2 % der homozygoten Afroamerikaner und 18 % der homozygoten weißen Amerikaner und hat eine geringere Bindungsaffinität zu Vitamin D und seinen Metaboliten als beide GC-1-Phänotypen.
  • Die Variante mit rs7041-G und rs4588-A existiert praktisch nicht.

Bei Afroamerikanern ist der Blutspiegel für VDBP mit mittleren 168 µg/ml gegen 337 µg/ml bei weißen Amerikanern in einer amerikanischen Kohortenstudie mit über 2000 Teilnehmern signifikant niedriger (und ebenso der 25-OH-Vitamin-D-Spiegel mit mittleren 15,6 ng/ml gegen 25,8 ng/ml). Die beiden Polymorphismen können in einem statistischen Modell fast 80 % der Variation im Blutspiegel des VDBP erklären, während die Ethnie nur noch 0,1 % der Variation erklärt.[9]

Einzelnachweise

  1. Vieth R: Simple method for determining specific binding capacity of vitamin D-binding protein and its use to calculate the concentration of "free" 1,25-dihydroxyvitamin D. In: Clin. Chem. 40. Jahrgang, Nr. 3, März 1994, S. 435–41, PMID 7510592.
  2. a b c Dusso AS, Brown AJ, Slatopolsky E: Vitamin D. In: Am. J. Physiol. Renal Physiol. 289. Jahrgang, Nr. 1, Juli 2005, S. F8–28, doi:10.1152/ajprenal.00336.2004, PMID 15951480.
  3. Gressner O, Meier U, Hillebrandt S, u. a.: Gc-globulin concentrations and C5 haplotype-tagging polymorphisms contribute to variations in serum activity of complement factor C5. In: Clin. Biochem. 40. Jahrgang, Nr. 11, Juli 2007, S. 771–5, doi:10.1016/j.clinbiochem.2007.02.001, PMID 17428459.
  4. Meier U, Gressner O, Lammert F, Gressner AM: Gc-globulin: roles in response to injury. In: Clin. Chem. 52. Jahrgang, Nr. 7, Juli 2006, S. 1247–53, doi:10.1373/clinchem.2005.065680, PMID 16709624.
  5. Speeckaert MM, Glorieux GL, Vanholder R, u. a.: Vitamin D binding protein and the need for vitamin D in hemodialysis patients. In: J Ren Nutr. 18. Jahrgang, Nr. 5, September 2008, S. 400–7, doi:10.1053/j.jrn.2008.04.013, PMID 18721734.
  6. Palma AS, De Carvalho M, Grammel N, u. a.: Proteomic analysis of plasma from Portuguese patients with familial amyotrophic lateral sclerosis. In: Amyotroph Lateral Scler. 9. Jahrgang, Nr. 6, Dezember 2008, S. 339–49, doi:10.1080/17482960801934239, PMID 18608108.
  7. Abbas S, Linseisen J, Slanger T, u. a.: The Gc2 allele of the vitamin D binding protein is associated with a decreased postmenopausal breast cancer risk, independent of the vitamin D status. In: Cancer Epidemiol. Biomarkers Prev. 17. Jahrgang, Nr. 6, Juni 2008, S. 1339–43, doi:10.1158/1055-9965.EPI-08-0162, PMID 18559548.
  8. Zella LA, Shevde NK, Hollis BW, Cooke NE, Pike JW: Vitamin D-binding protein influences total circulating levels of 1,25-dihydroxyvitamin D3 but does not directly modulate the bioactive levels of the hormone in vivo. In: Endocrinology. 149. Jahrgang, Nr. 7, Juli 2008, S. 3656–67, doi:10.1210/en.2008-0042, PMID 18372326.
  9. Camille E. Powe, Michele K. Evans, Julia Wenger, Alan B. Zonderman, Anders H. Berg, Michael Nalls, Hector Tamez, Dongsheng Zhang, Ishir Bhan, S. Ananth Karumanchi, Neil R. Powe, Ravi Thadhani: Vitamin D–Binding Protein and Vitamin D Status of Black Americans and White Americans. New England Journal of Medicine 2013, Band 369, Ausgabe 21 vom 21. November 2013, S. 1991–2000; doi:10.1056/NEJMoa1306357.